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Henning Otte: Wir nehmen die Verantwortung für unsere Soldatinnen und Soldaten wahr

Rede zur Beschleunigung des Vergabeverfahrens

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Insbesondere die letzte Rede hat wieder deutlich gemacht, wie wichtig es ist, Verantwortung zu übernehmen. Wer die Ausstattungssituation bei der Bundeswehr kritisiert, der muss auch bereit sein, Politik gestaltend durchzuführen.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie regieren seit 15 Jahren!)

Wir müssen die Vergabeordnung ändern, damit das Material bei den Soldatinnen und Soldaten schneller ankommt. Deswegen machen wir dieses Gesetz. Dieses Gesetz hilft eindeutig; es ist ein gutes Gesetz, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, ist es nicht!)

Frau Strack-Zimmermann hat schon wieder aus der vierten, fünften Reihe reingerufen. Sie lassen kein Mikrofon aus, um zu sagen: Die Materialsituation muss sich verbessern.

(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Das ist so! – Alexander Müller [FDP]: Da hat sie recht!)

Sie haben auch recht, aber dann müssen Sie auch die richtigen Schlüsse ziehen. Das machen wir, indem wir die Vergabeordnung ändern; denn die sicherheitspolitische Lage hat sich grundlegend geändert. Die Bundeswehr sieht sich erhöhten Anforderungen gegenüber, ob in der Bündnis- und Landesverteidigung oder in den Einsatzgebieten. Es geht um Modernisierung und um Ersatzbeschaffung, und das alles bei unseren Verpflichtungen gegenüber der NATO, der Europäischen Union, den Vereinten Nationen, der OSZE oder bilateral. Wir richten uns darauf aus und verhindern, dass langwierige europäische Ausschreibungen notwendig sind,

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Das ist überhaupt nicht nötig!)

auch wenn Material unmittelbar erforderlich ist und unmittelbar den Soldatinnen und Soldaten zur Verfügung gestellt werden muss.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege, der Kollege Graf Lambsdorff von der FDP würde gerne eine Zwischenfrage stellen.

 

Henning Otte (CDU/CSU):

Sehr gerne.

 

Alexander Graf Lambsdorff (FDP):

Ich hätte nur gerne, dass Sie bei der Wahrheit bleiben, Herr Otte.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Das macht er! Das macht er immer!)

Sie haben gerade gesagt: Wenn Streitkräfte unmittelbaren Bedarf an Material haben, darf es keine langwierige europäische Ausschreibung geben. – Das ist geltendes europäisches Recht, das ist geltendes nationales Vergaberecht. Ich habe vor zehn Jahren im Europäischen Parlament als Berichterstatter die Richtlinie zur Beschaffung von Rüstungsgütern auf dem europäischen Markt durchs Parlament gebracht. Was Sie hier gerade behauptet haben, hält keiner Überprüfung stand. Sie machen ein schlechtes Gesetz. Würden Sie mir da zustimmen?

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Wir definieren Schlüsseltechnologie!)

 

Henning Otte (CDU/CSU):

Da stimme ich Ihnen natürlich nicht zu.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir machen ein sehr gutes Gesetz, weil wir die Verantwortung für unsere Soldatinnen und Soldaten wahrnehmen. Wir müssen nicht, wie Sie, Graf Lambsdorff, trotz Sachverstand dagegenstimmen; Sie müssen das Hohelied des Liberalismus spielen. Vielmehr machen wir verantwortbare, pragmatische Politik für die Sicherheit unseres Landes. Es ist gut, dass CDU/CSU und SPD diesem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir von der Union passen nicht die Situation an die Politik an, wie sich das manche wünschen, sondern wir passen unsere Politik so an, dass wir Situationen verändern können. Darum geht es. Es geht auch darum, dass man den Bericht des Wehrbeauftragten ernst nimmt, um Veränderungen durchzuführen.

18 000 Soldatinnen und Soldaten waren Ende 2019 im Einsatz oder in einsatzgleichen Verpflichtungen. Kollege Peter Bleser hat deutlich dargestellt, was es bedeutet, wenn wir die VJTF für die NATO stellen. Wir müssen unmittelbar und schnell in der Lage sein, innerhalb von zwei bis fünf Tagen zu verlegen. Wir übernehmen unsere Verantwortung in Einsatzgebieten wie in Afghanistan, in Mali und im Kosovo. Wir haben auch unseren Soldatinnen und Soldaten gegenüber Verantwortung.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege Otte, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage, diesmal aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?

 

Henning Otte (CDU/CSU):

Herr Präsident, das würde ich gern, aber wir haben extra den Untersuchungsausschuss für meine Rede unterbrochen. Da müssen wir gleich fortfahren.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Also nein?

 

Henning Otte (CDU/CSU):

Nein.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Tut mir leid, Frau Kollegin.

 

Henning Otte (CDU/CSU):

Ich will darauf hinweisen, dass wir in der letzten Legislaturperiode fünfmal mehr Investitionen durchgeführt haben, nämlich in Höhe von 30 Milliarden Euro. Wir haben Modernisierungen durchgeführt. Wir haben uns um Ersatzbeschaffung gekümmert. Wir sind auch unserer Bündnisverpflichtung nachgekommen, indem wir 20 Prozent der Mittel in die Erneuerung unserer Systeme investieren. Wir streben bis 2024 1,5 Prozent des BIP an; aber dass wir 2 Prozent erreichen müssen, das wissen wir alle. Das haben wir im Koalitionsvertrag mit der SPD klar definiert. Wir sagen: Wir müssen das Haushaltsrecht anpassen, damit das Geld, wenn das Gerät im Dezember nicht abnahmefähig ist, sondern mit Nachbesserungen erst im Februar, nicht verfällt. Wir wollen die Beschaffungsorganisation anpassen. Wir haben vor allem gesagt: Wir wollen die Vergabeordnung ändern, wenn es militärisch notwendig ist, damit wir uns eine langwierige europäische Ausschreibung ersparen. Wir wollen die Auftragsvergabe durchführen, allerdings unter der Voraussetzung, dass das Material krisenbedingt notwendig ist oder wenn es um Bündnisverpflichtungen geht. Das setzt nicht die Haushaltssystematik außer Kraft, wie Herr Pflüger gerade auf seinem Handy vielleicht nachliest. Der Bundesrechnungshof geht hier noch weiter. Es geht um Wettbewerb.

Wenn Sie sich Sorgen machen, dass wir veraltete Systeme haben, dann fassen Sie Mut und stimmen Sie zu, wenn wir sagen: Wir müssen auch in Forschung und Technologie und in militärische Mittel investieren, damit wir die Sicherheit unseres Landes erhöhen. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger von uns, das erwarten die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sowie die zivilen und militärischen Mitarbeiter. Man erwartet aber auch in Europa, dass wir unserer Verantwortung gerecht werden, indem wir unsere Truppe so ausstatten, dass wir gemeinsam in Europa Frieden und Freiheit verteidigen können. Deswegen ist es gut, dass wir die Vergabeordnung heute anpassen. Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)