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Dr. Georg Nüßlein: Das Bevölkerungsschutzgesetz ist die Grundlage für Eingriffe in Grundrechte

Rede zum Sozialschutzpaket in der Corona-Krise

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Das Land der Selbstverständlichkeiten hält die Uhr an. Plötzlich merkt jeder: Was wir vor nur ein paar Wochen für selbstverständlich gehalten haben, war es noch nie – Freiheit, Wohlstand, Wachstum, noch wichtiger aber Gesundheit und Gesundheitsversorgung. Es rührt mich an, wenn Großeltern fragen: Wann kommst du wieder? – Es rührt mich an, wenn ein weinendes Kind bettelt: Ich will zu meinen Spielkameraden. – Es rührt mich auch an, wenn Arbeitnehmer, wenn Unternehmer fragen: Wie soll das alles weitergehen? – Dabei bewegt mich natürlich am meisten, dass wir alle diese Fragen noch nicht beantworten können, dass wir am heutigen Tag nur die grobe Marschroute festlegen. Und noch mehr bewegen mich – uns alle – aber die Bilder: Särge in italienischen Militärkonvois, schwerkranke Patienten auf dem Boden in Krankenhäusern in Madrid, Bilder, die wie ein Menetekel von Geisterhand wegwischen, was uns an Verharmlosung immer noch entgegengehalten wird.

Uns alle, Regierung wie Opposition, eint ein Ziel, nämlich das, genau diese Bilder mit aller Kraft zu verhindern und Schaden vom deutschen Volke abzuwenden. Das ist Dreh- und Angelpunkt, meine Damen und Herren, dieser Gesetze, die wir heute debattieren. Dabei danke ich allen, die konstruktiv mitgewirkt haben: Opposition wie Koalition, Abgeordneten wie Mitarbeitern. Sie haben in den letzten Tagen nicht nur hart gearbeitet, sondern eine gemeinsame staatspolitische Verantwortung wahrgenommen. Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Der Deutsche Bundestag stellt heute im Bevölkerungsschutzgesetz die epidemische Lage von nationaler Tragweite fest. Es ist entscheidend, dass wir, das Parlament, das tun, und genauso ist entscheidend, dass wir die Macht haben, das – und das hoffentlich bald – wieder aufzuheben. Das Bevölkerungsschutzgesetz ist die Grundlage für Eingriffe in Grundrechte wie die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit der Person oder die Versammlungsfreiheit. Das Gesetz ermächtigt aber auch den Bundesgesundheitsminister, umfassend und situativ einzugreifen, um insbesondere die Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Es ist, meine Damen und Herren, ein unabdingbarer Vertrauensvorschuss an den Gesundheitsminister. Jens Spahn hat im Krisenmanagement Größe gezeigt und dieses Vertrauen schon jetzt in ganz besonderer Weise gerechtfertigt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Unser Gesundheitssystem ist überdurchschnittlich gut. Es ist aber trotzdem nicht umfänglich auf eine Pandemie ausgelegt. Dafür nutzen wir die Zeit, die wir mit den Kontaktbeschränkungen gewinnen. In der Krise kommt es in besonderer Weise auf unsere Krankenhäuser, auf die Ärzte, auf die Pfleger an. Für ihr Engagement Dank und Anerkennung!

Krankenhäuser müssen momentan Betten freihalten, Intensivbetten anschaffen. Rehakliniken müssen sich auf Akutpatienten und die Kurzzeitpflege umstellen, Ärzte ihre Behandlungsweise umstellen und neu ausrichten. Am Geld, meine Damen und Herren, darf das alles nicht scheitern. Deshalb spannen wir auch für die Krankenhäuser, die Rehakliniken und die Arztpraxen einen milliardenschweren Rettungsschirm auf. Der Bund beteiligt sich mit 50 000 Euro an jedem neuen Intensivbett mit Beatmungsmöglichkeit. Wir zahlen für jedes freigehaltene Bett 560 Euro pro Tag, für die Rehakliniken 60 Prozent des durchschnittlichen Vergütungssatzes. Wir erhöhen das Pflegebudget pro Tag und Patient auf 185 Euro. Wir zahlen 50 Euro Zuschlag pro Patient für teurere Schutzausrüstung. Dabei wünsche ich mir in der jetzigen Situation nichts mehr, als dass wir all das viele Geld grundlos ausgeben, dass die Betten leer bleiben und die Beatmungsgeräte verstauben.

Ihnen allen Gesundheit und Gottes Segen!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)