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Sybille Benning: Die Digitalisierung hat viel Potenzial, eine nachhaltigere Wirtschafts- und Lebensweise zu ermöglichen

Redebeitrag zu einer nachhaltige Entwicklung bei Innovation, Bildung und Digitalisierung

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich wirklich sehr, dass wir zum ersten Mal überhaupt in einer Nachhaltigkeitswoche hier im Parlament gemeinsam diskutieren. Unser Handeln an den planetaren Grenzen der Erde und an dem Ziel „ein Leben in Würde für alle Menschen“ auszurichten, muss die Maxime für unser politisches Handeln sein. Die 17 SDGs – die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen – geben uns den Weg dafür vor.

Bildung und Forschung sind dafür in besonderer Weise wichtig und nützlich, und sie können jedes der 17 SDGs erfolgreich fördern. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, neben dem Leitantrag der Koalition für die Nachhaltigkeitswoche noch einen eigenen Antrag zum Bereich Bildung, Forschung und Innovation vorzulegen.

Im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung des Bundestages befassen wir uns immer wieder mit diesen Fragen: Wie können wir Zielkonflikte zwischen einzelnen SDGs auflösen? Und wie nutzen wir die Schnittstellen gewinnbringend? Denn Nachhaltigkeit ist ein Querschnittsthema, das alle Politikbereiche betrifft. Spätestens seit der Coronapandemie bestimmt noch ein drittes Schlagwort die Debatte: Resilienz, also: Wie widerstandsfähig oder krisenfest machen wir unsere Gesellschaft, und wie hängt das mit Nachhaltigkeit zusammen?

Ich fange mal mit der Querschnittsaufgabe an. Nachhaltige Politik meint, jedes Problem und seine Lösung von drei Seiten – nämlich der Ökologie, der Wirtschaft und dem Sozialen – gemeinsam zu betrachten. Als Christdemokraten fordern wir, möglichst Lösungen zu finden, die diese Dimensionen miteinander versöhnen, auch wenn das nicht immer möglich ist.

Voraussetzung dafür sind der Wille und die Kompetenz, verschiedene Perspektiven einzunehmen. Bildung ist in allen Etappen – von der Kita bis zur beruflichen Weiterbildung – die allererste Grundlage dafür. So ist es auch im SDG 4 formuliert: Eine hochwertige Bildung für alle, um eine mündige Teilnahme für alle an Gesellschaft und Wirtschaft zu ermöglichen.

Über Innovationen wissen wir, dass sie an den Schnittstellen von unterschiedlichen Disziplinen in der Wissenschaft und verschiedenen Perspektiven von Wissenschaft und Wirtschaft entstehen. Wenn wir Fördergelder vergeben, ist dafür in der Regel die Vernetzung von wissenschaftlichen Disziplinen, aber auch von unterschiedlichen Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft eine Voraussetzung.

Es gibt aber auch Schnittstellen, die bislang noch zu wenig genutzt werden, um nachhaltige Innovationen entstehen zu lassen. Die Schnittstelle von Digitalisierung und Nachhaltigkeit wird in Forschungsprojekten bislang zu wenig systematisch gefördert. Die Digitalisierung hat viel Potenzial, eine nachhaltigere Wirtschafts- und Lebensweise zu ermöglichen, wenn Nachhaltigkeit als Ziel von all jenen Innovatoren mitgedacht wird, die neue digitale Anwendungen entwickeln.

Digitalisierung kann jedoch auch Nachhaltigkeitszielen zuwiderlaufen, etwa der Ressourceneffizienz und der Verminderung von CO2-Emissionen, wenn sie ungesteuert erfolgt. Ich meine, dass die bisher separat arbeitenden Communities von Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsforschung viel mehr zusammenarbeiten müssen, und dafür wollen wir Förderanreize setzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Geeignete Förderinstrumente für nachhaltige Innovationen sehen wir auch in partizipativen Reallaboren, in den digitalen Experimentierfeldern der Landwirtschaft, in der Anwendung von Experimentierklauseln, aber auch in der Mobilisierung von Wagniskapital für junge innovative Unternehmen. Das wollen wir ausbauen.

