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Albert H. Weiler: Kein Rentner soll um seinen Zuverdienst fürchten müssen

Rede zur Mindestrente

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen und auf der Tribüne! Was bleibt von dieser Debatte hängen? Die FDP rückt näher an die CDU/CSU,

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: O wei, o wei!)

Herr Kurth redet vom Friseur, bei der AfD wird an die Kinder die Axt angelegt, und die Linke als Nachfolgepartei der SED setzt jetzt auf Menschenwürde, vergisst aber die Straftaten in Hohenschönhausen, Bautzen und sonstigen Stasiknästen; ich bitte hier um mehr Demut.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Kersten Steinke [DIE LINKE]: Immer die gleichen Textbausteine!)

Jeder, der sich einmal mit dem Thema Rente auseinandersetzen durfte oder musste, wird mir zustimmen, dass die Regelungen dazu relativ komplex und nicht immer leicht zu durchschauen sind. Das hat natürlich seine Ursachen. Das liegt im Wesentlichen darin begründet, dass wir permanent bestrebt sind, mit der Gesetzgebung größtmögliche Gerechtigkeit zu gewähren. Gerechtigkeit lässt sich aber nicht mit einfachen Mitteln erreichen, sondern braucht Kompromisse und muss auch Sonderfälle berücksichtigen.

In diesem Sinne macht es sich die Linke mit ihrem Antrag aus meiner Sicht etwas zu leicht. Sie versuchen, das Problem stark zu vereinfachen. Eine drastische Erhöhung des Mindestlohns, wie von Ihnen vorgeschlagen, ginge – das wurde auch schon von vielen hier erwähnt – zulasten der ohnehin stark gebeutelten Wirtschaft und würde Arbeitsplätze kosten. Es gibt eine Mindestlohnkommission, der Sie aber nicht vertrauen. Das heißt, Sie vertrauen auch den Gewerkschaften nicht. Darüber sollten Sie noch einmal nachdenken.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die Gewerkschaften wollen 12 Euro Mindestlohn, Herr Weiler! Haben Sie das nicht mitbekommen? Lesen Sie nie Zeitung? Der DGB fordert 12 Euro!)

Die pauschale Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent in Kombination mit einer Mindestrente für alle ist nicht finanzierbar ohne eine exorbitante Steigerung der Beiträge; auch das wurde schon mehrmals betont.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Exorbitant? 33 Euro beim Durchschnittsverdienst?)

– Nein, es sind mehr. Wenn wir uns an 2025 orientieren, sind wir schon bei 5 Prozent. – Diejenigen, die arbeiten, wollen Sie also noch mehr beuteln.

Wir haben in den letzten zehn Jahren für Beitragssenkungen gesorgt und die Versicherten entlastet. Auch das wollen Sie konterkarieren. Statt weiterer Belastungen für Utopien sollten Sie hier gemach vorgehen.

Wir haben in den letzten zehn Jahren ebenfalls dafür gesorgt, dass der Durchschnittslohn um circa 25 Prozent gestiegen ist. Ihr Vorschlag zur Fortführung der Rente nach Mindestentgeltpunkten ist letztendlich der Versuch, auf der Welle der von der Regierung vorgeschlagenen Grundrente mitzureiten – das ist erst mal gut –;

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nee, das ist nicht gut! Unseren Vorschlag gibt es schon viel länger!)

jedoch mit Ihrem völlig aus der Luft gegriffenen Niveau wird es dann wieder schlecht. Es wird auch nicht besser, wenn Sie dazwischenreden, Herr Birkwald; auch wenn Sie das natürlich tun können.

Ein Beispiel: Sie fordern nach 25 Beitragsjahren und einem Verdienst zwischen 20 und 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes einen kräftigen Zuschlag auf die Rente; das hört sich erst mal gut an. Im Regierungsentwurf findet man ein ähnliches Konstrukt, aber mit deutlich mehr Augenmaß gestaltet: Es braucht 33 Beitragsjahre sowie ein Einkommen zwischen 30 und 80 Prozent des Durchschnittsentgeltes.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: 30 Prozent ist viel zu hoch! Damit schließen Sie Niedrigverdiener aus!)

Bei der Festlegung dieser Zahlen geht es eben nicht nur um die Finanzierung des Vorhabens; es geht auch darum, besonders Menschen mit langjährigen Erwerbsbiografien Respekt zu zollen. Sie haben das verdient.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Menschen, die lange Jahre hart gearbeitet haben, sollten sich nicht vor Altersarmut fürchten müssen. Das unterschreibe ich so, aber wir müssen das Ganze differenziert betrachten. Wir wollen eben nicht den dauerhaft ergänzenden Verdienst, den klassischen Minijobber, übermäßig fördern; daher die untere Schwelle von 30 Prozent.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das sind 1 000 Euro! Das ist ein Teilzeitjob mit 25 Stunden die Woche! Das hat mit Minijob nichts zu tun!)

Außerdem soll kein Rentner um seinen Zuverdienst fürchten müssen. Hierfür werden entsprechende Freibeträge eingerichtet, die dann unschädlich für die Höhe des Rentenzuschusses aus der Grundrente sind.

Lassen Sie mich noch kurz auf die Ost-West-Differenz eingehen. Mit unserem Modell der Grundrente werden deutlich mehr Menschen im Osten Deutschlands Anspruch auf Grundrente haben. Das liegt im Wesentlichen daran, dass sie stark individuelle Erwerbsbiografien haben. Insgesamt waren die Einkommen im Osten Deutschlands häufig unter dem Durchschnitt, aber die Menschen haben meist längere Beitragsphasen und erreichen somit häufiger den Wert von mindestens 33 oder sogar 35 Beitragsjahren. Insbesondere profitieren Frauen davon, weil sie im Osten damals nach der Geburt von Kindern einen schnelleren Wiedereinstieg in den Beruf gefunden haben.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende?

 

Albert H. Weiler (CDU/CSU):

Ja, ich werde mich kurzhalten.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Bitte.

 

Albert H. Weiler (CDU/CSU):

Als Beispiel möchte ich die vielzitierte Friseurin aus Sachsen nennen, die 38 Jahre beitragspflichtig beschäftigt war und im Schnitt 40 Prozent des Durchschnittsentgeltes verdient hat.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege!

 

Albert H. Weiler (CDU/CSU):

Ihr geben wir das Doppelte an Rente; ich verkürze das mal.

Der Antrag der Linken ist auf den ersten Blick ein Geschenkpaket, aber wenn wir das Paket aufmachen, stellen wir fest: Es ist nur heiße Luft, die schnell entweicht. Deshalb werden wir den Antrag nicht unterstützen und bitten um Ablehnung.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)