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Emmi Zeulner: "Betroffene und Angehörige unterstützen"

Rede zum Schutz vor Konversionsbehandlungen

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich gefragt werde, warum das Gesetz zum Schutz vor Konversionstherapien ein sinnvolles Anliegen ist, könnte ich es mir ganz einfach machen, indem ich sage: Homosexualität ist keine Krankheit, und daher war und ist eine Umerziehungstherapie einfach nicht nötig und ein Verbot nur folgerichtig. Doch so einfach kann und will ich es mir nicht machen; denn das würde denjenigen nicht gerecht werden, die eine solche als vermeintliche Therapie verschleierte Tortur durchmachen mussten.

Lassen Sie mich hierbei eines ganz klar vorweg sagen: Es geht nicht darum, dass wir Menschen, die nach seelsorgerischer Unterstützung in einer für sie schwierigen Lage suchen, diese Hilfe versagen. Das war auch für mich immer ein sehr wichtiger Punkt. Der Gesetzentwurf will und wird auch nicht die grundsätzliche seelsorgerische Arbeit infrage stellen, sondern gerade weil die Seelsorge weiter möglich sein soll, hat das Ministerium für die Fachkommission selbstverständlich auch Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche eingeladen, um ein ausgewogenes Gesetz auf den Weg zu bringen.

(Beifall der Abg. Karin Maag [CDU/CSU])

Auch die Kirchenvertreter machten hierbei ausdrücklich klar, dass sie die Durchführung der sogenannten Konversionstherapie missbilligen und diese als unseriös, ungeeignet und schädlich erachten. Hier herrscht also Einigkeit: Seelsorge: ja; psychische Einwirkungen zum Schaden der hilfesuchenden Person: nein. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, ist es aber leider nicht.

Wenn man sich vor Augen führt, was genau im Rahmen dieser Konversionsbehandlungen geschehen kann, dann wird nur allzu deutlich, dass man diesem zum Teil menschunwürdigen Vorgehen gesetzlich entgegentreten musste; denn die sogenannten Behandlungen zielen explizit darauf ab, die sexuelle Orientierung oder die selbstempfundene geschlechtliche Identität zu verändern oder zu unterdrücken. Hierbei können in schlimmen Fällen beispielsweise Elektroschocks, das Verabreichen von Brechmitteln oder anderer Substanzen zur „Entgiftung“ des Körpers von der Homosexualität zum Einsatz kommen.

Richtigerweise hat unter anderem deshalb der Weltärztebund die Konversionstherapien als ein menschenverachtendes Verhalten eingestuft, aber auch weil Berichte aus Mexiko noch schlimmere Vorgehensweisen ans Licht gebracht haben, um die sogenannte „richtige Sexualität" hervorzubringen.

Unsere geschätzte Staatssekretärin Sabine Weiss hat hier bereits die wichtigsten Maßnahmen des Gesetzentwurfs zusammengefasst, sodass ich den Fokus vor allem auf einen Punkt legen möchte: die neutrale und ergebnisoffene Beratung. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wird als zentrale Anlaufstelle Beratungen für Hilfesuchende anbieten. Die Beratungen sollen kostenfrei, mehrsprachig und anonym erfolgen und sowohl als Telefon- als auch als Onlineformat zur Verfügung stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Prämisse bei der Therapie muss wie in allen Therapien auch sein, dass der Therapeut dem Patienten eben nicht seine Meinung und seine Empfindungen überstülpt. Weder dürfen die Betroffenen also zu einem Coming-out gedrängt werden, noch darf ihnen das Gefühl gegeben werden, dass sie „falsch“ oder „schlecht“ in ihren Gefühlen sind. Ziel der Beratung muss es sein, Betroffene und Angehörige zu unterstützen und vor allem Jugendliche in ihrem Selbstwertgefühl und in der Entwicklung ihrer Selbstbestimmung zu stärken.

In Gesprächen mit Seelsorgern in diesem Bereich wurde sehr deutlich, dass das im Einzelfall ein schmaler Grat für alle Beteiligten wird oder werden kann. Diesen zu gehen, bleibt aber weiter sehr wichtig, um das Bewusstsein aller Seiten für eine neutrale und ergebnisoffene Beratung zum Wohle der Betroffenen zu schärfen.

Wir werden diesen Weg gerne weiter begleiten, um weiteren Missbrauch, sei er psychisch oder physisch, vorzubeugen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])