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Dr. Maria Flachsbarth: Es geht darum, die Umwandlung einer Region der Kriege zu einer Region des Friedens zu fördern

Rede zum Friedensprozess zwischen Äthiopien und Eritrea

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren!

Frieden ist ein Prozess: Täglich, wöchentlich, monatlich geht es darum, Einstellungen langsam zu verändern, darum, alte Barrieren einzureißen und neue Strukturen aufzubauen.

John F. Kennedy, 1963.

Hier in Deutschland wissen wir ganz genau, was damit gemeint ist. Heute vor sechs Jahren wurde die Verleihung des Friedensnobelpreises an Europa für sechs Dekaden kontinuierlicher Arbeit an Frieden und Versöhnung, für die Umwandlung Europas von einem Kontinent der Kriege zu einem Kontinent des Friedens verkündet. Frieden und Zusammenarbeit machten Europa zu einer der wirtschaftlich und politisch stabilsten Regionen der Welt. Man kann gar nicht häufig genug genau daran erinnern.

Nun steht die Region am Horn von Afrika mit der Gemeinsamen Erklärung von Frieden und Freundschaft zwischen Äthiopien und Eritrea an einer historischen Weggabelung. Das muss nun täglich, wöchentlich, monatlich umgesetzt werden. Wir, die Bundesrepublik Deutschland, wollen diesen Friedensprozess gern unterstützen. Deshalb hat Minister Dr. Gerd Müller Eritrea und Äthiopien vor sieben Wochen besucht. Er hat beide Staats- und Regierungschefs ermutigt, ihren eingeschlagenen Kurs fortzuführen. Das BMZ möchte beide Länder darin unterstützen, vor allen Dingen jungen Menschen gute Perspektiven in ihrer Heimat zu geben. Wir denken, dass Äthiopien sich da wirklich auf einem guten Weg befindet.

Der neue Premierminister legt ein beachtliches Reformtempo vor: in der Innen-, in der Wirtschafts- und in der Außenpolitik. Das möchten wir zum Wohl der Bevölkerung fördern. Deshalb und zur Umsetzung des Marshallplans mit Afrika hat Dr. Müller dem äthiopischen Premierminister im August den Aufbau einer Reformpartnerschaft angeboten. In dem Zusammenhang, Herr Kollege Hampel, gehört das Werben um Investitionen aus Deutschland dazu.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Schön!)

Bereits jetzt arbeitet das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit daran, Berufsbildung in Äthiopien aufzubauen und Jobs zu schaffen. Durch unsere Arbeit haben wir bereits 350 000 Berufsschülerinnen und Berufsschüler erreicht und 58 Berufsschulen ausgestattet. Das wollen wir weiter intensivieren.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Schön!)

Wir helfen bei der Sicherung der Ernährung, bei der Ertüchtigung der Landwirtschaft, zum Beispiel durch Rekultivierung von über 530 000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, durch Schulung von 90 000 Bauern in moderner Anbaumethodik, in Mechanisierung. Zu nennen sind aber auch die Unterstützung von Flüchtlingsprogrammen zur Verbesserung der Lebensbedingungen für Flüchtlinge und aufnehmende Gemeinden. Es geht um Ernährungssicherung, Gesundheit, Wasser- und sanitäre Versorgung.

Dazu knüpfen wir aber auch Erwartungen an unsere Partner in Äthiopien, zum Beispiel die Erwartung, die jüngsten Auseinandersetzungen friedlich zu deeskalieren.

Auch an Eritrea haben wir Erwartungen, vor allen Dingen in puncto grundlegender innenpolitischer Reformen. Die Feindschaft mit dem Nachbarn diente bislang als Begründung für den Nationalen Dienst von praktisch unbeschränkter Dauer. Dieser raubte der vornehmlich jungen Bevölkerung bisher jegliche Perspektive. Das ist einer der Hauptfluchtgründe, wie wir alle wissen. Wir erwarten deshalb von der eritreischen Regierung, dass sie diesen Dienst grundlegend reformiert und seine Dauer auf ein angemessenes Maß beschränkt.

Wir erwarten außerdem, dass Eritrea dem guten Beispiel Äthiopiens folgt und nun ebenfalls politische Gefangene freilässt sowie demokratische und wirtschaftliche Reformen einleitet. Wir stehen bereit, das zu unterstützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gilt jetzt, diesen uns hier in Deutschland und Europa so vertrauten, aber eben langen Prozess der regionalen Aussöhnung zu unterstützen – täglich, wöchentlich, monatlich. Es geht darum, die Umwandlung einer Region der Kriege zu einer Region des Friedens zu fördern; denn die mögliche Friedensdividende aus politischer Öffnung und wirtschaftlichem Erfolg ist für das Wohlergehen der Menschen vor Ort selbstverständlich von unermesslichem Wert. Das BMZ steht bereit, genau diesen Weg zu unterstützen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)