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Dr. Stephan Harbarth: Wir sollten auch das Ehrenamt in seiner Vielfalt unterstützen

Rede in der Debatte zu gleichwertigen Lebensverhältnissen

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! A divided house cannot stand. Ein Haus, das in sich geteilt ist, kann keinen Bestand haben. Was der amerikanische Präsident Abraham Lincoln im Jahr 1858 mit Blick auf die Grundfreiheiten der Bürger eines Landes ausführte, gilt sicherlich auch mit Blick auf ihre Lebensverhältnisse. Ein Land, in dem der Zugang zu einer Schule, zu einem Arzt oder zum schnellen Internet eine Frage des Wohnorts ist, ist ein gespaltenes Land. Ein solches Land wird den Zusammenhalt seiner Menschen einbüßen. Es ist deshalb eine ganz zentrale Aufgabe der Heimatpolitik, für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu arbeiten. Welche Herausforderungen sich in welchen Bereichen stellen, hat Bundesminister Horst Seehofer in seiner Rede im Einzelnen aufgefächert.

Herr Bartsch, ich werde nicht im Einzelnen auf Ihre Rede eingehen, aber im Hinblick auf die Zerrbilder, die Sie präsentiert haben, auch mit Blick auf Bayern: Schauen Sie sich an, was Horst Seehofer und die CSU in Bayern für die ländlichen Räume getan haben – in puncto Universitäten und Hochschulen, in puncto Städtebauförderung, in puncto Infrastrukturförderung, in puncto Finanzausgleich für die ländlichen Räume. Dazu muss ich Ihnen sagen: Wenn Herr Ramelow in Thüringen die Hälfte hinbekommen hätte, hätten Sie in jedem einzelnem Landkreis einen Jubelparteitag veranstaltet.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich will mich in meiner Rede auf einen Punkt konzentrieren, der im Rahmen einer solchen Gesamtschau nur am Rande angesprochen werden kann. Es gibt in unserem Land eine Gruppe, oder besser: ein Heer von Menschen, das Tag für Tag der Unwucht der Lebensverhältnisse entgegenarbeitet und das gerade im ländlichen Raum und gerade in Regionen, die von einem starken Bevölkerungsrückgang und den damit einhergehenden Folgen betroffen sind, unverzichtbar ist: Ich denke etwa, exemplarisch, an die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren in meinem Wahlkreis Rhein-Neckar, ohne deren Einsatz Berufsfeuerwehren benötigt würden. Ich denke etwa an den Dorfladen in Tairnbach in meinem Wahlkreis, wo viele Ehrenamtliche die örtliche Lebensmittelversorgung sicherstellen. Ich spreche von all den Bürgerinnen und Bürgern, die sich ehrenamtlich engagieren; es sind in Deutschland rund 30 Millionen, sie sind überall zu finden, sie sind in allen Bereichen zu finden und in ganz besonderer Dichte in den ländlichen Räumen. Das ist auch ein besonderes Gesellschaftsmodell, für das die ländlichen Räume hier stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Förderung des Ehrenamtes, die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements ist uns – und da spreche ich, glaube ich, für alle Teile dieses Hauses – ein Herzensanliegen. CDU und CSU haben 2007 gemeinsam mit den Sozialdemokraten und 2013 gemeinsam mit den Freien Demokraten an diesem Ort zwei wichtige Gesetze verabschiedet, mit denen wir die Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement deutlich verbessert haben. An diese Arbeit wollen wir in dieser Wahlperiode anknüpfen. Wir wollen bürokratische Hemmnisse abbauen, wir wollen einen einfacheren Rechtsrahmen schaffen. Menschen, die ehrenamtlich tätig sind, wollen ihre Zeit in den Dienst an ihren Mitmenschen und nicht in den Dienst an Verwaltungsvorschriften stellen; das müssen wir zur Richtschnur machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir wollen die Wertschätzung für das Ehrenamt stärken. Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, dürfen durch dieses Engagement keine Nachteile – sei es sozialrechtlich, sei es berufsrechtlich – erfahren.

Wir sollten auch das Ehrenamt in seiner Vielfalt unterstützen. Ich bin mir sicher: Der Staat ist nicht klüger als die Bürgerinnen und Bürger. Der Staat weiß nicht besser, wo ehrenamtliches Engagement gut und angebracht und wo es schlecht und überflüssig ist. Aufgabe des Staates ist es nicht, den Bürgern ihre Tätigkeiten vorzuschreiben, sie zu belehren, sie zu erziehen, sondern Aufgabe des Staates ist, Ansprechpartner für ehrenamtliches Engagement zur Verfügung zu stellen. Mir ist es ein Anliegen, zu sagen: Die Stärkung des Ehrenamtes muss ein fester Bestandteil der Arbeit für gleichwertige Lebensverhältnisse sein – nicht in dem Sinne, dass die Stärkung des Ehrenamtes einen staatlichen Rückzug kompensieren soll, sondern mit dem Ziel, das ganz große Potenzial an Hilfsbereitschaft in unserem Land zur vollen Entfaltung zu bringen, um für den Zusammenhalt dieser Gesellschaft zu arbeiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Andrea Nahles [SPD])