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Sybille Benning: Wir stehen für harte, überprüfbare Fakten und nicht für Agenturgeschwätz

Rede zur Zukunftsfähigkeit Deutschland im Bereich Bildung und Forschung

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Damen und Herren! Liebe geschätzte Kollegen von der FDP! Es gehört schon ein gehöriges Maß an Griesgrämigkeit dazu – so sagen wir bei uns zu Hause –, wenn man wie Sie zu dem Schluss kommt, dass hierzulande in der Bildungspolitik auf der Stelle getreten wird. Mit Verlaub: Das macht mir schon Sorgen. Das ist doch eher gekünstelte Intelligenz und leider keine menschliche Klugheit, sondern nur schnöde, partielle Wahrnehmung. Antragslyrik ist ja gut und schön, aber so kann ich das nicht stehen lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ihr Antrag will ausschließlich Ihr eigenes Programm ins Schaufenster stellen. Die bereits laufenden Aktivitäten zu vielen auch von der FDP befürworteten Vorhaben – wie der DigitalPakt, der Nationale Bildungsrat, die Neuauflage der Hightech-Strategie, die Gründung einer Agentur für Sprunginnovationen, ein Berufsbildungspakt – werden hier geflissentlich ignoriert. Dass die Liberalen den Koalitionsvertrag nicht zur Kenntnis nehmen: Na ja, mit Koalitionsverträgen haben Sie es ja auch nicht so. Geschenkt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christian Dürr [FDP]: Sie auch nicht!)

Befremdlich finde ich, dass Sie den jüngst herausgekommenen Bildungsbericht 2018 mit keiner Silbe erwähnen. Wahrscheinlich fallen dort die Ergebnisse für Ihre gelbe Schwarzmalerei zu positiv aus. Aber die Lektüre lohnt sich. Jedenfalls ist der Bildungsbericht noch immer ein Gradmesser für eine gelungene oder misslungene Bildungspolitik und nicht Ihre „Digital first, Bedenken second“-Leier.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Katja Suding [FDP]: Haben Sie es mal gelesen?)

Wir stehen für harte, überprüfbare Fakten und nicht für Agenturgeschwätz. Zu den harten Fakten gehören:

Erstens. Die Anzahl der Beschäftigten im Bildungswesen hat seit 2006 kontinuierlich zugenommen. Der größte Zuwachs ist dabei im Bereich der frühen Bildung zu verzeichnen. Die frühkindliche Bildung schafft für alle Kinder gute Voraussetzungen für erfolgreiche Bildungsbiografien.

Zweitens. Das duale Ausbildungssystem, für das wir weltweit bewundert werden, verzeichnet weiterhin Neuzugänge: rund 700 000 junge Menschen im vergangenen Jahr. Das ist nicht genug; aber wir arbeiten mit verschiedenen Maßnahmen an einem weiteren Zuwachs.

Drittens. In dieser Woche tagte erstmals das Digitalkabinett mit unserer Bundeskanzlerin, und wir haben in dieser Woche gleich zwei Enquete-Kommissionen „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ und „Künstliche Intelligenz“ auf den Weg gebracht.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Neuland!)

Bei uns ist nämlich Digital- und Bildungspolitik Chefinnensache. Anja Karliczek stellte dort die Eckpunkte der KI-Strategie vor.

(Katja Suding [FDP]: Wo ist sie denn heute?)

Viertens. Mit der Plattform „Lernende Systeme“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der angekündigten Daten-Ethikkommission hat Deutschland bereits wichtige Schritte in die Wege geleitet. Jetzt gilt es, darauf aufbauend, eine eigene Strategie für die weitere Entwicklung des KI-Standortes Deutschland zu erarbeiten.

Meine Damen und Herren, wir wissen, unsere Schulen brauchen schnelles Internet und moderne Ausstattung. Und Sie haben absolut recht: Die Zeit drängt. Die Große Koalition will die Digitalisierung aller Schulen in Deutschland so schnell wie möglich voranbringen: deshalb der gemeinsame Digitalpakt von Bund und Ländern. Das Volumen beträgt 5 Milliarden Euro des Bundes in fünf Jahren. Das ist doch was.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Geld soll sinnvoll und nachhaltig investiert werden. Mit einer Art Subvention für Endgerätehersteller, wie es in Ihrem Antrag gefordert wird, erreichen wir das sicherlich nicht.

