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Sebastian Brehm: Es müssen noch Sonderhilfsprogramme auf den Weg gebracht werden

Rede zu steuerlichen Maßnahmen

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Coronapandemie ist die wirtschaftlich größte Herausforderung nach dem Zweiten Weltkrieg. Deswegen ist das Gebot der Stunde, wirklich jeden Tag aufs Neue zu prüfen, ob alle getroffenen Maßnahmen auch wirklich zielgenau ankommen, ob alle getroffenen Maßnahmen richtig sind, um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit in unserem Land für unsere deutsche Wirtschaft und den Erhalt der Arbeitsplätze zu sichern.

Ich glaube, man muss auch einmal anerkennen, was bisher in einem Rekordtempo erreicht worden ist: Wir haben die kombinierten Soforthilfen des Bundes und der Länder. In Bayern ist das eine große Hilfe; in anderen Bundesländern – das haben wir gehört – ist noch nachzubessern.

(Christian Dürr [FDP]: Ja, in Niedersachen zum Beispiel!)

Wir haben die Möglichkeit geschaffen, laufende Steuerzahlungen zinslos zu stunden. Das wäre jetzt übrigens auch für den Kollegen Glaser interessant; aber anscheinend ist er schon zu Hause. Das hätte einen Lerneffekt;

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Hoffnungslos!)

denn das, was er fordert, haben wir schon umgesetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich denke an die vereinfachte Möglichkeit der Herabsetzung von Steuervorauszahlungen, die Rückerstattung der Umsatzsteuersondervorauszahlungen bzw. die Dauerfristverlängerung, die Erweiterung des Kurzarbeitergeldes mit der Rückerstattung der vollständigen Sozialversicherungsbeiträge, die Möglichkeit, vereinfachte Darlehen in Anspruch zu nehmen, übrigens bis hin zu 100 Prozent Haftungsfreistellung beim KfW-Schnellkredit und natürlich auch die steuerfreien Auszahlungsmöglichkeiten an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Diese Maßnahmen werden um die Beschlüsse des gestrigen Koalitionsausschusses ergänzt: die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes ab dem vierten Monat auf 70 bzw. 77 Prozent und ab dem siebten Monat auf 80 bzw. 87 Prozent , die Absenkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie auf 7 Prozent,

(Christian Dürr [FDP]: Die nicht öffnen darf!)

der pauschalisierte Verlustrücktrag; ich gebe zu, darüber muss man wirklich noch einmal nachdenken, weil die 15 Prozent pauschalisierter Verlustrücktrag wahrscheinlich nicht ausreichend sind. Das alles sind Maßnahmen, die in einem Rekordtempo geschafft worden sind, um die drohende Zahlungsunfähigkeit von Unternehmerinnen und Unternehmern zu verhindern. Deswegen ein großer Dank an Bund und Länder, an alle Akteure, die hier mitgewirkt haben.

Aber wir brauchen, glaube ich – deswegen muss man auch Ihre Anträge prüfen –, noch weitere Maßnahmen, zum Beispiel bei der Hotellerie, bei der Reisebranche, aber auch bei den Schaustellern, die von dieser Pandemie natürlich extrem betroffen sind. Hier müssen aus meiner Sicht noch Sonderhilfsprogramme auf den Weg gebracht werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen aber auch mit Blick auf die Künstlerinnen und Künstler überlegen – übrigens machen sie derzeit im Netz wundervolle Aktionen –, wie wir gerade bei diesen Solo-Selbstständigen außerhalb von ALG II, außerhalb der Grundsicherung noch nachschärfen können. Ich denke, da kommen wir miteinander ins Gespräch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD] und Claudia Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir müssen wirklich täglich mit Sorgfalt, aber auch mit Schnelligkeit prüfen, was veranlasst wurde, damit das Geld auch dort ankommt.

Wir müssen auch überlegen, wie wir Liquidität in den Unternehmen erreichen. Das schaffen wir mit Maßnahmen, die wir schon ergriffen haben. Wir müssen aber auch darüber nachdenken, wie wir weitere Liquidität zur Verfügung stellen können. Das müssen natürlich Dinge sein, die über die Krise hinausgehen. Wir brauchen Liquidität in den Unternehmen natürlich für notwendige Investitionen – wir haben ja jetzt gemerkt, dass Digitalisierung ein ganz wesentlicher Faktor ist –; aber wir brauchen natürlich auch Liquidität, um den Kapitaldienst für die jetzt in Anspruch genommenen Darlehen zahlen zu können. Insofern brauchen wir eine Modernisierung der Unternehmensbesteuerung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Mein Kollege Fritz Güntzler und ich haben hier weitreichende Vorschläge gemacht. Der erste Punkt ist zum Beispiel die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags noch in diesem Jahr. Ich glaube, dass wir auch noch einmal darüber reden müssen – wir haben den Vorschlag gemacht –, thesaurierte, also nicht entnommene Gewinne aus den Unternehmen, begünstigt zu besteuern. Übrigens: Hätten wir das schon früher gemacht, hätten die Unternehmen jetzt auch mehr Liquidität. Also, darüber müssen wir noch einmal nachdenken, das müssen wir schnellstmöglich umsetzen, ebenso wie die Begrenzung der Unternehmensbesteuerung auf maximal 25 Prozent .

Die Einführung der degressiven Abschreibung für Investitionen – das alles sind Drohverlustrückstellungen, auch in der Steuerbilanz – und die Rückgängigmachung der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge sind Maßnahmen, die Liquidität in die Unternehmen bringen und dafür sorgen, dass der Kapitaldienst geleistet werden kann.

(Christian Dürr [FDP]: Also eigentlich das, was die FDP fordert!)

Übrigens: Es gibt ja Selbstfinanzierungseffekte; wir haben das in der Diskussion um die Unternehmensbesteuerung auch schon dargestellt.

Ich glaube, eines müssen wir uns noch vornehmen: Wenn wir jetzt dem Gastronomen oder dem Einzelhändler oder jemand anderem vorschlagen, er soll bis zum 30. September eine neue Kasse kaufen, dann ist das, glaube ich, völlig kontraproduktiv.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Deswegen müssen wir bei den administrativen Einschränkungen einen Verzicht vornehmen. Das heißt, wir verschieben die Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen. Wir verschieben die Kassenpflicht für die TSE-Kassen, die zum 1. September eingeführt werden müssen, und wir erleichtern die Fristen bei den Finanzämtern und verzichten auf weitere Verschärfungen im Steuerrecht.

(Christian Dürr [FDP]: Schaffen die Bonpflicht ab!)

Ich glaube, das ist geboten.

Wenn wir diese Chance nutzen, dann können wir die Krise gut bewältigen, und dann machen wir unsere Unternehmen stark für den Wettbewerb und sorgen dafür, dass keine ausländischen Unternehmer unsere deutschen Unternehmen kaufen und dass wir im Land wieder mehr produzieren können. Deswegen lassen Sie uns die Chance nutzen und unsere Maßnahmen gemeinsam umsetzen; wir werden miteinander ins Gespräch kommen.

Herzlichen Dank, und bleiben Sie gesund! Eine gute Heimfahrt!