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Dr. Johann David Wadephul: Wir sind für ein stärkeres Europa und werden dafür alles tun

Auswärtiges Amt (Epl. 05)

Herr Präsident, vielen herzlichen Dank. – Herr Kollege Hampel, meinen Sie eigentlich, dass es im deutschen Interesse ist, im Interesse deutscher Außenpolitik, dass sich Kollegen Ihrer Fraktion mit dem Massenmörder Assad treffen? Meinen Sie eigentlich, dass Ihre Fraktion sich da in eine Position begibt – –

(Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD] winkt ab – Tino Chrupalla [AfD]: Mit wem trefft ihr euch denn?)

– Herr Kollege Gauland, die Treffen haben ja stattgefunden. Dabei geht es da um Fragen des internationalen Rechts. Weder dann, wenn es um die Krim geht, noch dann, wenn es um den Syrien-Krieg und den Umgang mit Herrn Assad geht, interessieren Sie sich jedoch für Rechtsfragen,

(Zustimmung der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

während Sie uns hier immer vorhalten, es würden Rechtsverletzungen in Europa und in Deutschland stattfinden.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Schauen Sie mal, wie viele CDU-Politiker sich mit Mao Tse-tung getroffen haben!)

Sie sind da in keiner guten Position, Herr Kollege Hampel. Sie sollten in Ihrer eigenen Fraktion mal für Ordnung sorgen

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Martin Schulz [SPD]: Sehr richtig! Sehr gut!)

und dafür, dass nicht mit diesen Massenmördern verkehrt wird, bevor Sie uns hier im Deutschen Bundestag moralische Vorhaltungen machen. Ich glaube, das wäre angebracht.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das können Sie in Ihrer Geschichte unisono mit Beispielen garnieren!)

Ich möchte dem Außenminister sehr herzlich danken, der sich in diesem Sommer mehrfach auch zu internationalen Fragen schriftlich und mündlich geäußert hat,

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das ist schön, ja!)

ihn im Übrigen ermutigen, das des Öfteren im Plenum des Deutschen Bundestages zu machen. Ein großer Erfolg, Herr Minister, für uns alle zusammen ist in der Tat die Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Das wird von Deutschland zwar turnusgemäß beantragt; dass das aber gelungen ist und dazu noch mit einem so guten Stimmergebnis, ist ein Erfolg unserer Außenpolitik. Ich möchte allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Auswärtigen Amts und Ihnen, Herr Minister, dafür herzlich danken und Ihnen gratulieren und zu den Auftaktworten sagen: Die CDU/CSU-Fraktion unterstützt Sie bei der Arbeit im UN-Sicherheitsrat und ist sich gewiss, dass auf uns große Aufgaben international zukommen. Die haben Sie richtig beschrieben. Also, herzlichen Glückwunsch zu diesem Auftakterfolg!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben zu Recht gesagt, dass wir – ich will das in der Beschreibung nicht wiederholen – Antworten finden müssen auf ein Verhalten der Vereinigten Staaten, was wir in der Vergangenheit – jedenfalls in der Person des Herrn Präsidenten – so nicht kannten. Sie haben zu Recht gesagt: Darauf muss Europa reagieren, darauf müssen wir multilateral reagieren und etwas dafür tun, den Multilateralismus aufrechtzuerhalten. – Abstrakt betrachtet ist das alles in Ordnung, aber es wird natürlich alles konkret, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. Vor diesem Hintergrund müssen wir darüber sprechen, ob wir uns da noch einig sind und ob auch wir bereit sind, das, was konsensfähig ist, mitzutragen.

Wenn man für Multilateralismus ist, dann ist man ja unter anderem dafür, dass die NATO erhalten bleibt; dann muss man die NATO unterstützen. Ich rufe in Erinnerung, was Wolfgang Ischinger, der Vorsitzende der Münchener Sicherheitskonferenz,

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Immer die gleichen Figuren!)

im letzten „Spiegel“, wie ich finde, ganz treffend gesagt hat, und zitiere – mit Genehmigung des Herrn Präsidenten –:

Und wenn wir die NATO erhalten wollen, dann ist es falsch, wenn wir mit gentlemanartiger Nonchalance so tun, als wäre das 2‑Prozent-Ziel von uns nie mitbeschlossen worden.

Wir sind aufgefordert, dieses 2‑Prozent-Ziel für 2024 zu erreichen. Ich muss feststellen – auch die Regierungsfraktionen kontrollieren die Regierung, die sie selber gewählt haben und unterstützen –, dass die mittelfristige Finanzplanung der Bundesregierung – über die wird heute ja auch diskutiert – dem 2‑Prozent-Ziel in keiner Weise entspricht. Dazu sage ich: Wir als CDU/CSU-Fraktion erwarten, dass hier nachgebessert wird. Wir fühlen uns diesem Ziel ernsthaft verpflichtet, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ein weiterer Punkt. Wenn wir von Europe united sprechen, dürfen wir nicht voraussetzen, dass das nur nach unseren Maßstäben geschieht, sondern dann müssen wir auch akzeptieren, dass andere andere Maßstäbe anlegen, zum Beispiel bei der empfindlichen Frage von Rüstungsexporten; ich könnte auch andere Fragen ansprechen, die meine Fraktion betreffen. Man muss sich schon fragen, ob es einem Europe united entspricht, dass wir eine restriktive Rüstungsexportpolitik vorgeben, die andere befreundete Staaten, wie beispielsweise Frankreich und England, in dieser Form nicht mitmachen wollen. Können wir uns so Europe united vorstellen? Nein, auch wir müssen bereit sein, an dieser Stelle eigene Positionen aufzugeben und sie infrage zu stellen.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Interessen meinen Sie!)

