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Antje Lezius: Die Zeichen der Zeit haben wir schon lange erkannt

Rede zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Arbeit bestimmt unseren Alltag. Sie ist notwendig, idealerweise auch erfüllend und sinnstiftend. Es ist wichtig, sie mit unseren privaten Verpflichtungen und familiären Wünschen in Einklang zu bringen. Die Gestaltung der Arbeitszeit gehört damit zu einem der entscheidenden Faktoren für gute Arbeit und gutes Leben.

Seit Jahren sind flexible Arbeitszeiten in der Praxis auf dem Vormarsch – und dies aus ganz unterschiedlichen Gründen. Das einst vorherrschende Modell des Alleinverdienerhaushalts ist lange überholt. Mein Kollege Torbjörn Kartes hat die Chancen für Familien durch flexible Arbeitszeiten bereits anschaulich geschildert. Auch auf Unternehmensseite ist Flexibilität gewünscht, ja unumgänglich. Für Betriebe ist es erforderlich, auf Nachfrageveränderungen und Kundenwünsche schnell reagieren zu können, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Art und Weise, wie Produktionsprozesse miteinander verzahnt sind, erfordert von der Belegschaft, flexibel einsatzbereit zu sein.

Ein Automobilzulieferer in meinem Wahlkreis sorgt mit seinen Schmiedeteilen für Motoren und Achsen dafür, dass Millionen von Fahrzeugen täglich sicher und zuverlässig bewegt werden. Im Schichtbetrieb wird dort 24 Stunden gearbeitet, damit die Bänder bei den Autokonzernen nicht stillstehen – nicht im Homeoffice, aber tariflich ausgehandelt, den Bedürfnissen der Branchen entsprechend, mit Mitarbeitern, die stolz auf ihre Arbeit sind. Flexibilität ist eben keine Einbahnstraße.

Dennoch ist eines richtig: Ein zunehmender Teil der Wertschöpfung gründet sich auf Wissens- und neue Formen der Zusammenarbeit. Und wenn Wertschöpfung nicht mehr an einem festen Arbeitsplatz stattfinden muss, ergeben sich neue Möglichkeiten für flexibleres Arbeiten. Ziel der CDU/CSU-Fraktion ist daher, einen Rahmen zu schaffen, in dem Unternehmen, Beschäftigte und Tarifpartner den vielfältigen Anforderungen in der Arbeitszeitgestaltung gerecht werden.

Wir wollen Familien in ihrem Anliegen unterstützen, mehr Zeit füreinander zu haben. Die Chancen der Digitalisierung wollen wir nutzen, um den Beschäftigten mehr Freiräume zu ermöglichen. – Vielen, die heute die Debatte verfolgen, werden diese Sätze bekannt vorkommen. Sie stammen aus unserem Koalitionsvertrag. Dort stehen sie unter der Überschrift „Gute Arbeit“.

(Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Ach was!)

Der FDP kann ich also sagen: Vielen Dank für Ihren Gesetzentwurf. Die Zeichen der Zeit haben wir jedoch schon lange erkannt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Und wo ist Ihr Gesetzentwurf? Dann stimmen Sie doch zu!)

– Hören Sie doch erst mal zu! – Doch wenn Arbeitszeit für Millionen Menschen zu einem der entscheidenden Faktoren für gute Arbeit gehört, dann sollten wir uns ganz genau überlegen, wie wir für mehr Flexibilität sorgen können.

(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Wir haben doch schon genügend Flexibilität! Wieso denn noch mehr?)

Hierfür werden wir im Arbeitszeitgesetz Experimentierräume für tarifgebundene Unternehmen schaffen. Mehr selbstbestimmte Arbeitszeit und mehr betriebliche Flexibilität lassen sich hier erst einmal erproben. Auf Grundlage dieser Tarifverträge kann dann mittels Betriebsvereinbarungen die Höchstarbeitszeit flexibler geregelt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, auch wir haben die Start-up-Branche, die Wissensarbeiter und Arbeit 4.0 im Blick. Doch Gründlichkeit zum Schutz aller Arbeitnehmer und die Berücksichtigung aller Branchen gehen bei uns vor Schnelligkeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)