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Uwe Feiler: 70 % der jungen Menschen votieren für die Europäische Union

Keine EU-Steuern, für Sparsamkeit bei dem mehrjährigen Finanzrahmen der EU

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute über den Antrag einer Fraktion, die dafür bekannt ist, gerne Ängste zu schüren und Halbwahrheiten zu verbreiten.

(Zurufe von der AfD: Oh! Oh!)

Diese Angst findet sich auch im vorliegenden Antrag an vielen Stellen wieder.

Sie haben zum Beispiel Angst, dass der künftige mehrjährige Finanzrahmen der Europäischen Union dazu führt, dass die Zustimmung bzw. die Akzeptanz gegenüber der EU sinkt; ein Ziel, das Sie, wie man eben hören konnte, durchaus verfolgen. Sie haben auch Angst, dass die Gelder nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden. Sie haben Angst, dass beim Agrarbudget und bei den Kohäsionsfonds nicht genügend gekürzt wird. Meine Damen und Herren, Angst ist kein guter Ratgeber, und gute Politiker wirken Ängsten entgegen.

Ich kann Sie beruhigen: Die Wirklichkeit ist eine andere. Die Zustimmung zur EU steigt von Jahr zu Jahr. Bei einer Abstimmung über die EU-Mitgliedschaft Deutschlands würden laut neuester Umfrage aus dem Mai dieses Jahres 70 Prozent der jungen Menschen für die Europäische Union votieren. Nur 12 Prozent lehnen die EU gänzlich ab.

(Zuruf von der AfD: Warten Sie mal die Wahlergebnisse nächstes Jahr ab!)

Es geht also darum, diese hohe Zustimmung auch bei allen anderen Altersgruppen weiter auszubauen und den europäischen Gedanken zu stärken.

(Beifall des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Meine Damen und Herren, die größten Kostenblöcke sind tatsächlich die Bereiche Agrar und Kohäsion. Im aktuellen Vorschlag der EU-Kommission ist hier bereits eine Kürzung von 5 bis 7 Prozent vorgesehen. Beide Punkte sollen künftig nur noch 60 Prozent des künftigen Etats ausmachen. Weitergehende Kürzungen halte ich im Sinne Deutschlands auch für schwer vermittelbar. Die bereits geplanten Kürzungen haben Auswirkungen auf die bestehenden Agrarunternehmen in unserem Land. Manche bezweifeln bei den Direktzahlungen an unsere Landwirte einen europäischen Mehrwert. Nach ihm soll sich der EU-Haushalt ja künftig ausrichten.

Für mich liegen qualitativ hochwertige Agrarprodukte, eine sichere Versorgung der Bevölkerung und dadurch auch ein gestärkter ländlicher Raum im Interesse der Europäischen Union, ja im Interesse Deutschlands. Jeder Abgeordnete eines ländlich geprägten Wahlkreises wird Ihnen das bestätigen können. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass dieser Abgeordnete außerhalb der Sitzungswochen auch in seinem Wahlkreis unterwegs ist und mit den Menschen seines Wahlkreises redet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, ein Punkt, der uns als Unionsfraktion immer wichtig war, ist eine weitere Möglichkeit der Förderung aller Regionen. Erfreulicherweise ist dies im Vorschlag der EU-Kommission auch so verankert. Ohne die europäischen Struktur- und Investitionsfonds sähe es gerade in Ostdeutschland ganz anders aus. Die Erfolge kann man nicht nur bei uns sehen. Die neuen EU-Staaten haben sich wirtschaftlich sehr erfreulich entwickelt. Das muss auch weiterhin möglich sein.

Neben den Reformen des bestehenden Systems werden auch immer weitere neue Aufgaben Richtung EU hinzukommen. Sicherheit ist für viele Menschen das Thema Nummer eins. Da kann ich den geplanten Ausbau des europäischen Grenz- und Küstenschutzes nur befürworten. Unsere EU-Küsten, meine Damen und Herren, haben eine Länge von knapp 65 000 Kilometern, und die Landgrenze misst circa 13 000 Kilometer. Obwohl wir also viel mehr zu schützen haben als beispielsweise die USA, geben wir nur einen Bruchteil für diesen Schutz aus. Trotz der nun geplanten 3,5 Milliarden Euro jährlich für diese notwendigen Maßnahmen liegen wir immer noch weiter unter den Ausgaben der USA. Auch dieser Posten hat einen wichtigen europäischen Mehrwert; er dient letztlich der Sicherheit aller Menschen in der EU und ist nationalstaatlich nicht zu lösen.

(Zuruf von der AfD: Ungarn macht es!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben ein gut funktionierendes Eigenmittelsystem. Neue Aufgaben kommen hinzu, und wir kürzen wesentlich an anderer Stelle. Neue EU-Steuern sind derzeit nicht nötig und schwer vermittelbar.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Aha, „derzeit“!)

Im Hinblick auf eine gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage und eine EU-weite Finanztransaktionsteuer, wie sie Wolfgang Schäuble vorgeschlagen hat, sollten wir aber weiter gesprächsbereit bleiben. Das angebliche Entreißen deutscher Haushaltssouveränität, wie es in Ihrem Antrag so schön beschrieben ist, ist aus meiner Sicht reine Panikmache, entspricht nicht der Realität und ist Teil kruder Verschwörungstheorien.

Deutschland muss und wird an dieser Stelle zu seiner finanziellen Verantwortung für Europa stehen. Ich persönlich halte 1 Prozent des Steueraufkommens des Bundes – im Übrigen ganz ohne Angst – für gerechtfertigt, um ein sicheres und soziales Europa in Frieden, Freiheit und Wohlstand zu gewährleisten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)