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Björn Simon: "Wir haben ein hervorragendes Pfandsystem"

Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung-EWKKennzV

Wir beschließen heute die Verordnung über die Beschaffenheit und Kennzeichnung von bestimmten Einwegkunststoffprodukten. Diese Verordnung verfolgt im wesentlich das Ziel der Umsetzung zweier Vorgaben der europäischen Single Use Plastics Directive und setzt diese konsequent in nationales Recht um.

Zum einen sieht die Verordnung vor, dass Getränkebehälter, die aufgrund ihrer Beschaffenheit Einwegkunststoffprodukte sind und deren Verschlüsse und Deckel aus Kunststoff bestehen, nur in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn diese Verschlüsse und Deckel während der Verwendungsdauer an den Behältern befestigt bleiben.

Lassen Sie mich dazu ein konkretes Beispiel nennen: Der Deckel einer Einwegkunststoffflasche muss also zukünftig fest mit der Flasche verbunden sein.

Ich habe in den vergangenen Wochen viele Gespräche vor allem auch mit mittelständischen Unternehmen der Getränkeindustrie geführt. Der einhellige Tenor war, dass man diese Vorgabe zwar kritisch sieht, aber weitestgehend akzeptiert.

Und auch ich möchte mich dieser Kritik als Abgeordneter des Deutschen Bundestages durchaus anschließen: Wir haben in Deutschland sowohl ein hervorragendes funktionierendes Pfandsystem als auch ein Duales System der Verpackungsentsorgung. Diese beiden Systeme stellen bei uns in Deutschland bereits heute sicher, dass Deckel und Verschlüsse nur äußerst selten achtlos in der Umwelt landen. Dies mag in anderen europäischen Ländern sicher anders sein, aus deutscher Sicht ist diese Vorgabe jedoch fraglich, gerade auch vor dem Hintergrund, dass wir an anderen Stellen immer wieder versuchen, den Einsatz von Kunststoff zu vermeiden.

Mit dieser Verordnung jedoch wird der Materialeinsatz von Kunststoff deutlich steigen. Hier geht man von 7 335 Tonnen mehr Kunststoff aus.

Natürlich bedeutet die Verordnung für Hersteller und Befüller einen großen Aufwand und erhebliche Kosten. So müssen Prozesse angepasst werden und Maschinen umgebaut oder neu erworben werden, um zukünftig auch mit den neuen Verschlüssen zurechtzukommen. Daher ist es richtig und wichtig, an der vom europäischen Gesetzgeber vorgesehenen Übergangsfrist bis Juli 2024 festzuhalten, um den Akteuren ausreichend Zeit zu geben, ihre Prozesse anzupassen und umzustellen.

Zweiter wichtiger Punkt der Verordnung ist, wie der Name schon sagt, die Kennzeichnung von Einwegkunststoffprodukten entweder auf der Verpackung oder dem Produkt selbst. Klares Ziel dieser Kennzeichnung ist es, uns Konsumentinnen und Konsumenten mit klar verständlichen Labels in Form von einfach verständlichen Piktogrammen auf den Einsatz von Einwegkunststoffen hinzuweisen und vor allem zu einem bewussten Umgang zu sensibilisieren.

Dies findet beispielsweise zukünftig bei vielen Hygieneartikeln, Zigaretten oder auch To-Go-Bechern, in denen Plastik verarbeitet ist, Anwendung. Diese Kennzeichnung unterstützen wir als Union ausdrücklich, kann sie doch zur Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger beitragen und dafür sorgen, dass noch weniger Kunststoffprodukte einfach in die Umwelt gelittert werden.

Problem hierbei ist allerdings, dass die europäische Richtlinie die Kennzeichnungspflicht bereits zum 3. Juli dieses Jahres vorschreibt. Eine Umgestaltung bedarf allerdings großer Vorbereitungszeiten. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal eine deutliche Kritik in Richtung EU-Kommission aussprechen: Es kann in diesem Zusammenhang nicht sein, dass der Durchführungsrechtsakt erst im Dezember vergangenen Jahres, also nur sieben Monate vor Inkrafttreten, im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde. Erschwerend kommt hinzu, dass die entsprechenden Piktogramme bis vor wenigen Tagen entweder nur fehlerhaft oder auch gar nicht vorlagen.

Natürlich haben die Hersteller bereits heute Waren produziert, die für einen Verkauf auch nach dem 3. Juli vorgesehen sind. Zudem gibt es noch beachtliche Lagerbestände, da beispielsweise Verpackungen oft in Masse vorproduziert werden.

Mir war es in der Beratung besonders wichtig, dass wir hier vor allem die kleineren und mittelständischen Unternehmen nicht übermäßig belasten und dass es am Ende nicht zu Produktvernichtungen aufgrund der Fristsetzung kommt.

Daher möchte ich auch unserem Koalitionspartner danken, dass wir uns hier auf einen Entschließungsantrag einigen konnten, der darauf hinwirken soll, dass im nationalen Vollzug sinnlose Vernichtung von Lagerbeständen bei Produzenten und Handel nicht erfolgen werden.

Ein weiteres Problem ergibt sich aus dem Fehlen der entsprechenden Leitlinie der Europäischen Kommission, die klarstellen soll, welche Materialien unter die Richtlinie fallen. In der im Dezember vorgelegten Entwurfsfassung wurden zudem Viskose, Modal- und Lyocellfasern als Plastik eingestuft und in die Leitlinie mit aufgenommen. Dies halten wir für sehr problematisch, denn diese Fasern sind zwar chemisch hergestellt, aber biologisch abbaubar. Eine entsprechende Kennzeichnung beispielsweise von Feuchttüchern, die auf Viskosefasern zurückgreifen, halten wir daher für das falsche Signal. Hier besteht die Gefahr, dass die entsprechenden Produkte mit der Kennzeichnung fälschlicherweise stigmatisiert werden, und der Konsument daher auf ökologisch schlechtere Produkte wie zum Beispiel Feuchttücher, die ölbasierte Materialien verwenden, zurückgreift. Dies kann nicht im Sinne der Verordnung und der SUPD sein. Daher fordern wir die Bundesregierung auf, sich weiter bei der Kommission dafür einzusetzen, dass Viskose, Modal und Lyocell nicht in die finale Leitlinie aufgenommen werden.

Lassen Sie mich zum Ende noch einmal festhalten: Mit der Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung setzen wir die europäischen Vorgaben resultierend aus der SUPD eins zu eins in nationales Recht um. Vor allem durch die Kennzeichnung bestimmter Einwegkunststoffprodukte tragen wir zur Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes bei, indem wir sie bildlich darauf aufmerksam machen, dass eine unsachgemäße Entsorgung erhebliche negative Auswirkungen auf unsere Umwelt haben. Und ich denke, wir sind uns alle einig, dass dies ein wichtiger Beitrag gegen die Umweltverschmutzung sein kann, denn jeder Becher, jede Zigarette, jedes Kunststoffprodukt, das unachtsam in die Umwelt geworfen wird, ist eines zu viel.