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Andreas G. Lämmel: "Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit sind für uns die Leitplanken in der Energiepolitik"

Rede zu Kohleausstieg und Strompreis

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Mittwoch hat das Bundeskabinett das sogenannte Kohleausstiegsgesetz verabschiedet, und am Nachmittag hatten wir schon drei AfD-Anträge zu diesem Gesetz auf dem Tisch liegen. Verehrte Kollegen von der AfD, schnell gearbeitet! Nur – jetzt kommt das Nur –: Zwischen schnellem Arbeiten und inhaltlich gutem Arbeiten ist leider ein großer Unterschied.

Ich will Ihnen das am Beispiel des Antrags „Versorgungssicherheit gewährleisten – Kohleausstieg ablehnen“ ganz kurz schildern. Da sind zwei Forderungen drin. Die erste Forderung ist: Die Bundesregierung soll den Empfehlungen der Kohlekommission nicht folgen. – Gut, darüber kann man ja diskutieren; das können Sie so fordern.

In der zweiten Forderung steht – jetzt genau zuhören! –: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, ... den Gesetzentwurf … Strukturwandel … abzulehnen.“ Na, das ist ja toll! Sie fordern die Bundesregierung auf, den Gesetzentwurf abzulehnen. Sie sitzen hier im Bundestag und müssten doch eigentlich wissen, dass überhaupt nur der Deutsche Bundestag Gesetze verabschieden kann. Wie kann denn die Bundesregierung ein Gesetz ablehnen?

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Martin Neumann [FDP])

Also, das müssen Sie mir mal erklären. Schon an diesem kleinen Detail kann man sehen, dass diese Anträge wirkliche keine geniale Leistung sind.

(Karsten Hilse [AfD]: Ja, das ist ein kleines Detail! Reden Sie nicht über das Thema?)

Dabei möchte ich Ihnen sagen: Das Thema Versorgungssicherheit ist ja wirklich von immenser Bedeutung; überhaupt kein Zweifel. Versorgungssicherheit ist auch für uns in der Koalition und in der CDU/CSU-Fraktion das Thema beim Kohleausstieg.

(Karsten Hilse [AfD]: Nein! Das ist es eben nicht!)

Meine Damen und Herren, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit sind für uns die Leitplanken in der Energiepolitik.

Ich darf vielleicht an die Anhörung, die wir im Ausschuss für Wirtschaft und Energie zum Strukturstärkungsgesetz hatten, erinnern. Dort hat Frau Professor Kreuter-Kirchhof gesagt – das sollte man sich immer wieder ins Stammbuch schreiben; ich zitiere –:

Eine verlässliche Energieversorgung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ein Gemeingut von Verfassungsrang … „Das Interesse an einer Stromversorgung ist heute so allgemein wie das Interesse am täglichen Brot“ …

Und letzter Satz:

Garant dieser Versorgungssicherheit ist der Staat.

Das ist sehr wichtig, finde ich, weil ganz klar ist: Die Bundesregierung trägt hier die Verantwortung, dass die Versorgungssicherheit auch in den nächsten Jahren gewährleistet ist, und da sind die Aussagen, die wir zu diesem Thema bisher bekommen haben oder die während der Diskussionen in der Kohlekommission gemacht wurden, völlig ungenügend.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

An diesem Thema müssen wir arbeiten.

(Karsten Hilse [AfD]: Dann tun Sie es doch!)

Die Kommission hat ganz klar gesagt: 2023, 2026, 2029 kommt alles auf den Prüfstand. Frau Kreuter-Kirchhof hat gesagt: Das ist kein Spaß – diese sogenannten Haltepunkte. Vielmehr muss hier muss Bilanz gezogen werden, ob die Ziele im Bereich Strukturentwicklung – ich erinnere nur an die Aussage der Bundesregierung: erst Arbeitsplätze, dann Abschaltung –, im Bereich der Versorgungssicherheit, der Strompreisentwicklung und beim Klimaschutz erreicht werden. Alles steht unter Korrekturvorbehalt.

Ich finde, die Bundesregierung irrt, wenn sie im Kohleausstiegsgesetz schreibt, dass an den Haltepunkten, die im Gesetz stehen, entschieden werden soll, ob man den Ausstieg vorziehen kann. Meines Erachtens sind diese Haltepunkte nicht eine Option nur in eine Richtung, sondern eine Option in beide Richtungen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn wir die Ziele nicht erreichen, müssen wir wieder über die Fragen des Ausstiegs diskutieren; das ist doch ganz klar. Wir können doch nicht heute ein Gesetz verabschieden, mit dem wir uns in zehn Jahren vielleicht die Basis entziehen. Das ist wichtig, festzustellen.

Mit dem Kohleausstiegsgesetz haben die Betreiber jetzt erst mal Klarheit. Es gibt diesen Abschaltplan, und auch die Frage der Entschädigungen ist geregelt, auch wenn man sicherlich fragen muss, ob man dafür so viel Geld in die Hand nehmen muss.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist eine sehr richtige Frage! Das ist wirklich eine sehr richtige Frage!)

Jetzt komme ich zu dem zweiten Antrag, den Sie eingebracht haben – es sind ja drei Anträge; die hatten Sie, Herr Kotré, gar nicht erwähnt –, in dem es um die Frage der Strompreiskompensation geht. Über die Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen sind wir uns relativ einig. Ich glaube, es wird sogar in Brüssel gesehen, dass man hier etwas tun muss, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und der europäischen Wirtschaft erhalten zu können. Ich glaube, es kann nicht angehen, dass durch das Kohleausstiegsgesetz Strompreiskompensationen für energieintensive Industrien weiter ausgebaut werden, aber das Handwerk und der Mittelstand die ganze Last tragen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, diese Kluft zwischen den energieintensiven Unternehmen und anderen Teilen der deutschen Wirtschaft darf einfach nicht größer werden. Das heißt: Wenn wir über Strompreiskompensationen sprechen, dann müssen diese für alle Verbraucher in Betracht gezogen werden. Das ist eine ganz klare Botschaft, die ich Ihnen heute noch mal mitgeben möchte.

Sie, werte Kollegen von der AfD, haben ja eine Menge Daten zusammengetragen,

(Karsten Hilse [AfD]: Die interessieren Sie aber nicht!)

aber man muss diese auch in den richtigen Zusammenhang setzen.

(Karsten Hilse [AfD]: Ganz genau! Dann setzen Sie die doch in den richtigen Zusammenhang!)

Bei der Frage der Abhängigkeit von Gas vernachlässigen Sie völlig, dass im Moment über drei LNG-Terminals nachgedacht wird, dass also Möglichkeiten zum Import von Gas geschaffen werden. Sie vernachlässigen das Thema Wasserstoff ganz. Natürlich ist der Einsatz von Gas – auch das muss man deutlich sagen – preistreibend; keine Frage. Wenn man Kohlestrom durch Gasstrom ersetzen will, wird der Preis auf jeden Fall ansteigen. Das darf man bei der Diskussion auch nicht verschweigen.

Die Frage der Wasserhaltung und die Frage des Gipses werden meine Nachredner genauer diskutieren. Ich glaube, wir haben genügend Diskussionsstoff. Aber wir brauchen eine Diskussion, in der es nicht nur um Ablehnung gehen darf, sondern wir müssen gemeinschaftlich hier Lösungen finden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)