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Andreas Steier: "Forschung ist und bleibt frei"

Neutralität der Wissenschaft bewahren – Politischen Druck auf Forschungsinstitute verhindern

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mir gewünscht, dass wir diese Zeit heute hier im Plenum für bessere Debatten nutzen könnten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

Denn es gibt drängendere Probleme. Da muss man hier keine Scheindebatte über politischen Druck auf die Wissenschaft führen.

Diese Aktuelle Stunde ist ein weiterer grober Versuch der AfD-Fraktion, mit der Brechstange an die Wissenschaft heranzugehen. Sie von der AfD hören es vielleicht ungern: Wissenschaft darf Ansichten von Ihnen, der AfD, widersprechen, und das tut sie auch meistens.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zuruf von der AfD: Überraschung!)

Dazu braucht es keinen politischen Druck. Es reicht oft schon der gesunde Menschenverstand. Es ist interessant, dass in dieser Runde keiner Ihrer Forschungspolitiker über Wissenschaftsfreiheit gesprochen hat. Das ist Beweis genug, dass dies nur eine Scheindebatte ist.

Forschung ist und bleibt frei. Lesen Sie es in Artikel 5 Grundgesetz nach. Dort steht es genau beschrieben. Darauf können wir alle stolz sein. Wir können stolz darauf sein, dass wir mit dem Wissenschaftsfreiheitsgesetz in Deutschland auch den außeruniversitären Forschungseinrichtungen einen flexiblen Rahmen geben, sodass sie sich frei entfalten und mit viel Eigenverantwortung die Wissenschaft vorantreiben können.

Stolz können wir auch darauf sein, dass diese Forschungseinrichtungen herausragende Arbeit leisten, gerade auch in der Pandemiebekämpfung. Unseren Forschungseinrichtungen ist zu verdanken, dass in einem noch nie gesehenen Tempo ein Impfstoff gegen Corona entwickelt wurde. Darauf sind wir hier stolz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Warum ist das gerade bei uns in Deutschland so? Weil wir von der Politik den Forschern eben nicht vorschreiben: „Ihr müsst das so und so machen“, wie Sie das vielleicht wollen. Vielmehr können sich die Forscher hier frei die Fragen überlegen, frei die Fragen stellen und auch Lösungen frei entwickeln. Die besten Ideen entfalten sich eben nur da, wo Ideen frei entwickelt werden können und nicht durch engstirnige ideologische Konzepte in gewisse Bereiche gedrängt werden. Durch dieses freie Denken ist es möglich, Ideen frei weiterzuentwickeln. So können Grenzen überwunden und auch neue Ideen und Konzepte entwickelt werden.

Das ist natürlich kein statischer Zustand, sondern die Fragen müssen immer wieder neu entwickelt werden. Das ist ein dynamischer Prozess. Im Ringen um die besten Ideen werden neue Erkenntnisse gesammelt. Dabei ist natürlich auch wichtig, zu sehen: Wissenschaft findet nicht im luftleeren Raum statt. Wissenschaft kann zwar in der Theorie Modelle entwerfen; aber Wissenschaft lebt letztendlich davon, dass diese Modelle in der Praxis, in der Realität überprüft werden. Von daher ist es richtig, dass Wissenschaft immer wieder den Austausch mit der Gesellschaft nutzt und wir auch in der Politik, auch hier, über diese Konzepte reden.

Wir von der Politik können Aufträge an die Wissenschaft formulieren und Eckpunkte gemeinsam definieren. Wir von der Politik können den Rahmen dafür geben. Letztlich aber liegt es in den Händen der Wissenschaft, im Wettstreit um die besten Ideen, Lösungen zu finden und Erkenntnisse zu liefern. Erst dann sind wir von der Politik wieder gefragt. René Röspel hat es eben gesagt: Wir können diese Erkenntnisse nutzen; wir können uns aber auch frei entscheiden, etwas anderes zu nutzen. – Unsere Aufgabe ist es, den bestmöglichen Transfer dieser Ergebnisse in die Gesellschaft und die Wirtschaft zu ermöglichen.

Ich könnte in der letzten Minute meiner Redezeit viele Beispiele dafür nennen. Ich möchte aber nur ein zentrales Beispiel anführen, wo wir die entscheidenden Weichen gestellt haben: Mit dem Pakt für Forschung und Innovation hat die unionsgeführte Bundesregierung die Weichen richtig gestellt. Wir haben in den letzten 15 Jahren immer wieder mehr Milliarden gerade in die außeruniversitären Forschungseinrichtungen investiert. Dadurch sind kluge Köpfe nach Deutschland gekommen, und dadurch ist es uns gelungen, auch auf den entscheidenden Forschungsfeldern mit an der Weltspitze zu sein. Die Entwicklung des Coronaimpfstoffs ist nur ein Beispiel von vielen.

Uns ist es natürlich wichtig, immer wieder zu prüfen: Wo kann es noch Verbesserungen geben? Wir haben in dieser Legislatur Eckpunkte beschlossen, um den Pakt für Forschung und Innovation weiterzuentwickeln. Ein zentraler Punkt ist der Transfer in weitere, in andere Wissenschaftsbereiche, der Transfer in Köpfe, der Transfer in Start-ups wie BioNTech, der Transfer in Unternehmen, aber auch der Transfer in die Gesellschaft. Durch die systematische Herangehensweise können wir viel mehr erreichen als durch eine populistische Debatte wie diese, die wir in dieser Aktuellen Stunde führen.

Last, but not least – Corona ist auch da wieder das beste Beispiel –: Schaut man in die Welt, stellt man fest, dass dort, wo Populisten wie Trump oder Johnson die Politik gestalten, die Fallzahlen und Todeszahlen – leider – am höchsten sind. Dort aber, wo Vernunft und aufklärerische, wissenschaftliche Erkenntnisse Leitfaden der Politik sind, ist man am besten durch die Pandemie gekommen. Der Erfolg gibt uns Recht.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)