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Alois Karl: Der Dialog mit Amerika muss verstärkt werden

Haushaltsgesetz 2018 - Auswärtiges Amt

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bundestages! Wir erleben in dieser Woche etwas ungewöhnliche Haushaltsberatungen. Wir haben erst am 4. Mai den Regierungsentwurf von Finanzminister Scholz bekommen. Schon heute, am 4. Juli, dem Geburtstag von Horst Seehofer, verabschieden wir diesen Haushalt. Das nenne ich gesteuerten Zufall.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben innerhalb der letzten zwei Monate in der Tat außerordentlich viel gearbeitet in den Fraktionen und in unseren Arbeitsgruppen.

(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Wenn davon drei Wochen Streit ist, wird es schwierig!)

Ich möchte unseren Mitarbeitern herzlich danken für die viele Arbeit, die in den letzten acht Wochen geleistet werden musste in unseren Büros, den Arbeitsgruppen und den Ministerien, auch in Ihrem Ministerium, Herr Außenminister Maas. Das gehört durchaus einmal erwähnt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als Sie, Herr Hampel, in Ihrer fast zu spät gekommenen Rede – manchmal habe ich mir gedacht, es wäre gut gewesen, Sie wären absent geblieben –,

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

die wirklich großartigen Erfolge unserer Haushaltsaufstellung, etwa die Stärkung der humanitären Hilfe, etwas oberflächlich kritisierten, dachte ich mir: Das hätten Sie doch lieber sein gelassen. – Um es zusammenzufassen: Ich habe das Ende der Rede herbeigesehnt, nachdem der Anfang etwas spät gekommen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wir haben die letzte Haushaltsbeschlussfassung hier im November 2016 gehabt. Niemand hier im Hause kann sich daran erinnern, dass zwischen zwei Haushaltsaufstellungen eine so lange Zeit verstrichen ist. Dieses Verstreichen hatte mit vielem zu tun: mit der Regierungsbildung, mit der Wahl im letzten Jahr. Dass wir uns jetzt sehr stark sputen mussten, ist ja gesagt worden.

Ungewöhnlich ist auch, dass wir morgen den Haushalt verabschieden und bereits übermorgen den Entwurf für den Haushalt 2019 durch den Finanzminister hier präsentiert bekommen und dass wir dann nur vier Monate Zeit haben – bis November 2018 –, um den 2019er-Haushalt aufzustellen.

Innerhalb dieser 19 Monate, die seit der letzten Haushaltsbeschlussfassung vergangen sind, hat sich vieles getan. Vor 19 Monaten war Donald Trump noch nicht Präsident in Amerika. Viele europäische Staaten hatten sich noch nicht auf den Weg in einen Nationalismus, in einen Populismus, in einen Egotrip gemacht, der heute die Politiken in Polen, Ungarn, Italien, der Tschechischen Republik und manch anderem Land durchaus bestimmt.

(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Bayern!)

– Bayern wählt erst heuer. Sie werden noch überrascht sein, weil Sie nicht ins bayerische Parlament kommen; das steht schon einmal fest. Das ist ein Vorteil, der Bayern bisher ganz gut getan hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, die Europaentferntheit von vielen Staaten, mehr als 60 Jahre nach Unterzeichnung der Römischen Verträge, schmerzt schon sehr. Nicht nur den Austritt Großbritanniens aus der EU, den Brexit, sondern auch vieles andere mehr könnte man erwähnen. Manche festgefügten Wahrheiten oder manche Wahrheiten, die festgefügt schienen, lösen sich auf. Amerika wendet sich mehr den Asiaten zu. China und andere asiatische Völker wenden sich eher von Europa ab. Wenn wir realistisch bleiben, erkennen wir: Der Satz „America first“ ist nicht erst jetzt eine Mehrheitsmeinung geworden, sondern sie wird schon seit vielen Jahren in Amerika beobachtet. Trump hat sie nur aufgegriffen. Andere amerikanische Präsidenten haben dieser Mehrheitsmeinung – Gott sei Dank und zum Glück für uns – nicht Folge geleistet, sondern die festen Verpflichtungen gegenüber Europa ganz oben angestellt.

Wenn Sie, Herr Bundesaußenminister, neulich gesagt haben: „Der Atlantik ist breiter geworden“,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

