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Dr. Georg Nüßlein: Alle Maßnahmen werden durch die Eigenverantwortung der Menschen mit begleitet

Redebeitrag zur Regierungserklärung - Bewältigung der COVID-19-Pandemie

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Am Ende der Debatte will ich noch einmal unterstreichen, dass – jedenfalls meiner Wahrnehmung nach – eine breite Mehrheit in diesem Hohen Haus der Meinung ist, dass die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz verantwortlich, verantwortbar und in ihren Konsequenzen auch zumutbar sind. Nur, meine Damen und Herren, entscheidend ist, dass all das durch die Eigenverantwortung der Menschen mit begleitet wird. Wir werden nicht in der Lage sein, an Weihnachten schon gar nicht, zu kontrollieren, wie viele Menschen sich letztendlich treffen – bis ins Letzte. Wir werden darauf setzen müssen, dass die Menschen all das nachvollziehen und verstehen. Deshalb ist es unsere Verantwortung, meine Damen und Herren, das auch richtig zu erklären und den Nebelkerzen, die ganz rechts ständig gezündet werden, auch entschlossen entgegenzutreten.

Bei mir steht ganz oben ein hehres gesundheitspolitisches Ziel. Unserem Gesundheitswesen, meine Damen und Herren, ist eine Rationierung fern; Gott sei Dank. Wir überlegen uns nicht: Ist der alte, ist der multimorbide Mensch die Maßnahme, den Eingriff noch wert? Und das muss so bleiben, auch in der Pandemie. Das halte ich für ganz wesentlich. Deshalb freue mich, dass es uns jedenfalls mit den bisher getroffenen Maßnahmen gelungen ist, zu verhindern, dass die Ärzte eine Triage durchführen und entscheiden müssen, wer beatmet wird und wer nicht, wer sterben muss und wer leben darf. Das halte ich für ganz zentral. Wenn man das den Menschen erklärt, dann verstehen sie auch unser Engagement an dieser Stelle.

Zweitens. Wir haben immer über ein Ziel gesprochen, das heute von manchen als Licht am Ende des Tunnels qualifiziert wurde, nämlich über das Ziel, impfen zu können. Nun tun einige ganz gezielt so, als sei das Licht am Ende des Tunnels der entgegenkommende Zug. Das ärgert mich; denn das Entscheidende, meine Damen und Herren, ist doch, dass wir letztendlich mit Viren nur auf diese Art und Weise umgehen können. Wir müssten mittlerweile doch eigentlich wissen, dass Impfen die große gesundheitsstrategische Leistung der Menschheit ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich füge hinzu: Ich bin immer ein bisschen skeptisch, wenn in der politischen Debatte neue Subziele nach oben geschoben werden. Ob es uns in absehbarer Zeit gelingt, mit Blick auf die Nachvollziehbarkeit, unter den Wert von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner zu kommen, das sei dahingestellt.

Ich sage auch: Wenn man den Menschen erklären will, warum wir das tun, dann ist es schon wichtig, dass man alles ganz genau abwägt. Ich sage offen: Die 800-Quadratmeter-Grenze im Einzelhandel ärgert mich schon allein deshalb, weil man diesen Versuch schon einmal unternommen hat und schon einmal vor dem Verwaltungsgericht bei ähnlicher Ausgestaltung gescheitert ist.

(Beifall des Abg. Ulrich Lechte [FDP])

Das wird uns an dieser Stelle wieder blühen. Darum verstehe ich nicht, warum man so etwas wiederholen muss.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Das Gleiche betrifft die Thematik Böllerverbot. Ich meine jetzt nicht die vorgesehene Ausgestaltung – mit der kann man umgehen – sondern die Vorschläge, die ursprünglich im Raum standen. Da haben wir letzte Woche über das Thema „Geeignetheit, Verhältnismäßigkeit“ diskutiert, und dann kommt so ein Vorschlag, der offenkundig ganz wenig mit der Thematik zu tun hat. Das dient geradezu dazu, das Thema zu verunglimpfen.

Das Thema, dass ein Kind nur ein weiteres Kind am Nachmittag treffen darf, hat die Kollegin Schön vorhin schon richtig ausgeführt.

Und deshalb weise ich an dieser Stelle ganz nachdrücklich darauf hin. Ich verstehe den Pandemieverdruss der Menschen. Ich verstehe, dass manche nervös werden. Deshalb müssen wir bei unserer Argumentation schon sehr genau aufpassen, was wir tun. Insbesondere verstehe ich es bei denen, die ökonomisch maßgeblich von den Maßnahmen betroffen sind. Und davon gibt es eine Menge. Die Bundeskanzlerin hat es heute vollkommen richtig formuliert: Etliche tragen hier eine besondere Last, und das tun sie für uns. Deshalb sind die Hilfen, meine Damen und Herren, keine Almosen; vielmehr ist es unsere verdammte Pflicht, die Einbußen dann auch entsprechend zu entschädigen. Und Entschädigungsleistungen müssen beizeiten ankommen. Mich ärgert dann schon, wenn die Diskussion mit der Europäischen Kommission letztendlich dazu führt, dass sich die Einleitung der Maßnahmen verzögert.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Die ist nicht das Problem! Das wissen Sie auch!)

Das ärgert mich schon deshalb, weil, ich gerade gesagt habe, dass es Schadensersatz ist und logischerweise keine Beihilfe.

(Zuruf des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])

Und deshalb glaube ich, meine Damen und Herren, dass wir etwas auf dem Tisch liegen haben, das richtig und wichtig ist, das uns in den nächsten Wochen helfen wird, gerade gesundheitspolitisch helfen wird, das uns aber ökonomisch logischerweise weiter in Schwierigkeiten bringt und das natürlich eine Menge an Geld kostet. Deshalb werden wir in den nächsten Wochen auch über die Frage diskutieren müssen: Wie ist eigentlich der Anspruchsrahmen rechtlich zu gestalten?

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss bitte.

 

Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU):

Und insbesondere: Welchen Beitrag haben die Bundesländer an der Stelle zu leisten?

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Das war ja nicht so strukturiert argumentiert! Nicht ganz leicht, zu folgen! – Gegenruf des Abg. Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Sie haben es nicht verstanden!)