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Dr. Georg Kippels: Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik müssen Allianzen bilden - zum Nutzen aller

Rede für den Bereich wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zum Haushaltsgesetz 2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir zurzeit über Entwicklungspolitik diskutieren, fällt eigentlich schon im ersten Atemzug das Wort „Fluchtursachenbekämpfung“. Das haben wir heute ja mehrfach erlebt, und das ist von der Priorisierung her auch richtig und wichtig. Aber es birgt in der Debatte ein bisschen die Gefahr, dass weitere Positionen der Entwicklungspolitik, mit denen wir uns schon seit langen Jahren erfolgreich und mit herausragender Bedeutung beschäftigen, etwas aus dem Fokus verschwinden.

Ich möchte deshalb heute bei der Bewertung des Einzelplans 23 nachdrücklich auf die Themen „Gesundheit“, „Systemstärkung“ und vor allen Dingen „Krankheitsbekämpfung“ aufmerksam machen. Dass diese Themen von Bedeutung sind, wissen wir nicht erst seit der Aufnahme in die Millennium Development Goals im Jahre 2000 und an prominenter Stelle in die Nachhaltigkeitsziele im Jahre 2015 mit dem SDG 3, „Gesundheit und Wohlergehen“.

Krieg und Vertreibung, Gewalt und Verfolgung, Hunger und Armut sind sicher alles dramatische Gründe für Flucht und deshalb auch ein wichtiger Inhalt unserer Arbeit, die mit größtmöglicher Aufmerksamkeit, allerdings auch mit Effizienz betrieben werden muss. Daneben gibt es aber die lautlosen Extremisten und Terroristen, wie ich sie nennen möchte, die heimtückischen Krankheiten, die überall lauern und die durch Wasser, Insekten oder durch den menschlichen Kontakt übertragen werden können: HIV/Aids, Malaria, Tuberkulose, Hepatitis C, aber auch die vernachlässigten Tropenkrankheiten, Resistenzen, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese Krankheiten belasten Millionen von Menschen in den Entwicklungsländern und hindern sie daran, ihr Leben eigenverantwortlich zu gestalten. Tod und Siechtum, dauerhafte Behinderungen und Belastungen der Familien verhindern eine wirtschaftliche Entwicklung und vor allem auch den Erfolg der weiteren Initiativen des BMZ. Bildung und Ernährung, Berufsausbildung und die Schaffung von Wirtschaftsstrukturen sind nur möglich, wenn die Menschen auch körperlich und geistig ausreichend leistungsfähig sind, um sich diesen Aufgaben zu stellen.

Im Kapitel 2303 des Einzelplans 23 finden sich daher die notwendigen Mittel für die Mitwirkung innerhalb der Vereinten Nationen, zum Beispiel bei UNICEF, bei der Gesundheitsorganisation GAVI, der Impfallianz, und dem GFATM, dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Dass unser Beitrag in diesen multilateralen Organisationen von Wichtigkeit ist, zeigt sich spätestens seit dem vollkommen unverständlichen Rückzug der USA aus diesen Organisationen. Diese Lücke muss dringend geschlossen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Und dass die Arbeit auch von Erfolg gekrönt sein kann, zeigt der Kampf gegen Polio: Im Jahre 2017 gab es weltweit nur noch 22 Fälle in zwei Ländern, nämlich in Pakistan und in Afghanistan. Das Ziel ist in Sicht, aber die Anstrengungen dürfen nicht zu früh eingestellt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Dies zeigt aber auch, dass der Kampf systematisch und unter Einbindung der Länder geführt werden muss. Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik müssen Allianzen bilden – zum Nutzen aller.

Deutschland ist nicht erst seit der prominenten Aufnahme dieser Bereiche in die G‑7- und G‑20-Gipfel der letzten Legislaturperiode ein relevanter und angesehener Partner in diesen Organisationen. Das Thema der globalen Gesundheit ist in Deutschland auf der Agenda. Ich freue mich deshalb sehr auf den 10. World Health Summit, der im Oktober dieses Jahres wieder hier in Berlin stattfinden wird, und auf das anschließende Grand Challenges Annual Meeting der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung mit zahlreichen Fachleuten, die sich diesem Thema intensiv widmen werden. Die Veranstaltungen zeigen deutlich, dass die Arbeit des BMZ auf diesem Sektor Früchte trägt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zum Schluss aber noch eine Bemerkung zu den ja auch heute mehrfach angesprochenen ODA-Mitteln bzw. dem 0,7‑Prozent-Ziel. Ja, das Ziel ist vereinbart worden, und leider haben wir es in diesem Jahr erneut gerissen. Und ja, das kann nicht zufriedenstellend sein, und wir müssen alle an einer Verbesserung arbeiten. Aber ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe die Zuversicht, dass wir angesichts der Erkenntnis, dass zwischen Entwicklung und Sicherheit ein untrennbarer Zusammenhang besteht, noch mit einer Verbesserung des Haushalts rechnen können. Aber nein, meine Damen und Herren, ich bin nicht der Meinung, dass der Erfolg von Entwicklungsarbeit mit einer mathematischen Formel an der ODA-Quote bemessen werden kann. Sie ist sicherlich ein Hilfsmittel, aber Geld ist auch kein Ausdruck von Effizienz.

Ich nutze deshalb ausdrücklich hier die Gelegenheit, dem BMZ und Minister Gerd Müller für den unermüdlichen Einsatz in der Entwicklungspolitik und in der Fluchtursachenbekämpfung zu danken, vor allen Dingen auch dafür, dass er bereit ist, konzeptionell innovative Arbeit zu leisten und den ständig wiederum neu hinzutretenden Anforderungen gerecht zu werden. Aber an dieser Stelle werden Sie aus meinem Mund auch nicht die Feststellung hören, dass alles getan wurde, was nötig ist. Das ist allerdings aus meiner Sicht bei diesem Thema kurzfristig auch kaum möglich. Ich werde jedoch sehr wohl feststellen, dass das getan wurde, was derzeit möglich ist. An einer Verbesserung bis zur Verabschiedung des Haushaltes sollten wir meiner Meinung nach alle gemeinsam entschlossen arbeiten.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)