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Johannes Selle: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in seiner Vielgestaltigkeit eine erfolgreiche Mediengeschichte

Rede in der aktuelle Stunde zum Neutralitätsgebot im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegen! Die Welt und Deutschland stehen vor gewaltigen Herausforderungen, und die AfD hat eine Kindersendung gewählt, um den Deutschen Bundestag zu beschäftigen.

(Zuruf von der AfD: Zu Recht!)

Diese Freiheit haben Sie, und niemand gedenkt, Ihnen diese Freiheit zu nehmen.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Dankbar sind wir jetzt!)

In diesem Beitrag heißt es, dass die AfD findet: Es kommen zu viele Menschen nach Deutschland, und das ist schlecht für Deutschland. – Das ist genau Ihr zentrales Thema. Wir erleben in den Debatten hier im Plenum und in den Ausschüssen, dass genau zu dieser Aussage allerlei politische Themen genutzt werden, auch wenn nicht selten krampfartige Verrenkungen notwendig sind, um dieses Thema unterzubringen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie hätten heute Gelegenheit gehabt, das Gegenteil zu behaupten. Das haben Sie nicht getan. Sie haben die Gelegenheit genutzt, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk infrage zu stellen. Das ist nicht neu. So steht es auch in Ihrem Grundsatzprogramm. Das ist der wahre Kern. Dafür nutzen Sie Ihr Recht, das Thema dieser Aktuellen Stunde vorzugeben.

Dabei ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk in seiner Vielgestaltigkeit eine erfolgreiche Mediengeschichte. Wirtschaftlich unabhängig sollen dem Bürger alle Argumente und wissenschaftlichen Erkenntnisse zugänglich gemacht werden, damit er sich sein eigenes Urteil bilden kann.

(Leif-Erik Holm [AfD]: Das tut er nicht! Das wäre schön!)

Diese Rundfunkfreiheit ist sogar im Grundgesetz verankert und mehrfach durch Urteile des Verfassungsgerichts bestätigt worden.

(Abg. Franziska Gminder [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Zwei Drittel der Bevölkerung vertrauen der Berichterstattung nach einer Langzeitstudie der Uni Mainz.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ein Drittel vertraut nicht mehr!)

Damit die Qualität in einer demokratischen Gesellschaft gesichert werden kann, gibt es Gremien, die sich aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zusammensetzen. Beim ZDF sind das der Fernsehrat und der Verwaltungsrat.

(Zuruf von der AfD: Und wer sitzt da drin?)

Zusätzlich gibt es den Beschwerdeausschuss. Jeder kann sich beschweren, wenn er dazu einen Grund sieht. Es ist ein mehrstufiges Verfahren eingerichtet worden, um die Rechte des Beschwerdeführers zu wahren.

(Zuruf von der AfD: Und was bringt das?)

Als Allererstes erreicht die Beschwerde den Intendanten.

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Haben wir denn eine ausgewogene Berichterstattung? Funktioniert das?)

Dann geht es zum Fernsehrat. Dann geht es zum Programmausschuss. Und zum Schluss wird der Beschwerdeausschuss damit befasst.

Nebenbei bemerkt: Die AfD hat im letzten Jahr einen Gesetzentwurf zur Deutschen Welle vorgelegt und dabei die Zahl der Bundestagsmitglieder im Rundfunkrat von zwei auf drei erhöhen wollen, wahrscheinlich um selbst einen Platz einzunehmen.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Wir sind ja auch gewählt!)

Sie schwanken zwischen Abschaffen und Mitmachen. Sie schwanken zwischen „Höcke rausschmeißen“ und „Er gehört zur Mitte der Partei“. Sie haben einfach bei sich selbst noch viel zu klären.

Zu den vorbildlichen Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehört KiKA. Es war richtig, das Recht auf Informationsfreiheit auf die Kinder auszudehnen.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Wir können froh sein über das tolle gewalt- und werbefreie Angebot für Kinder.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Thomas Hacker [FDP])

Klar wünscht man sich vielfach mehr Berücksichtigung der eigenen politischen Überzeugungen: Wir fühlen uns zu kurz gekommen und möchten breiteren Raum zur Darstellung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben. – Und weil ich die Freiheit lebe, die wir haben, drücke ich meine Erwartungen auch aus.

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Zu Ihrer Demokratie passt die Berichterstattung sehr gut!)

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat aus meiner Sicht die Aufgabe, Demokratie und ihre Vertreter zu unterstützen. Das Ansehen der Demokratie in Deutschland und ihrer Vertreter hängt wesentlich von der Berichterstattung ab. Da wünsche ich mir mehr Mutmachen und Hinweise auf das Funktionieren der Institutionen. Deutschland ist wirtschaftlich stark und international angesehen. Egal vor welchen Herausforderungen wir stehen, wir sind besser vorbereitet als viele andere. Diese Zuversicht in Bezug auf unsere eigene mögliche Zukunft verdient öffentlich-rechtliche Unterstützung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE