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Christian Schmidt: " Gezwitscher ist nicht das Ende unserer Beziehungen"

Rede zur Vereinbarten Debatte zum G7-Gipfel in Kanada

Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn will ich mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, zitieren:

Wir kamen zusammen, weil wir gemeinsame Auffassungen hegen und gemeinsame Verantwortung tragen.

So steht es in der G-6-Erklärung von Rambouillet, dem ersten Gipfel mit dem Ziel, die wertegebundene Stabilisierung des Handels im damaligen Westen, aber auch den Welthandel insgesamt voranzubringen.

Der G-7-Gipfel in Kanada hat ein respektables Kommuniqué erarbeitet. Übrigens stimmt es überhaupt nicht, dass dort keine Themen offensiv angegangen worden wären. Es ist ein Genuss, dieses Kommuniqué zu lesen. Vielleicht hilft die eine oder andere nachträgliche Lektüre angesichts der Interessenlage von Herrn Trump, das Spontangezwitscher nicht zur letzten Entscheidung zu machen.

Als Beispiel für einen Erfolg möchte ich ein Thema nennen, das mich und Hermann Gröhe besonders betrifft. Wir hatten im Zusammenhang mit der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes den „One Health“-Ansatz bei unserer G‑7-Präsidentschaft eingebracht. Wir stellen mit Freude fest, dass er von den Kanadiern ausgebaut, erweitert und fortgeführt wird. Es ist also nicht so, dass nichts zustande gekommen wäre. Ich habe die Hoffnung, dass sich gerade deswegen auch die USA an manche Vereinbarung dieses Gipfels, wenn nicht alle, nicht nur erinnern, sondern sie auch mittragen werden.

Nun stehen wir in der Tat vor der schwierigen Situation, dass wir eigentlich das voranbringen wollten, was in der Rambouillet-Erklärung stand, aber über das Thema „Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse“ viel zu wenig geredet wird. Bei Zöllen lässt sich die Höhe anhand von Zahlen einigermaßen gewichten. Die Frage, ob man bei Vergaben von öffentlichen Aufträgen in amerikanischen Bundesstaaten als Europäer überhaupt eine Chance hat, ist ein weiteres Thema, das wir auf einer solchen Ebene behandeln können und müssen.

Ich gehe davon aus, dass wir über das Thema „freier Handel“ – das ist angesprochen worden –, aber auch über den an unseren Wertvorstellungen orientierten Handel und die entsprechenden Bedingungen dafür wieder zu TTIP zurückkommen werden. Übrigens kann ich nur sagen: Man kann ja über TPP, das transpazifische Abkommen, NAFTA und TTIP alles Mögliche sagen; aber dass Herr Trump ein Freund solcher Abkommen wäre, das konnte ich bisher noch nicht feststellen. Vielleicht mag helfen, dass sein bisheriger Handelsbeauftragter und Berater Gary Cohn heute in der „Washington Post“ schreibt, dass mit dem Verzicht auf G 7, auf Welthandelsabkommen und regionale Abkommen der ganze Vorteil, den sich Herr Trump mit seiner Steuerreform in den USA erhofft, wieder aufgehoben werden könnte. Das zeigt, dass wir mit unserem Vorgehen auf einem richtigen Weg sind.

Es gibt noch einen weiteren Punkt. Norbert Röttgen hat mit den fünf Punkten, die er genannt hat, ganz wichtige nationale und europäische Fragen angesprochen. Wir dürfen nicht übersehen, dass sich zeitgleich in Schanghai ganz andere, nach anderen Werten, nicht nach Demokratie und Menschenrechten ausgerichtete Gruppierungen getroffen haben, die im Welthandel wesentlich mit das Sagen haben. Wenn es denn eines Hinweises bedürfte, dass wir – wir alle, die bei G 7 dabei sind – uns verpflichtet sehen müssen, dieses Format fortzusetzen und weiterzuentwickeln, ja auch in den Welthandel der WTO unter Weiterentwicklung von regional gewichteten modernen Handelsbeziehungen hineinzugehen, dann ist das das beredte Beispiel.

Uns fehlt eines: Uns fehlt eine Strategie. Wir haben nicht erreicht, was Sie bei China besichtigen können: In jedem Land, in dem auch wir präsent sind, stellen Sie fest, dass Infrastruktur mit erheblichen chinesischen Investitionen getätigt wird. Sie ist zwar oft nicht sehr nachhaltig, aber es steckt doch eine sehr starke Strategie dahinter.

Wo ist das, was wir in Europa und in einer Interessenlage gemeinsam mit den USA und mit Kanada erreichen könnten, gegeben? Hier müssen wir auf die Grundsätze der persönlichen, politischen und wirtschaftlichen Freiheit zurückkommen, die Amerika und uns groß gemacht haben. Deswegen ist Gezwitscher nicht das Ende unserer Beziehungen, sondern es gibt uns den Auftrag, aufzubauen, neue Kontakte zu suchen und ja, auf dem Hill in Washington zu reden, aber nicht nur da, sondern auch in der breiten gesellschaftlichen Debatte mit den amerikanischen Bürgerinnen und Bürgern zu sagen: Handel ist Wandel, der förderlich ist, auch für das eigene Land. – Das muss die Schlussfolgerung sein, die aus G 7 heraus für den amerikanischen Präsidenten eigentlich ein ganz guter Ansatz für zu Hause wäre.

Es gibt in der Tat sehr viel zu tun und sehr viel zu diskutieren. Wir müssen uns darauf verständigen.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)