Das gilt in der Tat auch für die schwierige Frage – das will ich zur Sache sagen – eines möglichen Giftgas­einsatzes in Syrien. Giftgas ist eine der schrecklichsten Waffen, die die Menschheit kennt. Wir müssen jede politische Regung unterlassen, die Herrn Assad ermutigen könnte, dieses Giftgas noch einmal zum Einsatz zu bringen. Deswegen müssen die Entschlossenheit und das Zusammenstehen des westlichen Bündnisses hierbei außer Frage stehen.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Warum reden Sie das immer herbei?)

Die Vereinigten Staaten und unsere engsten Verbündeten in Europa, England und Frankreich, haben erklärt, dass sie Reaktionen folgen lassen würden. Deutschland darf dann nicht von vornherein sagen: Wir machen da mal wieder nicht mit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Doch!)

Das, Herr Minister Maas, wäre nicht Europe united. Wir müssen da dann auch zusammenstehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege Dr. Wadephul, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Linksfraktion?

Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU):

Ja.

Stefan Liebich (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Wadephul, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen. – Sie haben hier bezüglich der Rüstungsexportpolitik einen Widerspruch zwischen Ihrer Fraktion und der SPD-Fraktion und dem Außenminister aufgemacht. Ich verstehe Koalitionsverträge so, dass sie definieren, was man gemeinsam in einer Koalition erreichen will. In ihrem Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD verabredet, dass keine Waffen mehr an die Länder exportiert werden sollen, die am Jemen-Krieg beteiligt sind, und dass diese restriktive Rüstungspolitik künftig auch auf europäischer Ebene gemacht werden soll. Hier haben Sie jetzt das Gegenteil beschrieben. Ist das ein Abschied vom Koalitionsvertrag – wir müssen Sie dann nicht löchern, warum Sie Ihren Koalitionsvertrag nicht einhalten, wenn Sie ihn aufgekündigt haben –, oder wie ist das zu verstehen?

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU):

Sie wissen, dass ich weder die Kompetenz noch die Absicht habe, den Koalitionsvertrag infrage zu stellen. Ich weise nur darauf hin, dass man nicht das Ziel vorgeben kann, auf europäischer Ebene enger und geschlossener zusammenarbeiten zu wollen, und gleichzeitig den europäischen Partnern unter anderem auf dem Umweg über den Koalitionsvertrag das vorgeben zu können meint, was sie mitmachen oder nicht mitmachen sollten.

Wenn Deutschlands Zukunft – da gebe ich dem Außenminister recht; das ist, glaube ich, Konsens über viele Fraktionen hinweg – entscheidend von einem geeinten Europa abhängt, dann müssen die Koalition und alle anderen politischen Kräfte in Deutschland wissen, dass man dem zum Teil auch deutsche Meinungsbildung unterordnen und sich an anderen Maßstäben orientieren muss.

(Zuruf der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])

Dann darf man nicht sagen: „Wir machen Europe united, aber nur das, was wir politisch für richtig halten“, sondern wir müssen uns immer vor Augen halten, dass es auch in anderen Politikfeldern in Europa – da könnte ich die Flüchtlingspolitik oder die Fiskalpolitik nennen; das betrifft unterschiedliche politische Kräfte hier im Haus – andere Meinungen gibt. Ich weise nur darauf hin: Wer Europe united will, muss auch bereit sein, deutsche Interessen dem dann unterzuordnen, sonst ist er kein echter Europäer. Das ist meine Meinung dazu.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deswegen bringt es uns relativ wenig weiter, wenn wir sagen: Wir sind für ein geeintes Europa und stellen SWIFT infrage. – Das ist auch kurzfristig, glaube ich, überhaupt nicht ersetzbar. Vielmehr müssen wir uns an die schwierigen politischen Fragen heranmachen und versuchen, dort Einigkeit herzustellen.

Ich komme zu meinem letzten Punkt. Natürlich sind wir alle für ein stärkeres Europa und werden dafür alles tun. Sich gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika abzugrenzen und zu zeigen, wo wir einen anderen Standpunkt einnehmen, ist auch richtig. Aber den Vereinigten Staaten von Amerika ernsthaft rote Linien aufzeigen zu wollen und zu sagen, wir würden sie ausbalancieren – das hieße ja, dass wir das, was die Vereinigten Staaten von Amerika an Sicherheit für Europa schaffen, in irgendeiner Form auch gewährleisten könnten –, halte ich offen gestanden für vermessen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Vereinigten Staaten von Amerika haben uns mit anderen vom Nationalsozialismus befreit. Sie waren es, die entscheidend zur deutschen Wiedervereinigung beigetragen haben. Sie sind nach wie vor unser größter und wichtigster Wirtschaftspartner in der Welt – bei allem, was wir an der Handelspolitik zu kritisieren haben. Die Vereinigten Staaten gewährleisten – im Ernst – noch heute, dass Europa frei ist. Herr Minister, zu den Sorgen und Nöten, die Sie angesprochen haben, sage ich: Russische Rechtsverletzungen und chinesischen Machtanspruch ausbalancieren, das können am Ende nur die Vereinigten Staaten von Amerika. Deswegen sollten unsere Freundschaft und unsere enge Partnerschaft zu Amerika trotz alledem nie infrage gestellt werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)