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(Quelle: Unsplash | Christian Lue)

EU-Zukunftskonferenz: Bürger bringen ehrgeizige Ideen ein

  • Europapolitischer Sprecher Krichbaum über die Konferenz zur Zukunft Europas
  • Konferenz übergibt ihre 325 Modernisierungsvorschläge am Europatag den EU-Spitzen
  • Änderung der EU-Verträge erfordert in einigen EU-Staaten Volksabstimmung
     

Über ein Jahr lang hat sich die Konferenz zur Zukunft Europas – eine Versammlung aus Bürgern, Parlamentariern aller EU-Länder sowie der EU-Institutionen - Gedanken über nötige EU-Reformen gemacht. Ihre Ergebnisse präsentiert sie am 9. Mai, dem Europatag, in Straßburg den Spitzen der Europäischen Union, Ratspräsident Emmanuel Macron, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Parlamentspräsidentin Roberta Metsola. Gunther Krichbaum war einer von zwei Abgeordneten, die der Bundestag in die Konferenz entsandt hat. Hier die Bilanz des europapolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion:

Herr Krichbaum, wie war es für Sie als Parlamentarier, mit Bürgern an dem Projekt zusammenzuarbeiten?

Krichbaum: Für mich war die Zusammenarbeit mit der europäischen Bürgerschaft eine der wichtigsten Bestandteile der ganzen Konferenz. Es gab unglaublich viele engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich bei den europäischen Bürgerforen, bei den nationalen Bürgerdialogen und bei der digitalen Konferenzplattform mit tollen Ideen eingebracht haben. Auch in meiner Heimatstadt Pforzheim war das so. Viele meiner Kollegen, die der Bürgerbeteiligung zunächst etwas reserviert gegenüberstanden, habe ihre Meinung schnell geändert. Aber leider fand die Konferenz und vor allem auch die Arbeit der Bürger in der öffentlichen Berichterstattung nur eine geringe Beachtung. Das war und ist sehr schade.

Die Konferenz hat 325 Modernisierungsvorschläge vorgelegt. Können Sie die alle mittragen? Und wichtiger noch: Werden die nun alle umgesetzt?

Krichbaum: Mit der Übergabe des Abschlussberichtes beginnt nun die Umsetzungsphase. Die Kommission hat bereits angekündigt, einige Vorschläge in ihr Arbeitsprogramm für das kommende Jahr zu übernehmen. Über andere Vorschläge werden wir in den Mitgliedsstaaten sicher noch länger diskutieren müssen, denn sie sind teilweise recht kontrovers. Das gilt beispielsweise für die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der Außenpolitik, aber auch für andere Themen.

EU für die Herausforderungen der Zukunft fit machen

Wünsche äußern ist gut und schön – aber wie stehen die Chancen auf eine Änderung der EU-Verträge?

Krichbaum: Vertragsänderungen sind kein einfaches Unterfangen, denn sie benötigen nicht nur einen Konsens unter den nationalen Regierungen, sondern müssen auch noch in allen 27 EU-Staaten in nationales Recht umgesetzt werden. Dabei sind in einigen Staaten auch Volksabstimmungen notwendig. Das kann eine hohe Klippe sein, denn für Referenden zu europäischen Fragen gilt der alte Satz von Charles de Gaulle ganz besonders: Bei einem Referendum wird weniger über die Fragestellung als vielmehr über den Fragesteller abgestimmt. 
Wir mussten schon öfter sehen, dass die Bürger eine Volksabstimmung zu Fragen der EU-Politik zu einer Abstimmung über ihre nationale Regierung umfunktionierten. 2005 scheiterten so in Frankreich und den Niederlanden Referenden über die bereits unterzeichnete europäische Verfassung, 2016 stimmten die Niederländer dann auch gegen das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. Aber diese Schwierigkeiten sollten uns nicht abschrecken, Vertragsveränderungen anzugehen, wenn sie notwendig sind, um die EU besser auf die Herausforderungen für Freiheit, Sicherheit und Wohlstand in einer globalisierten Welt vorzubereiten.