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Dr. Michael von Abercron: "Eine Kernfrage ist die Finanzierung"

Hilfeplan für die physische und psychische Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Die vor uns liegenden Anträge von den Grünen und der FDP sind ein buntes Potpourri von Vorschlägen zur Milderung der coronabedingten Folgen für unsere Schülerinnen und Schüler.

(Zuruf von der FDP)

Ich glaube, es lohnt sich, im Detail einmal etwas genauer hinzusehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ich erspare Ihnen, auf medizinisch-technische Maßnahmen der Pandemiebekämpfung in den Schulen einzugehen genauso wie auf Fragen der Digitalisierung, die wir ja schon häufig hier behandelt haben.

Es ist immer wieder sehr erstaunlich, wie die bildungspolitischen Anträge der Opposition ganz grundsätzlich über die Bildungshoheit der Länder hinweggehen. Es ist klar: Natürlich sollen so nach Möglichkeit die Schwächen des Bundesministeriums oder auch die Versäumnisse der Ministerin vorgehalten werden.

Meine Damen und Herren, die FDP macht in ihrem Antrag das bürokratische Monster und auch sprachlich verunglückte Lern-Buddy-Programm zum Wiedergänger.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Sie können es ja anders nennen!)

Bei den Grünen, muss ich sagen, hört sich das sehr viel besser an, wenn gut formuliert über Bildungslotsen und Mentoren gesprochen wird.

(Lachen bei der FDP)

Dieser Ansatz ist ja nicht falsch. Er ist eben dazu gedacht, zusätzliche Lehrkräfte zu akquirieren, die wir dringend brauchen. Aber was dabei sehr wichtig ist: Wie steht es eigentlich um die Kompetenzen, wie steht es um die Kriterien für die Einstellung solcher zusätzlichen Lehrkräfte?

Eine Kernfrage ist aber die Frage der Finanzierung. Für die Länder ist immer klar: Der Bund muss zahlen, alles zahlen und sich am Ende aus allem heraushalten. – Dagegen setzen allerdings viele Ihrer Vorschläge in den Anträgen ganz unverblümt auf die Einmischung des Bundes. Ich will dazu mal zwei Beispiele nennen:

Bei den Grünen geht es zum Beispiel um das Fach der politischen Bildung. Sie ist zweifelsohne sehr wichtig. Aber ist es wirklich Aufgabe dieses Hauses,

(Zuruf der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

sich jetzt mit Lehrplänen zur politischen Bildung in den Ländern auseinanderzusetzen?

Das zweite Beispiel. Sollen wir etwa, wie an anderer Stelle ausgeführt, den Ländern vorschreiben, möglicherweise Theater- oder Sozialpädagogen einzustellen?

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Nein!)

Meine Damen und Herren, das ist eine Detailfrage, und ich bin der Überzeugung: Das können die Länder vor Ort viel besser.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja!)

Es ist doch gerade die Stärke des Föderalismus, dass solche Dinge dort entschieden werden müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Götz Frömming [AfD]: Sehr richtig!)

Noch problematischer ist ein Vorschlag zur Abschaffung des Königsteiner Schlüssels, um ihn gegen einen euphemistisch als „Sozialindizies“ bezeichneten neuen Verteilungsmechanismus zu ersetzen. Meine Damen und Herren, was bedeutet das? Für die ländlichen Regionen, die ohnehin schon an anderer Stelle sehr starke Schwierigkeiten haben, würde das eine Schwächung bedeuten, und sie würden gegen Ballungsräume ausgespielt.

(Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es kommt darauf an, wie man es ausgestaltet!)

Die Folgen dieser Pandemie sind aber überall gleich. Deswegen können wir einer solchen Entwicklung nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren, von der FDP wissen wir ja bereits, dass sie permanent versucht, sich als digitalste aller Fraktionen darzustellen.

(Peter Heidt [FDP]: Sind wir ja auch!)

Deshalb werden mehr oder weniger in jedem Antrag immer wieder die gleichen Schlagworte wie „Blockchain-Lösung“, „Machine Learning“ oder „KI-Systeme“ genannt und entsprechende Forderungen aufgestellt.

(Zuruf der Abg. Katja Suding [FDP])

Den Computer als Nürnberger Trichter haben wir leider noch nicht, aber ich bin sicher: Herr Sattelberger wird als Erster uns davon berichten, wenn es so weit ist.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Haben Sie sich mal damit auseinandergesetzt, was das heißt, individuelles Lernen zu fördern?)

Völlig abwegig ist aber die Forderung, der Bund solle herausfinden, welche Lernrückstände bei einzelnen Schülerinnen und Schülern in den Ländern vorliegen. Das ist nun wirklich Aufgabe der Länder. Völlig richtig ist es aber, entsprechende Grundlagen zu schaffen, also Evaluationen durchzuführen, weil sie die Grundlage für mögliche neue Modelle und auch für die Finanzierung sein müssen.

Anderen Punkten, wie zum Beispiel der Unterstützung der KMK bei der Findung einheitlicher Abschlussstandards oder der Stärkung von Förderprogrammen, können wir vollständig zustimmen. Wir setzen deshalb auch auf eine Erweiterung des Programms „Kultur macht stark“, das wir in Schleswig-Holstein, meinem Heimatbundesland, im letzten Lernsommer genutzt haben, gerade um damit Schülerinnen und Schüler zu erreichen, die unter psychosozialen Folgen der Pandemie leiden. Darüber hinaus begrüßen wir ausdrücklich, dass die Ministerin und die Bundesregierung sich intensiv mit den Ländern über mögliche neue Förderprogramme auseinandersetzen.

Allerdings müssen wir diese möglichen neuen, weiteren Leistungen des Bundes an Bedingungen knüpfen: erstens eine spezifische Ermittlung der Lernrückstände durch die Länder, zweitens die Erstellung schlüssiger Konzepte für zusätzliche Lernangebote, drittens eine besondere Berücksichtigung der Abschlussjahrgänge, viertens die Festlegung klarer Kriterien bei der Auswahl zusätzlichen Lehrpersonals und fünftens natürlich eine angemessene finanzielle Beteiligung der Länder.

Deshalb zum Schluss mein dringender Appell: Helfen Sie alle – gerade die Antragsteller – in den Ländern, wo sie Verantwortung tragen, mit, dass wir zu Lösungen kommen, die gut sind! Und ich erinnere daran, dass gerade die FDP in Nordrhein-Westfalen da in einer Poleposition ist.

(Zuruf der Abg. Bettina Stark-Watzinger [FDP])

Helfen Sie mit, dass wir das fast verlorene Schuljahr im Sinne der Zukunft unserer Kinder wieder aufholen können!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)