dann war es ja keine geografische Aussage, die Sie getroffen haben und die nicht stimmt, sondern eine politische Aussage, dass das Verhältnis zwischen uns und den Amerikanern deutlich gelitten hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen, dass kein Land der Erde diese globalen Herausforderungen, vor denen wir stehen, alleine bewältigen kann. Das ist in der Tat richtig. Um einen zweiten Satz aus Ihrer Rede zu zitieren: „Unsere Antwort auf ‚America first‘ kann nur heißen: ‚Europe united‘.“ Nur das vereinigte Europa kann – das sind ja ganz einfache Tatsachen – weltweit die Probleme mit angehen und mit lösen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In wenigen Jahren werden 8 Milliarden Menschen auf der Welt leben. 1 Prozent davon sind Deutsche: 80 Millionen. Europäer sind davon vielleicht 6 Prozent. Wir können die großen Probleme nur europäisch-gemeinschaftlich anpacken. Eines der großen Probleme heute sind die Flüchtlingsströme – wir haben davon heute schon gehört und gesprochen –, und wir haben sie ganz gewiss nicht im Griff. Ich bin sicher, dass wir mit unseren Maßnahmen, so gut sie auch gemeint sind, die Wurzel nicht anpacken, dass wir nicht bis an das Fundament, also in die Tiefe, gehen, wenn wir die Abkommen mit der Türkei und mit anderen Staaten treffen, wenn wir Frontex stärken usw. Wir müssen die Notlagen in Afrika, in den anderen Fluchtgegenden der Welt angehen, und das tun wir in der Tat. Frau Barnett ist kurz darauf eingegangen, dass wir die Krisenprävention mit unseren erhöhten Ausgaben deutlich verbessern und so viel Geld wie noch nie dafür ausgeben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen auch den Dialog mit Amerika verstärken. Das hätte ich vorhin noch hinzufügen können: Es ist nicht unsere Aufgabe, die transatlantischen Partnerschaften und Bindungen zu kappen oder zu vermindern. Gerade im nächsten Jahr, Herr Bundesaußenminister, findet in den USA ein Deutschlandjahr statt. Da sollten wir uns zusammen mit den anderen europäischen Ländern als selbstbewusster, guter Partner Amerikas darstellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Deutschlandbild ist für uns auch Ausdruck einer selbstbewussten und einer demokratisch gewachsenen und festen Struktur, und daran gibt es nichts zu ändern, selbst wenn wir manchmal Differenzen in den Ausdeutungen haben.

Ein Glanzstück unseres Haushalts, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist das Anwachsen im Bereich der humanitären Hilfe. Wir haben mit 1,5 Milliarden Euro so hohe Ausgaben angesetzt, wie wir sie noch nie hatten. Zum Vergleich: Vor sechs Jahren hatten wir für diesen Haushaltstitel noch 105 Millionen Euro vorgesehen. Das ist innerhalb von sechs Jahren eine Verfünfzehnfachung der Ausgaben für den humanitären Bereich. Da, meine Damen und Herren, brauchen wir uns von niemandem irgendetwas vorhalten zu lassen. Wir erfüllen unsere Aufgaben auf diesem Gebiet und auf diesem Sektor – und das fraktionsübergreifend – in hervorragender Art und Weise. Das ist meines Erachtens mehr als bloß erwähnenswert.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir konnten in den letzten Wochen bei den Beratungen unseren Haushalt um 94 Millionen Euro steigern. Mit der wunderbaren Brotvermehrung im Neuen Testament ist das noch nicht ganz vergleichbar, aber wir haben uns dennoch angestrengt, und auch der Außenminister, der vorhin von Ihnen, Herr Lambsdorff, angesprochen worden ist, hat sich da durchaus mit ins Zeug gelegt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben 27 Veränderungen durchgeführt; 94 Millionen Euro gab es zusätzlich. Das – ich glaube, das kann man mit Fug und Recht sagen – ist ein Haushalt des Parlaments. Das ist kein Haushalt der Regierung, sondern wir haben das durchaus vehement und dynamisch verändert.

Dazu passt auch, dass wir in der letzten Haushaltsausschusssitzung einen Beschluss gefasst haben, der dahin geht, dass der Haushaltsausschuss erwartet, dass finanzielle Zusagen der Bundesregierung im internationalen Bereich künftig vorher mit ihm besprochen werden müssen. Jede Ausgabe, jede Verpflichtung, die über 25 Millionen Euro hinausgeht, darf von der Bundeskanzlerin oder den Mitgliedern der Bundesregierung nur dann erfolgen bzw. eingegangen werden, wenn vorher eine Zustimmung des Haushaltsausschusses gegeben ist. Das ist ein ganz wichtiger Beschluss für mich, weil damit dokumentiert wird, dass das Haushaltsrecht die wichtigste Waffe des Parlaments ist, dass wir keine Vollstrecker von Zusagen sind, sondern dass wir als Parlament immer Herr des Verfahrens bleiben müssen.

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Jetzt müssen Sie zum Schluss kommen, Herr Karl.

Alois Karl (CDU/CSU):

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Wir haben einen guten Haushalt, eine schwarze Null, in den letzten fünf Jahren und in den nächsten drei Jahren. Wir halten alle Maastricht-Kriterien ein. Es wäre nicht schwer, auch für die Kollegen der Opposition, zuzustimmen; die aus den Koalitionsfraktionen werden das sicher tun.

Ich danke herzlich denjenigen, die mitgeholfen haben.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)