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Nikolas Löbel: "Deutschland verzichtet aktiv auf Atomwaffen"

Atomare Abrüstung voranbringen – Überprüfungskonferenz zum Erfolg führen

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Atomare Abrüstung und internationale Rüstungsbeschränkung – diese Themen sind es wert, dass wir heute einmal mehr darüber beraten. Ob es aber der Sache dienlich ist, dass wir innerhalb von zwei Wochen die gleiche symbolische Debatte zum AVV führen, will ich infrage stellen.

Eine handlungsfähige Bundeswehr, eingebunden in eine starke NATO, Auslandseinsätze im Verbund mit europäischen und internationalen Partnern, gestärkt durch eine humanitäre Entwicklungspolitik und eine durchsetzungsstarke Diplomatie und nukleare Teilhabe: All diese Mittel deutscher Außen- und Sicherheitspolitik sind für uns als Unionsfraktion kein Selbstzweck, sondern Bestandteile einer etablierten Sicherheitsarchitektur.

Der Kollege Andreas Nick hat schon darauf hingewiesen, dass wir seit der Unterzeichnung der Pariser Verträge 1955 zu einem Versprechen und einer Aussage stehen: Deutschland verzichtet aktiv auf Atomwaffen. Aber – und das ist der Unterschied – wir laufen nicht blind durch die Gegend, sondern richten einen realistischen Blick auf die Gegenwart und auf ein mögliches Gefährdungspotenzial. Uns unterscheidet, dass wir einen klaren realistischen Blick auf die jetzige Sicherheitsarchitektur haben.

Nach dem Verständnis einiger liegt der Schlüssel zu einer atomwaffenfreien Welt einzig und allein im Atomwaffenverbotsvertrag. Sie weisen dabei ja immer wieder auf den Brief zahlreicher ehemaliger Außen- und Verteidigungsminister hin, die den Aufruf zu einem Beitritt zum AVV unterzeichnet haben. Mich wundert es, dass Sie sich nicht selbst mal fragen, warum eigentlich nur ehemalige Regierungsmitglieder so handeln und warum diese Unterzeichner nicht zu ihrer aktiven Zeit diese Position eingenommen haben. Einer der guten Gründe dafür ist und bleibt die etablierte Systemrelevanz von nuklearer Teilhabe.

An dieser Stelle möchte ich an die Ausführungen des Kollegen Kiesewetter von vor zwei Wochen erinnern, der, wie ich finde, es sehr treffend auf den Punkt gebracht hat, als er sagte: Zweck der nuklearen Teilhabe ist die Einschränkung der Verbreitung von Kernwaffen in den europäischen NATO-Staaten, indem sie eben regelt, dass nur fünf dieser Staaten Nuklearwaffen in ihrem Territorium stationieren dürfen.

Man kann diese Ordnung, wenn man sich das wünscht, moralisch aufbrechen, aber dadurch wird man nicht weniger Atomwaffen erreichen.

Der Atomwaffenverbotsvertrag wurde eben ohne die Atommächte und ohne die NATO-Staaten besprochen, verhandelt und abgeschlossen. Es ist auch nicht zu vermuten, dass eine der neu erklärten Atommächte dem Vertrag beitritt. Nukleare Abrüstung ist kein Bereich, in dem man mit einseitigen Zugeständnissen Fortschritte erreichen kann. Sie müssen immer reziprok, immer wechselseitig, erfolgen. Selbst wenn alle NATO-Staaten morgen einen Verzicht auf ihre nuklearen Fähigkeiten erklären würden: Ich glaube, das würde weder Russland noch Indien noch China noch Pakistan zu einem nennenswerten Umdenken führen.

Die Debatte hier ist symbolisch geprägt. Ich glaube, wir brauchen mehr internationale Sicherheitsarchitekturen. Wir brauchen wieder mehr handfeste Werkzeuge wie den INF, wie das JCPoA, wie den NVV, wie New START oder wie Open Skies. Der AVV ist und bleibt aber ein untauglicher Versuch, für weniger Atomwaffen auf der Welt zu sorgen. Deswegen lehnen wir diesen Antrag heute ab.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Markus Grübel [CDU/CSU]: Guter Mann!)