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Peter Stein: "Die partnerschaftliche Zusammenarbeit liegt mir sehr am Herzen"

Rede zu Rohstoffversorgung der deutschen Industrie

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass es den menschengemachten Klimawandel gibt, dann ist das die seit Jahren anhaltende Dürre in den Anträgen der AfD zur Entwicklungspolitik.

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Man möchte sagen: Herr, lass Hirn regnen, damit diese Dürre mal irgendwann beendet wird.

(Beatrix von Storch [AfD]: Das war aber irre komisch!)

Die AfD möchte hier wieder die Entwicklungspolitik missbrauchen. Sie möchte sie nutzen, um die Rohstoffversorgung der deutschen Industrie sicherzustellen; so liest man es bereits in der Überschrift. Am besten solle man es China gleichtun und sich von – so heißt es in Ihrem Antrag – ideologischen Zielen und einer moralischen Haltung lösen.

Sie von der AfD sprechen von „zweck- und realitätsfremden Anspruchshaltungen“, wir von den Regierungsfraktionen sprechen in der Entwicklungspolitik von Partnerschaft auf Augenhöhe. Sie von der AfD wollen einen deutschen Rohstoffbeauftragten, der geeignete Fördergebiete in Entwicklungs- und Schwellenländern identifizieren soll, wir Christdemokraten wollen den Zielländern eine Zusammenarbeit anbieten, eine Zusammenarbeit, die uns den Zugang zu Märkten unter gegenseitig fairen Bedingungen eröffnet und die den Ländern im südlichen Teil dieser Welt eine vollständige Produktionskette aufbauen hilft und Jobs für die oft sehr junge Bevölkerung schafft.

Werte Kollegen, wir haben den ausbeuterischen Rohstoffkolonialismus des letzten Jahrhunderts als Fehler verstanden und wollen ihn international endgültig beenden. Sie wollen mit einem Beauftragten einen deutschen Chefausbeuter einrichten. Und damit nicht genug: Sie fordern auch noch, dass sich die deutsche Entwicklungszusammenarbeit auf den Bau von Infrastruktur zu begrenzen habe, mit dem Ziel, die Rohstoffe leichter nach Deutschland bringen zu können – sozusagen eine deutsche „Belt and Road“-Initiative. Ich glaube, da übernehmen Sie sich wirklich deutlich.

Ja, Deutschland ist natürlich abhängig von Rohstofflieferungen; wir sind aber auch abhängig von einer guten wirtschaftlichen Gesamtentwicklung in den Zielländern: ohne stabile, prosperierende Absatzmärkte kein Export. Gerade die rohstoffreichen Länder Afrikas müssen mit unserer Partnerschaft ihren eigentlichen Reichtum bei sich selbst investieren: in Industrie, Dienstleistungen, Sozialsysteme, Jobs und auch in Bildung. Deutschland wird in Zukunft nur dann global bestehen, wenn auch in unseren Partnerländern unser Wohlstandsniveau, unsere Umwelt- und Arbeitsstandards und unsere Rechtsstaatlichkeit erreichbar werden.

Ich wiederhole daher, dass ich sehr dankbar bin, dass wir heute später am Tag bei einem anderen Tagesordnungspunkt über die wichtigen Themen Lieferketten und Rohstoffsicherheit auf vernünftige und nachhaltige Art und Weise sprechen werden.

Deutschland kommt dabei als globalem Akteur und als Exportnation eine bedeutsame Verantwortung zu; das dürfte eigentlich unstrittig sein. Sie von der AfD jedoch formulieren hier nichts anderes als ein – es wurde schon gesagt – „Germany first“, und das unter Wirtschaftskolonialstrukturen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Allerdings!)

Ich weise Sie jedoch darauf hin: An diesem „First“-Denken sind schon größere Nationen gescheitert. Und auch für das Deutschland, das sich einige in Ihren Reihen vorstellen, hat es zum Glück nicht für 1 000 Jahre gereicht.

(Beifall des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Bundesregierung kommt unserer demokratischen und wirtschaftlichen Verantwortung mit der Rohstoffstrategie nach; auch das wurde bereits von meinem Kollegen Sauer ganz klar herausgearbeitet. Wir als Unionsfraktion fühlen uns im Kontext der globalen Zusammenhänge der Einhaltung der SDGs, den Lebensbedingungen der Menschen, unserem Planeten und dabei natürlich auch der Wirtschaft verpflichtet.

Mir liegt die partnerschaftliche Zusammenarbeit gerade auch mit Rohstoffländern aus entwicklungspolitischer, aber auch aus wirtschaftlicher Sicht sehr am Herzen, und es tut mir schon sehr weh, wenn ich sehe, wie Sie eine Fairness in der Zusammenarbeit hier geradezu verweigern wollen. Wir haben in vielen Ländern durch unsere partnerschaftlichen Ansätze gerade in den letzten Jahren hier große Fortschritte erlebt. Ich erfahre dabei überall in der Welt viel Anerkennung gegenüber Deutschland für unsere fairen Kooperationsbedingungen. Ganz ehrlich, von diesen Standards möchte ich nicht einen Millimeter nach rechts abrücken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP und des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir stärken mit unserer Politik die lokale Wertschöpfung, den Privatsektor sowie die Zivilgesellschaft vor Ort. Wir motivieren zur guten Regierungsführung – das klappt nicht immer, aber wir motivieren – und schaffen dafür die entsprechenden Anreize. Wir stärken die Ausbildung und Forschung vor Ort und sorgen für einen fairen Technologietransfer und für Partnerschaft auf Augenhöhe. Und ich verwahre mich – ich denke, im Namen aller demokratischen Fraktionen – gegen jeden Versuch, die heutige Form unserer Entwicklungszusammenarbeit in der von Ihnen geforderten Art und Weise zu rekolonialisieren.

Unser Weg ist der einzige und wahre im nationalen Interesse Deutschlands.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Beatrix von Storch [AfD]: Haben Sie gerade „nationales Interesse“ gesagt? Oh mein Gott!)