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Dr. Peter Tauber: Ein Ziel ist es, Menschen vor dem Ertrinken aus dem Mittelmeer zu retten

Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an EUNAVFOR MED Operation SOPHIA

Hochverehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute über die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Mission EUNAVFOR MED Operation Sophia.

Hinter diesem durchaus komplizierten Namen verbirgt sich ein ganz einfaches Ziel: Menschen vor dem Ertrinken aus dem Mittelmeer zu retten.

(Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Bitte was?)

Seit Beginn dieses Einsatzes im Juni 2015 nimmt die Bundeswehr daran teil, derzeit mit 103 Soldatinnen und Soldaten. Insgesamt beteiligen sich 1 100 Kräfte aus 26 Nationen.

(Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Das ist das einzige Ziel?)

– Auf den Zuruf der Linkspartei,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Linksfraktion! Linkspartei gibt es schon zehn Jahre nicht mehr, fast elf!)

ob das das einzige Ziel sei, antworte ich: Nein, Sie dürfen meiner Rede weiter folgen; ich gehe auch auf die anderen Ziele der Mission ein. Doch natürlich spielt die Rettung von Menschenleben immer eine wichtige und entscheidende Rolle. Und unsere Soldatinnen und Soldaten können stolz darauf sein, dass sie einen Beitrag dazu leisten. Sie verweigern permanent die Anerkennung dieses Beitrags unserer Bundeswehr. Dafür sollten Sie sich schämen!

(Beifall bei der CDU/CSU – Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Dann schmeißen Sie die Kanonen von Bord und retten die Menschen!)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Tauber, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Peter Tauber, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung:

Ich erlaube keine Zwischenfrage. – Über 48 100 Menschen sind aus Seenot gerettet worden, davon über 22 500 von unseren Soldatinnen und Soldaten. Nicht von ungefähr trägt die Mission den Namen „Operation Sophia“. Ich weiß nicht, ob jedem der Hintergrund bekannt ist. Sophia ist ein kleines Mädchen, das am 24. August 2015 auf der Fregatte „Schleswig-Holstein“ geboren wurde. Zuvor hatten unsere Soldaten die schwangere Mutter aus dem Meer gerettet. Dieses Schicksal und auch die vielen Schicksale, die unerwähnt bleiben, weil immer noch Menschen im Mittelmeer ertrinken – und nicht nur im Mittelmeer ertrinken, sondern auch in der Sahara sterben; darüber wird viel zu wenig geredet –, zeigen, wie wichtig und notwendig diese Mission auf jeden Fall ist.

(Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Wenn das so wichtig ist, schaffen Sie zivile Seenotrettung an und unterstützen Sie die NGOs auf dem Mittelmeer!)

Nicht alle werden gerettet, wenn auch sehr viele. Dafür sollten wir unseren Soldatinnen und Soldaten ein großes, ein lautes Dankeschön sagen. Sie stehen für das gute Deutschland unserer Zeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wahr ist auch, dass immer noch Menschen von skrupellosen Kriminellen auf nicht seetüchtige Boote geschickt werden. Wahr ist auch, dass immer noch Menschen ertrinken und dass wir diesen geretteten Menschen derzeit zunächst in Europa Obhut geben. Das liegt – das wissen Sie auch, auf die Rede meines Vorredners eingehend – daran, dass der EuGH uns noch einmal ins Stammbuch geschrieben hat, dass es verantwortungslos wäre, diese Menschen an die libysche Küste zurückzubringen, ohne dass wir dafür klare Regeln und Vereinbarungen haben. Das macht keinen Sinn. Deswegen wählen wir gemeinsam mit allen anderen Nationen, die dort im Einsatz sind, diesen Weg. Und aus der Rede meines Vorredners – das will ich doch noch einmal deutlich sagen – sprach ja nicht der Wunsch, das große Problem, das nicht nur Libyen hat, sondern auch viele andere Länder in Afrika haben, zu lösen. Darum ging es Ihnen gar nicht. Ihnen geht es lediglich darum, zum Ausdruck zu bringen, dass Sie Furcht haben. Sie haben schlichtweg Furcht vor Menschen, die fliehen.

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Hass!)

Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass, Hass zu unsäglichem Leid. Das ist der Pfad zur dunklen Seite. Wenn Sie für das dunkle Deutschland stehen wollen, ist das Ihre Entscheidung. Wir stehen für das gute Deutschland.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Dann machen Sie nicht diese Politik!)

Die Hauptaufgabe der Operation Sophia ist das Aufdecken von Schleusernetzwerken. Damit wird dafür gesorgt, dass die Menschen gar nicht erst in die Boote steigen.

(Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Sondern in den Lagern in Libyen bleiben! Super!)

Daran wird auch deutlich, dass wir mit dieser Mission nur einen Baustein leisten und dass wir neben der Ausbildung der Küstenwache im Rahmen der politischen Zusammenarbeit dafür sorgen müssen, dass immer weniger Menschen den Weg über das Meer suchen, auf diesem Wege, in den Händen von Schleppern und Schleusern, von organisierter Kriminalität. Deswegen ist die Förderung des politischen Prozesses in einem immer noch fragilen Staat, die Verbesserung des Grenzschutzes, die Verbesserung der humanitären Situation – Staatsminister Roth hat ausführlich beschrieben, was die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage ist – und auch die Stabilisierung der südlichen Nachbarländer Libyens, aus denen ja ein Großteil der Flüchtlinge stammt, ein wesentliches Ziel unserer Politik, wenn man sie im Zusammenhang sieht. Noch einmal: Die Mission Sophia ist und kann neben vielen anderen Maßnahmen eben nur ein Baustein sein, um den Menschen in Afrika eine Perspektive zu bieten. Denn genau darum muss es gehen.

Das Mandat ist im Kern unverändert. Die Obergrenze von bis zu 950 Soldatinnen und Soldaten ermöglicht es uns, weiterhin unseren Beitrag zur Mission mit der notwendigen Flexibilität zu leisten. Deswegen bitte ich Sie im Interesse der Sicherheit, aber auch der Menschlichkeit um Ihre Unterstützung für den vorgelegten Antrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)