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Stefan Sauer: "Rohstoffe sind die Grundlage unserer Volkswirtschaft"

Rede zu Rohstoffversorgung der deutschen Industrie

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste auf der Besuchertribüne! Unter der Überschrift „Entwicklungszusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen konzipieren – Rohstoffversorgung der deutschen Industrie sicherstellen“ kündigte sich eigentlich ein vielversprechender Antrag der AfD an.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Ja, es geht um Rohstoffe. Rohstoffe sind die Grundlage unserer Volkswirtschaft, und wenn es der Volkswirtschaft nicht gut geht, dann ist es auch um unseren Wohlstand nicht gut bestellt. Als wir Dienstagabend den Antrag bekamen, waren wir schon sehr enttäuscht, und die Ausführungen eben, Herr Dr. Maier, führten nicht viel weiter.

(Beatrix von Storch [AfD]: Enttäuschungen haben Hochsaison!)

Sie greifen auf Unterlagen zurück, die etwas älter sind,

(Zuruf von der CDU/CSU: Erwartungsgemäß!)

und Sie beschreiben – so entsteht zumindest der Eindruck – China als ein Vorbild für Entwicklungszusammenarbeit. Das hat etwas mit einer neuen Form von Kolonialismus zu tun, und dies ist mit uns nicht umzusetzen.

Darüber hinaus – das ist typisch für Ihre Anträge – agieren Sie wieder mit Unsicherheit, mit Sorgen; Sie unterstellen Staatsversagen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Das stimmt ja auch!)

Es werden Existenzängste aufgebaut. Das gelingt Ihnen eben bei dem Thema Rohstoffe auch so gut, weil der Rohstoffmarkt natürlich nicht konstant ist: Er ist geprägt von Preisspitzen, von Lieferengpässen, und es gibt auch Marktkonzentrationen.

Dass Sie es aber auch noch fertigbringen, zu schreiben, die deutsche Wirtschaft scheitere langfristig daran, sich mit Seltenen Erden zu versorgen, und auch noch den Bundesverband der Deutschen Industrie vor Ihren Karren spannen, indem Sie sagen, hier würden höhere politische Priorisierungen gefordert, ist etwas aus der Zeit; denn diese Forderung stammte vom Juli 2018. Würde es Ihnen wirklich um eine Rohstoffstrategie gehen, dann hätten Sie zumindest erkannt, worauf die Forderung damals zielte. Es ging darum, die Versorgungssicherheit zu stabilisieren, indem man sie auf drei Säulen stellt: Importrohstoffe, deren Volumen 2017 162 Milliarden Euro betrug, die heimischen Rohstoffe, die mit 12 Milliarden Euro zu Buche schlagen, und vor allem – das ist die dritte Komponente – Recycling der Rohstoffe; denn gut sind die Rohstoffe, die wir gar nicht verbrauchen.

Herr Dr. Maier, Sie sprechen von einem Tiefschlaf der Regierung. Ich habe die Sorge, dass Sie die Rohstoffstrategie noch gar nicht kennen. Sie ist eine Fortentwicklung aus 2010. Die 2020er-Version hat weite Teile der Forderungen des Bundesverbandes aufgenommen. Der Bundesverband ist damit auch zufrieden. Wesentliche Ideen finden vor allem ihren Niederschlag in der Ausrichtung an einer internationalen Kooperation anstelle eines nationalen Alleinganges. Aus der Sicht der CDU/CSU-Fraktion ist die Rohstoffstrategie gelungen, und zwar auch deshalb gelungen, weil sie ein zwischen dem Ministerium für Wirtschaft und Energie sowie dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung abgestimmtes Produkt ist.

Das Leitmotiv, das damals schon galt, dass in erster Linie die Unternehmen für ihre Rohstoffversorgung verantwortlich sind, gilt weiterhin; denn die Regierung hat lediglich politisch flankierende Maßnahmen zur Stabilisierung des Prozesses beizutragen. Also ein marktwirtschaftlicher Ansatz. Basis ist der freie und faire Welthandel. Das ist für uns ein gutes Ordnungsprinzip.

Dass die Strategie 2020 fortgeschrieben wurde, war erforderlich, weil sich der Rohstoffbedarf durch technologische Entwicklungen verändert – wir denken hier an die Elektromobilität oder die Energieversorgung – und sich auch das Bewusstsein gewandelt hat. Es gab ein gesteigertes Bewusstsein für Umwelt-, Sozial- und Arbeitsstandards sowohl bei der Gewinnung als auch beim Handel sowie für Sorgfaltspflicht bei den Lieferketten; ich denke hier an das Lieferkettengesetz, das bereits in der Diskussion ist. Aber auch, dass wir marktbeherrschenden Situationen entgegenwirken müssen, hat die Fortschreibung gerechtfertigt.

Sie sprechen von einem gegenseitigen Nutzen. Auch dieser gegenseitige Nutzen ist in drei Positionen deutlich zum Ausdruck gebracht, zum einen darin, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie gestärkt werden soll, um auch Arbeitsplätze zu erhalten, dann darin, dass Partnerländer der Entwicklungspolitik dabei unterstützt werden, damit sie ihren Rohstoffreichtum auch für ihre eigene Entwicklung nutzen, und darin, dass die nachhaltige Entwicklung sowohl im Umwelt- als auch im sozialen Bereich in den Vordergrund gestellt wird.

Sie nennen zwei Punkte, die schon sehr ernüchternd sind. Sie beschreiben in Punkt 5 und 6 Ihrer Forderungen, dass die öffentliche Hand sich beim Aufbau notwendiger Infrastruktur – Straßen, Eisenbahnen, Häfen und dergleichen – beteiligen möge und dass das Kapital als Kredit den Nehmerländern zur Verfügung zu stellen ist. Das ist genau die Herangehensweise, wie China sich zurzeit die Welt zu eigen macht. Das gilt etwa für die Seidenstraße, die 2013 vorgestellt wurde: 60 Länder werden vernetzt, in Asien, Europa, Afrika. Ein Großmachtstreben steht dahinter. Bereits Ende 2018 waren mit 90 Ländern Kooperationsabkommen vereinbart. Die finanzielle Abhängigkeit, die geschaffen wird, gibt den Entwicklungsländern niemals mehr die Chance, eigenständig zu handeln. Es sollen Häfen gebaut werden, die dann von den Chinesen selbst betrieben werden. Das kann und soll nicht unser Modell sein. Deshalb werden wir dies auch in der Form nicht unterstützen.

(Zurufe von der AfD)

Dass Sie sogar davon ausgehen, dass man über Infrastrukturengagement und weitere Entwicklungsprojekte Gewinne erzielen und sie reinvestieren könnte, ist schon abenteuerlich. Ich glaube, da haben Sie die eine oder andere Sitzung unseres Ausschusses tatsächlich nicht besucht.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben null Sitzungen besucht!)

Da könnte man den Eindruck gewinnen und zu der Erkenntnis kommen, dass die AfD eine Sicht hätte, die nicht in die Welt passt. Sie tragen weder mit der Arbeit, die Sie abliefern, noch mit dem, was Sie argumentativ heute beigetragen haben, dazu bei, dass wir gute Ergebnisse erzielen können. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)