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Eckhardt Rehberg; Wir wollen keine Schuldenvergemeinschaftung

Redebeitrag zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Mitgliedstaaten erwarten Defizite von 7 Prozent des BIP und mehr. Die Schuldenquoten steigen, in manchen Mitgliedstaaten werden es über 150 Prozent sein. Da erschrecken natürlich manche. Das Hilfspaket in der Größenordnung von 540 Milliarden Euro durch den ESM, die Europäische Investitionsbank und SURE, der Vorschlag des französischen Präsidenten und der deutschen Bundeskanzlerin für einen Wiederaufbaufonds von 500 Milliarden Euro und Mittel aus dem zukünftigen mehrjährigen Finanzrahmen, zu dem parallel die Gespräche laufen, ergeben, wenn man alles addiert, über 2 Billionen Euro. Da stellt sich natürlich die Frage: Ist das gerechtfertigt, ja oder nein? Ich sage ganz klar: Ja. Es ist deswegen gerechtfertigt, weil Nichtstun verheerend wäre. Nichtstun wäre verheerend nicht nur für uns als Bundesrepublik Deutschland – 60 Prozent unserer Exporte gehen in die Europäische Union –, sondern es wäre auch verheerend für Europa.

Allerdings darf das alles natürlich kein Dauerzustand werden. Ich sage klar, was wir als Unionsfraktion bei den Instrumenten, über die diskutiert wird, nicht wollen: Wir wollen keine Schuldenvergemeinschaftung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Europäische Union ist kein Bundesstaat, liebe Kolleginnen und Kollegen, und wir wollen auch keine dauerhafte Staatlichkeit der Europäischen Union mit eigenen Steuern.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es!)

Wir wollen eine klare Zweckbindung des Wiederaufbaufonds. Und da ist es nicht dienlich, dass der italienische Außenminister Di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung am Tag der Verkündung des Merkel/Macron-Vorschlags davon redet, dass man in Italien doch die Steuern senken könne. Das ist nicht dienlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Es ist auch nicht dienlich, dass der französische Finanzminister Le Maire in einem Interview mit der „Welt“ davon redet, dass der Recovery-Fonds nur eine geringe Konditionalität haben könne. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen dafür sorgen, dass er an Konditionalität ausgerichtet ist. Dazu haben wir hier im Deutschen Bundestag die Chance; denn über die Eigenmittel zum Wiederaufbaufonds entscheiden wir hier, und unser Budgetrecht werden wir wahrnehmen. Das heißt, er muss an Konditionalität ausgerichtet sein, er muss – das sagt die Bundeskanzlerin immer wieder – Bestandteil des europäischen Haushaltes sein.

Angesichts des ganzen Geldes kommt hier – Alexander Dobrindt ist darauf eingegangen – eine hohe Verantwortung auf die europäischen Institutionen zu. Mich treibt immer wieder um, und ich sage das immer wieder an dieser Stelle: Es ist nicht akzeptabel, dass im letzten Jahr der aktuellen Förderperiode von knapp 1 Billion Euro Fördermittel knapp 300 Milliarden Euro von der Europäischen Kommission nicht umgesetzt worden sind. Das ist nicht akzeptabel, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich erwarte, dass sich Brüssel bei der Verteilung der Gelder, die wir jetzt zur Verfügung stellen, sputet und die Umsetzung nicht erst in einem halben Jahr oder in einem Jahr stattfindet. Die Pandemie ist jetzt und heute, sie muss jetzt und heute bekämpft werden und darf nicht erst übermorgen oder in noch fernerer Zukunft bekämpft werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eine letzte Bemerkung, Frau Bundeskanzlerin, eine herzliche Bitte. Die Bereitstellung dieses ganzen Geldes wird nur dann Akzeptanz finden, und zwar gerade bei den Ländern, die mehr einzahlen, als sie herausbekommen, wenn es dafür eingesetzt wird, dass Europa wettbewerbsfähiger wird, dass Europa eine bessere Zukunft haben wird, und wenn in Aussicht gestellt wird, dass die Schulden, die wir heute machen, zu Wohlstand in der Zukunft beitragen. Ansonsten, glaube ich, wird das für uns alle eine schwierige Debatte.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)