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Jürgen Hardt: Deutschland wird in der internationalen Politik weiter aktiv entscheidende Rollen übernehmen

Redebeitrag zur Bilanz der deutschen Mitgliedschaft im VN-Sicherheitsrat 2019/2020

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt mit Herrn Hampel kein kleines Seminar über Völkerrecht halten –

(Ulrich Lechte [FDP]: Das habe ich schon beim letzten Mal gemacht!)

die Rede, die wir gerade gehört haben, war intellektuell eine ziemliche Tiefflugübung –, sondern mich dem eigentlichen Thema zuwenden.

Deutschland hat in den zwei Jahren Mitgliedschaft im Sicherheitsrat aus meiner Sicht die hohen Erwartungen,

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Übererfüllt!)

die die Partnerinnen und Partner der UN an uns gerichtet haben, erfüllt. Wir haben mit dem hervorragenden Ergebnis der Wahl zum nichtständigen Mitglied Erwartungen geweckt. Ich glaube, dass wir diesen Erwartungen trotz aller Schwierigkeiten gerecht geworden sind.

Die eine Schwierigkeit besteht darin, dass wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten verstärkt erleben, dass Vetomitglieder des UN-Sicherheitsrates dieses Veto rücksichtslos nutzen, wenn sie selbst betroffen sind. Ich denke da an den Konflikt in Syrien, die Situation im Südkaukasus, an Libyen und natürlich an den Konflikt in der Ukraine. Die Vereinten Nationen sind nur so stark, wie die fünf ständigen vetoberechtigten Mitglieder im Sicherheitsrat ihrer Verantwortung gerecht werden. Die Vereinten Nationen sind der Ort, wo internationale Konflikte möglichst auf friedliche Weise beigelegt werden. Wenn man dies durch den Missbrauch von Veto bzw. einen vetogestützten Einfluss schwächt, untergräbt man das Fundament dieser Institution. Wir dürfen nicht müde werden, das in den einzelnen Fällen zu benennen, wenn dem so ist.

Ich glaube im Übrigen, dass Deutschland sich anschicken sollte, eine Reform der Vereinten Nationen weiter offensiv zu unterstützen, aber für den Fall, dass uns das in den nächsten Jahren nicht gelingt, sich durchaus wieder um einen nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat bewerben und dazu mit entsprechenden Partnernationen Absprachen treffen sollte.

Ich glaube, dass die Vereinten Nationen in den nächsten Jahren in einem Punkt deutlich gestärkt werden könnten. Wir hatten bisher einen amerikanischen Präsidenten, der offen gegen multilaterale Lösungen von Weltkonflikten war. Wir werden zukünftig einen Präsidenten haben, der nicht in Worten, sondern auch durch das, was er bereits als Vizepräsident gezeigt hat, klar zu diesen multilateralen Lösungsansätzen steht. Dass die designierte UN-Botschafterin der Vereinigten Staaten von Amerika Linda Thomas-Greenfield wieder einen Kabinettsrang in Washington bekommen soll, ist, glaube ich, ein klares positives Zeichen in diese Richtung.

Ich finde, dass es Deutschland gut gelungen ist, die europäische Geschlossenheit sicherzustellen. Wir haben mit unseren europäischen Partnern, auch mit den nichtständigen Mitgliedern Belgien und Estland, vertrauensvoll zusammengearbeitet. Das ist auch Teil der Antwort, die wir unseren Freunden in Israel geben, wenn es um entsprechende Resolutionen geht. Wir haben leider eine starke Mehrheit gegen Israel, die von außen orchestriert und organisiert wird, auch mit Druck auf Staaten. Wir sind uns mit vielen politischen Kräften in Israel einig, dass Deutschlands Rolle auch darin bestehen muss, zu erreichen, dass entsprechende Resolutionen abgeschwächt oder gar verhindert werden. Dafür muss Deutschland erstens sicherstellen, dass es idealerweise eine gemeinsame europäische Position gibt, und zweitens im Zweifel auch bereit sein, den einen oder anderen Kompromiss einzugehen. Ich bin sicher, dass wir jedes einzelne Abstimmungsverhalten Deutschlands zum Thema Israel in den Gremien der UN gegenüber unseren israelischen Freunden guten Gewissens begründen können.

Der nächste Punkt, der mir wichtig ist – das ist hier in mehreren Redebeiträgen angeklungen –, ist das Thema „Frauen in der Außenpolitik“ bzw. die Rolle der Frauen, wenn es um den Frieden in der Welt geht. Wenn wir auf die Länder der Erde gucken, die politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich unter ihren Möglichkeiten bleiben – um es einmal vorsichtig zu formulieren –, sind es allermeist Länder mit patriarchischen Gesellschaften, in denen die Frauen nicht ihren gebührenden Anteil an der gesellschaftlichen Entwicklung haben.

(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])

Ich bin fest davon überzeugt: Wenn wir die Frauen der Welt ermutigen – damit blicke ich zum Beispiel in den Mittleren Osten, aber auch nach Afrika, ja auch nach Lateinamerika –, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen und sich in die politischen Prozesse in ihren Ländern und in der Weltpolitik einzumischen, dann werden wir eher zu einer guten und friedlichen Welt kommen, als das heute der Fall ist. Deswegen, glaube ich, ist es eine richtige Themensetzung gewesen, die wir da vorgenommen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Deutschland wird in der internationalen Politik weiter aktiv entscheidende Rollen übernehmen. Wir haben gegenwärtig den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarates. Wir bemühen uns um personelle Verstärkung aus Deutschland für die OSZE. Und wir werden übernächstes Jahr bei der G 7 die Präsidentschaft haben. Es gibt international viel zu tun. Dem Außenminister und der Bundesregierung alles Gute dafür!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)