Schulschließungen, Kontaktverbote, Impfstrategie – zweieinhalb Jahre nach dem Ende von Corona beginnt der Bundestag mit der Aufarbeitung des Pandemie-Managements. Unter der Leitung der CDU-Abgeordneten Franziska Hoppermann nahm eine Enquete-Kommission ihre Arbeit auf, der 14 Parlamentarier und 14 Sachverständige angehören. Die Kommission soll bis Mitte 2027 einen Bericht vorlegen, welche Lehren die Politik aus dem Umgang mit der Pandemie zu ziehen hat.
„Wir wollen verstehen, nicht verurteilen“, sagte Franziska Hoppermann den Medien. "Wir werden nun politische Entscheidungen, gesellschaftliche Folgen und die Rolle der Wissenschaft während der Corona-Pandemie differenziert untersuchen". Ziel sei "eine konstruktive Aufarbeitung, keine Schuldzuweisung". Die Obfrau der CDU/CSU-Fraktion, Mechthilde Wittmann, erwartet eine umfassende und intensive Auseinandersetzung mit allen Facetten des Themas: „Idealerweise kann die Enquete aus den Erkenntnissen ein Frühwarnsystem sowie Vorsorgepläne entwickeln, mit denen sich Deutschland für bislang noch undenkbare Krisen wappnen und eine transparente Entscheidungsstruktur in Krisenzeiten aufstellen kann.“
„Chance zur gesellschaftlichen Versöhnung“
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner sieht mit Blick auf die Corona-Jahre von 2020 bis 2023 die „Chance, wieder zu einer gesellschaftlichen Versöhnung zu kommen“. Bis in die Familie habe man gespürt, „wie sehr die Haltung zur Corona-Pandemie und zu den Maßnahmen Menschen auch auseinander gebracht hat“, sagte sie. Die Aufarbeitung solle nun gründlich, transparent und vor allem selbstkritisch sein. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken nannte die Einsetzung der Enquete in den Medien einen überfälligen Schritt. Man müsse aus Fehlern lernen und die richtigen Konsequenzen ziehen, um für künftige Pandemien gerüstet zu sein.
Die Corona-Maßnahmen wurden im Frühjahr 2023 eingestellt. Die Ampel-Koalition hat es aber in ihrer Regierungszeit nicht geschafft, die Aufarbeitung der Maßnahmen in die Wege zu leiten, weder in Form einer Enquete noch in einem anderen Format – etwa in Zusammenarbeit mit den Ländern, die im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz über das Pandemie-Management mitentschieden haben. Diesen Auftrag erteilte nun die Koalition aus CDU/CSU und SPD mit Unterstützung der Grünen und der Linken.
Krisenmanagement unter der Lupe
Untersucht werden soll eine Vielzahl von Einzelaspekten, etwa das Krisenmanagement der Ministerpräsidentenkonferenz, die Einbindung wissenschaftlicher Expertise in den Krisenstäben, der gesetzliche Rahmen und die parlamentarische Kontrolle, Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus und ihre psychosozialen Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche, ältere Menschen und Sterbende. Hinzu kommt alles rund um Tests, Schutzkleidung und Impfungen, Unterstützung für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt sowie die Folgen für Kultur und Tourismus, Ehrenamt und Vereine.
Die Enquete-Kommission wird einmal im Monat tagen. Sie besteht aus jeweils 14 Abgeordneten der verschiedenen Fraktionen und 14 Sachverständigen, die von diesen benannt wurden. Die Unionsfraktion entsendet fünf Mitglieder und fünf Sachverständige. Neben der Vorsitzenden Franziska Hoppermann und der Obfrau Mechthilde Wittmann sind das die Bundestagsabgeordneten Michael Hose, Axel Müller und Lars Rohwer. Zu den Sachverständigen zählen der Intensivmediziner Professor Stefan Kluge vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, die hessische Schulleiterin Carolin Kubbe, die Vize-Landrätin aus Meißen, Janet Steinbach-Putz, der Präsident des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen, Professor Christoph Schmidt, und der Leiter des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), Professor Christian Weidner.