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Jürgen Hardt: Pro 1.000 Einwohner werden etwa 20 Polizisten und Soldaten gebraucht

Beteiligung bewaffneter deu. Streitkräfte am NATO-geführten Einsatz für die Ausbildung, Beratung, Unterstützung in Afghanistan

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr ist in der Tat der schwierigste und längste Einsatz. Diejenigen, die schon länger im Deutschen Bundestag sind, wissen, dass er ein ständiger Begleiter unserer Arbeit ist, nicht nur, wenn wir über das Mandat reden, sondern auch, wenn wir uns mit der Situation in diesem Land und der Situation unserer Soldaten in diesem Land befassen.

Es ist jetzt ziemlich genau acht Jahre her, dass ich zum ersten Mal als frisch gewählter Abgeordneter in Afghanistan war. Wir haben unser Hochgebirgslager in Faizabad besucht. Dort stand die Charlie-Kompanie des Bataillons. Sie haben gesagt: Wir sind hier in Reserve, weil unsere Kameraden von der Alpha-Kompanie gemeinsam mit dem afghanischen Kandak südlich Kunduz gegen die Aufständischen kämpfen. Dann sind wir mit dem Hubschrauber gestartet. Als wir in Termes gelandet sind, haben wir erfahren, dass vier von den Soldaten gerade in der Zeit, in der wir im Hubschrauber waren, gefallen sind. Bijan Djir-Sarai und andere waren damals dabei.

Das hat meine Auffassung, meine Sicht der Dinge geprägt. Deswegen war ich heilfroh, dass der ISAF-Einsatz, der auch deutsche Soldaten, aber natürlich nicht nur deutsche Soldaten das Leben gekostet hat, viele auch die Gesundheit, Anfang 2015 in die Phase RSM, Resolute Support Mission, übergegangen ist und die Bundeswehr nicht mehr an der Seite afghanischer Kräfte kämpft, sondern die Ausbildung von Ausbildern betreibt.

Unglücklicherweise haben wir möglicherweise die Herausforderung unterschätzt. Möglicherweise sind wir mit einem zu geringen Ansatz hineingegangen.

Deswegen finde ich es gut, dass die Bundesregierung die Konsequenzen zieht und sagt: Wir können mehr tun für die Ausbildung afghanischer Streitkräfte, und deshalb erhöhen wir die Zahl der eingesetzten Soldaten, in erster Linie zum Schutz unserer Ausbilder vor Ort, dass diese häufiger und leichter von dem Camp, in dem sie leben, in die Ausbildungszentren der afghanischen Streitkräfte kommen können. Vor allem zu diesem Zweck soll die Zahl der Soldaten in dem Mandat erhöht werden. Wir, die CDU/CSU-Fraktion, sind der Meinung, dass das richtig ist.

Wir haben natürlich Fragen an die afghanische Regierung, wie es weitergeht. Wir sehen: Das Glas ist eindeutig halb voll. Wir sehen auch, dass das Land vorankommt. Aber wir glauben, dass bestimmte Probleme noch nicht gelöst sind; Probleme im Übrigen, die nicht militärisch zu lösen sind, sondern für die es politische Lösungen braucht.

Die afghanische Regierung hat es mit, grob gesagt, zwei verschiedenen Arten von Aufständischen zu tun. Die einen sind die Taliban, die inländischen Kämpfer. Hier wird es sicherlich keine andere Lösung geben, als die Gutwilligen und Bereitwilligen unter diesen Kämpfern, die Mitläufer, in den Staat zu integrieren, ihnen Arbeit und eine Zukunft im Lande zu geben und sie so von den Taliban, den terroristischen Kräften, zu lösen.

Die anderen sind die ausländischen Kämpfer. Es gibt in diesem Land eine große Zahl von ausländischen Terroristen, Foreign Fighters, die in diesem Land für Unfrieden sorgen. Diese muss man militärisch bekämpfen, aber man muss sie auch austrocknen. Diese Foreign Fighters leben zum Beispiel vom Drogenhandel und von Schutzgelderpressung, und sie werden dabei getragen von Korruption im Staatsapparat und in der Polizei. Als Herr Athmar, der Sicherheitsberater der afghanischen Regierung, diese Woche in unserer Arbeitsgruppe war, hat er ganz klar gesagt: Im Bereich der Korruptionsbekämpfung muss noch mehr geschehen, weil korrupte Verwaltungsbeamte letztlich den Boden bereiten für die Geschäfte, die ausländische Terroristen in diesem Land machen.

Die Frage ist auch, wie das Land konsequent dagegen vorgehen kann, dass nach wie vor ein großer Teil der Drogenproduktion aus diesem Land kommt. Die Bauern haben nur einen ganz kleinen Anteil an den Erlösen des Drogenhandels. Deswegen glaube ich, es wird nötig sein, mit internationaler Hilfe ein klares Konzept dafür zu entwickeln, dass die Bauern, die heute noch Opiumfelder, also Mohnanbau, betreiben, zukünftig etwas anderes anbauen können, was unschädlich, aber wertvoll und nützlich ist, zum Beispiel Safran, der dann auch als Exportprodukt verwendet werden kann. Hier werden wir, Deutschland und die Völkergemeinschaft, in den nächsten Monaten weitere Anstrengungen unternehmen müssen, um diesen Prozess des Wandels zu begleiten.

Aber an der Ausbildung von Sicherheitskräften des afghanischen Staates führt kein Weg vorbei. Herr Athmar hat auch eine ungefähre Zahl genannt. Er hat gesagt: Wir brauchen pro 1 000 Einwohner etwa 20 Polizisten und Soldaten. Das ergibt eine Zahl von insgesamt 600 000, die deutlich über dem liegt, was 2010 in London als ausreichend erachtet wurde.

Deswegen ist dieses Mandat sinnvoll, notwendig und sollte fortgesetzt werden. Ich bitte Sie um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU/CSU)