Skip to main content

Antje Lezius: Flexible Arbeitszeitmodelle haben Konjunktur

Rede zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts

Sehr geehrter Herr Kleinwächter, eines mal zu Ihrer Rede:

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, es wäre nett, wenn Sie das Präsidium freundlicherweise begrüßen würden.

Antje Lezius (CDU/CSU):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Entschuldigung, ich war hier so aufgebracht.

Herr Kleinwächter, wir in der GroKo haben die Rechte der Frauen und der Mütter in der letzten Legislaturperiode gestärkt, und wir werden das in dieser Legislaturperiode auch fortsetzen. Das können wir Ihnen versichern.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

Nun zur Sachlage zurück. Knapp 45 Millionen Menschen in Deutschland sind erwerbstätig. Rund 15 Millionen arbeiten in Teilzeit, 7 Millionen mehr als noch vor 20 Jahren. Flexible Arbeitszeitmodelle haben Konjunktur. Teilzeitarbeit wird oft schlechtgeredet. Das ist falsch. Teilzeit umfasst keineswegs nur einfache Arbeiten. Tatsächlich entscheiden sich die meisten bewusst für dieses Arbeitsmodell. 87 Prozent der Frauen und 76 Prozent der Männer, die es tun, gehen freiwillig einer Teilzeitbeschäftigung nach. Insbesondere Frauen bevorzugen flexible Teilzeitarbeit, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Das habe ich in der Praxis als ehemalige Unternehmerin selbst erlebt. Es gibt eben Lebensphasen, in denen die Arbeit nicht die oberste Priorität hat. Wichtig ist jedoch, dass Frauen auch wieder in Vollzeit zurückkehren können,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

dass Teilzeit keinen Einbruch in der Berufsbiografie bedeutet und dass Teilzeit nicht zu Altersarmut führt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Tatsächlich hat bereits heute jeder Arbeitnehmer Anspruch auf eine Teilzeitstelle. Voraussetzungen sind, dass er in einem Betrieb mit mehr als 15 Mitarbeitern

(Marianne Schieder [SPD]: Oder sie!)

– oder sie – arbeitet und das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht. Das regelt heute schon das Teilzeit- und Befristungsgesetz.

(Marianne Schieder [SPD]: Genau!)

Was bisher nicht gesetzlich garantiert ist, von Teilzeit zurück in den Vollzeitjob zu wechseln,

(Marianne Schieder [SPD]: Richtig!)

das wird unser Gesetzentwurf für Millionen Bürgerinnen und Bürger ändern; denn die Arbeitnehmer wünschen sich flexiblere Arbeitszeiten. 2,6 Millionen Menschen in Deutschland wollen gerne mehr arbeiten. 1,8 Millionen Erwerbstätige wollen weniger arbeiten, aber nur, wenn ihnen im Nachhinein wieder eine Vollzeitstelle sicher ist. Das, sehr geehrte Damen und Herren, garantiert unser Gesetzentwurf zur Einführung einer Brückenteilzeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Marianne Schieder [SPD]: Eben!)

Was sind die beiden wichtigsten Punkte der neuen Brückenteilzeit?

Erstens: ein Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit mit Rückkehrrecht in Vollzeit. Er gilt für Unternehmen mit mehr als 45 Mitarbeitern, wobei die Teilzeit mindestens ein Jahr und höchstens fünf Jahre betragen muss.

Zweitens: eine Darlegungspflicht gegenüber Teilzeitarbeitenden, die gerne mehr arbeiten wollen. Künftig muss der Arbeitgeber darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass Mehrarbeit nicht möglich ist, zum Beispiel weil es keinen entsprechenden Arbeitsplatz gibt oder weil der Teilzeitbeschäftigte für den Arbeitsplatz nicht qualifiziert ist.

Von links wird gerufen, wie ungerecht dieses Gesetz sei. Zu viele Beschäftigte würden nicht profitieren.

(Zuruf von der LINKEN: Genau!)

Ich sage: 62 Prozent, mehr als 23 Millionen Beschäftigte, profitieren davon.

(Marianne Schieder [SPD]: Eben! Deswegen ist es gut!)

Warum gibt es Einschränkungen? Weil es die Aufgabe der Politik ist, dass das Gesamtgefüge in unserem Land funktioniert. Was bringt es, wenn wir einem Kleinstbetrieb, zum Beispiel im Handwerk, Regeln vorschreiben, die er kaum einhalten kann? Wem ist damit geholfen? Oder: Wie soll ein kleines Unternehmen, das ein oder zwei Spezialisten in seiner Belegschaft hat, die Produktion aufrechterhalten, wenn diesem für Jahre die Fachkräfte fehlen? Nein, wir können die gesetzlichen Regelungen nicht noch weitertreiben. Damit setzen wir letztlich den Organisations- und Planungsaufwand für kleinste und kleinere Unternehmen so hoch, dass er nicht mehr bewerkstelligt werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nein, auch die Arbeitgeber haben durchaus berechtigte Interessen. Die Aufgabe von uns hier im Bundestag ist es doch, alle Aspekte von Arbeit im Auge zu haben, in unserer vielschichtigen Gesellschaft für Ausgleich zu sorgen. Wir setzen den Rahmen für gute Arbeit, aber auch für Wachstum und Wohlstand. Schon heute haben wir ein Rückkehrrecht nach der Pflegezeit, ein Rückkehrrecht nach der Elternzeit, ein Rückkehrrecht nach der Familienpflegezeit. Das alles sind Verbesserungen, die wir in den letzten Jahren erreicht haben. Ab dem 1. Januar 2019 soll das Rückkehrrecht nach Teilzeit hinzukommen. Es wird ein Gesetz, das die Wünsche der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen berücksichtigt, ohne den Arbeitgebern das Wirtschaften unmöglich zu machen, eben verantwortungsvoll im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)