Was die Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit modernen Endgeräten betrifft, so kann der Ansatz „Bring your own device“ eine sinnvolle Einstiegsstrategie sein, um digitale Medien fächerübergreifend in den Unterricht einzubringen; denn 92 Prozent der Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren besitzen ein eigenes Handy oder Smartphone. Wichtig ist, dass wir jetzt zügig die Grundlage dafür schaffen und gemeinsam hier im Deutschen Bundestag und mit den Ländern das Grundgesetz ändern, im Interesse unseres Landes.

(Katja Suding [FDP]: Haben Sie dafür eine eigene Mehrheit? – Gegenruf der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie redet so, als hätte sie eine Zweidrittelmehrheit!)

Die zweite und dritte Lesung ist dafür im Herbst 2018 vorgesehen. Parallel dazu wird die Bund-Länder-Vereinbarung zum Digitalpakt verhandelt, sodass dieser wirklich Anfang 2019 starten kann.

Ich stehe zum Bildungsföderalismus; das gebe ich gerne zu. Die Länder tragen auch Verantwortung, und das wird sich in Zukunft auch nicht ändern. Das vielleicht Komplizierteste am Digitalpakt ist, dass wir die Weiterbildung der Lehrer schnell voranbringen müssen, um überhaupt digitalgestützten Unterricht anbieten zu können. Das ist übrigens eine Aufgabe der Länder. Gewiss: Der Bund kann eine Cloud für Lerninhalte anbieten. Das Bundesministerium unterstützt ein Pilotprojekt des Hasso-­Plattner-Instituts zur Entwicklung eines universellen IT-Konzepts für Schulen. 27 Schulen bundesweit wirken durch praktische Erprobung an der Entwicklung mit. Eines davon ist das Hittorf-Gymnasium bei mir zu Hause in Münster.

Meine Damen und Herren, die Bereiche Lernen, Wissensaneignung und Mediennutzung werden sich durch die Digitalisierung weiter fundamental ändern, in allen Bereichen. Deswegen gibt es den Bildungsrat. Bundesministerin Anja Karliczek hat ein entsprechendes Konzept vorgestellt,

(Christian Dürr [FDP]: Ein weiterer Arbeitskreis! Weil sich die Dinge nicht ändern, machen wir einen weiteren Arbeitskreis!)

und dieses Konzept wurde vor zwei Wochen in der Kultusministerkonferenz mit den Ländern besprochen.

Mit dem Berufsbildungspakt, der Nationalen Weiterbildungsstrategie und der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes werden wir die Attraktivität der beruflichen Bildung weiter erhöhen. Ferner fördert das BMBF bereits digitale Medien im Ausbildungsalltag. Dabei dürfen wir nicht die akademische und die berufliche Bildung gegeneinander ausspielen.

(Christian Dürr [FDP]: Dafür muss es noch einen Arbeitskreis geben!)

Wichtig ist, dass jeder junge Mensch seinen Weg gehen kann und dass wir für jeden etwas anbieten können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

– Danke.

Ich komme zum Schluss. – Grundlage für jegliches politisches Handeln ist für uns Christdemokraten unser christliches Menschenbild. Auch und gerade in Zeiten politischer und technologischer Umbrüche steht der Mensch mit seiner Würde, seiner Einzigartigkeit und seiner Persönlichkeit im Mittelpunkt. Aus diesem Menschenbild heraus wollen wir auch mit der Digitalisierung gestalten. Für uns ist Digitalisierung kein Selbstzweck, sondern Instrument und Werkzeug. Das gilt gerade auch für die Bildungspolitik. Wir haben Gestaltungswillen.

(Christian Dürr [FDP]: Da muss es doch einen Arbeitskreis geben!)

Wir haben Ideen und eine zukunftsfeste Agenda.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)