Und wir fordern, dass die Hightech-Strategie, die ja schon vier Missionen zur Nachhaltigkeit enthält, künftig insgesamt auf die SDGs bezogen wird, dass technische und technologische Innovationen Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen anlegen. Das ist im besten Sinne nachhaltige Innovationsförderung. In diesem Sinne fordern wir auch eine Weiterentwicklung des Rahmenprogramms „Mikroelektronik“, das stärker auf energieeffiziente Lösungen ausgerichtet werden soll.

Die Nationale Wasserstoffstrategie, für die das Zukunftspaket der Koalition 7 Milliarden Euro vorsieht, wollen wir eng mit der europäischen Ebene, insbesondere dem Green Deal, verzahnen. Geforscht werden muss noch an einer Reihe von Fragen, etwa wie Grüner Wasserstoff in Masse produziert werden kann, wie die geeigneten Transportwege aussehen; denn ohne Import wird sich der Bedarf nicht decken lassen. In jedem Fall ist der Grüne Wasserstoff eine nachhaltige Alternative zu fossilen Energieträgern.

Bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele stößt man allerdings unweigerlich auf Zielkonflikte. Ein Beispiel ist der Ausbau der ökologischen Landwirtschaft; das ist ein berechtigtes Ziel. Wenn man es allerdings global betrachtet und sieht, dass der Bedarf an Nahrungsmitteln mit der Weltbevölkerung wächst, dann stellt sich schon die Frage: Kann diese Form der Landwirtschaft die Ernährung der Weltbevölkerung gewährleisten? Denn der Ertrag pro Hektar ist beim ökologischen Landbau eben erheblich geringer. Diese Ziele muss man gegeneinander abwägen. Und wir in der Union stehen für eine nachhaltige Politik, die einen solchen Ausgleich sucht.

Als Gesetzgeber stehen wir permanent vor Zielkonflikten. Darum finden wir es lohnenswert, zu testen, ob wir unseren Gesetzgebungsprozess verbessern können, indem wir frühzeitig den Abgleich mit den Nachhaltigkeitszielen vornehmen.

(Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Ah!)

Deswegen freuen wir uns besonders, dass wir in unserem Leitantrag eine „Nachhaltigkeitsgesetzesfolgenabschätzung“ an kommenden Gesetzesvorhaben ausprobieren können und dabei verschiedene Methoden einer solchen Prüfung wissenschaftlich evaluieren können. Ich verspreche mir von dieser Idee vor allem mehr Systematik und Transparenz dahin gehend, wie wir Zielkonflikte bewerten können.

Ich komme zum dritten Schlagwort: Resilienz. Um unsere Gesellschaft und Wirtschaft krisenfest zu machen, gibt es eine Menge zu erforschen, aber ebenso gilt es, bereits vorliegende Empfehlungen umzusetzen. Resilienz bedeutet zum einen Vorsorge treffen, zum anderen gewappnet sein, um bei eintretenden Krisenfällen gut reagieren zu können. Wir haben dafür mit dem Rahmenprogramm FONA, Forschung für Nachhaltige Entwicklung, einen erfolgreichen Förderrahmen, der dieses Jahr in die vierte Auflage geht.

Auch die Förderung des Nationalen Aktionsplans Bildung für nachhaltige Entwicklung lässt sich unter dem Aspekt der Krisenfestigkeit betrachten; denn wenn wir unser Bildungssystem so verändern, dass es Zukunftskompetenz vermittelt, sind wir alle für die Veränderungen, die auf uns zukommen, gewappnet. Ich kann gar nicht aufzählen, was dafür alles bedeutsam ist, aber ein paar Beispiele kann ich noch geben.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Wenige bitte, die Zeit ist zu Ende.

Sybille Benning (CDU/CSU):

Das Ziel muss die Mündigkeit für den Gebrauch und für die Gestaltung digitaler Technologien sein und das Bewusstsein dafür, dass die Einsatzressourcen energieeffizient sein müssen.

So, ich kürze ab; aber es ist wichtig, dass wir uns für eine solche Bildung im Sinne des SDG 4, die hochwertig, inklusiv und gleichberechtigt ist, einsetzen.

Ich sage vielen Dank; es gibt halt viel zum Thema Bildung zu sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Gott sei Dank ist das zu Ende!)