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Peter Stein: Deutsche Seehäfen müssen Energiehäfen werden

Redebeitrag zur Rettung der deutschen Schiffbauindustrie

Moin, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In meiner Heimatstadt Rostock wurde vor einigen Jahren bei einer Ausgrabung mutmaßlich einer der ältesten großen Handelshäfen mit Schiffswerft in der südlichen Ostsee entdeckt – etwa 1 250 Jahre alt. Das erste Dampfschiff fuhr nachweislich im Jahre 1707 auf der Fulda von Kassel nach Münden.

In Deutschland wurden also schon Boote und Schiffe – auch mit Antrieben – gebaut, als es noch keine Flugzeuge, keine Autos, keine Eisenbahn, ja noch nicht einmal Fahrräder gab. Die deutsche Schiffbauindustrie gehört somit unweigerlich zum Technologie- und Logistikkern unseres Landes.

Der deutsche Schiffbau glänzt heute mit Innovationen und belegt technisch seit jeher globale Spitzenpositionen. Es hängen nicht nur Zehntausende deutsche Arbeitsplätze im Norden an der Schiffsindustrie, sondern auch Hunderttausende im ganzen Land und in Europa – in der Zulieferwirtschaft vom hochspezialisierten Propellerhersteller und Schaltanlagenbauer bis hin zu Tischlereien, Glaserbetrieben oder Küchenausstattern.

Nicht zuletzt der freie Welthandel, aber auch die Forschung und Entwicklung umweltfreundlicher Technologien gerade in der Schifffahrt berühren die Fragen der nationalen Souveränität und unserer globalen Zukunft. Die enge Verknüpfung der Branche mit zentralen Zukunftsfragen ist offensichtlich. Beispielsweise gehört zum Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft die Weiterentwicklung moderner Transport- und Logistikinfrastrukturen. Wir wissen natürlich, dass wir den Bedarf an Wasserstoff für unsere Industrie und für unsere Mobilität nicht in Deutschland alleine decken können, sondern nur einen kleinen Teil davon. Wir müssen jetzt auch damit anfangen, die Logistik dafür bereitzustellen und hochzufahren. Dazu gehören auf jeden Fall auch die Schifffahrt und der Tankschiffbau.

Deutsche Seehäfen müssen Energiehäfen werden. Deutschland muss auf See und in der Tiefsee führende Kraft bleiben – in der Robotik, bei Umweltfragen und auch bei der Kraftstoff- und der Antriebstechnologie. Ohne eine starke heimische Schiffbauindustrie drohen unsere Leistungsstärke, unsere Vielfältigkeit und die Fähigkeiten der maritimen Wirtschaft insgesamt und international verloren zu gehen. Wir müssen uns daher darüber im Klaren sein, was der Schiffbau für Deutschland bedeutet und welche Folgen sein Niedergang hätte. Die Konkurrenz schläft nicht.

Es ist richtig, dass wir den Marineschiffbau zur Schlüsseltechnologie erklärt und die Vergabepraxis dadurch erleichtert haben. Es ist zu prüfen – das ist heute auch schon gesagt worden –, ob das auch für die Forschung und weitere Bereiche des nationalen Schiffbaus europarechtskonform möglich ist. Es ist auch richtig, dass das Verkehrsministerium das Förderprogramm für die Flottenmodernisierung verlängert hat.

Schaffen wir also die Voraussetzungen für die Flottenmodernisierung des Bundes und das Vorziehen geplanter Projekte! Eine starke, technologisch führende Schiffbauindustrie stärkt unseren Export. Wir haben eindrucksvoll gezeigt, was wir schiffsbautechnisch liefern können, beispielsweise bei den Kreuzfahrtschiffen oder auch im Spezialschiffbau. Wir werden mit Erleichterungen im Beschaffungswesen und präzisen Anforderungen an soziale, ökologische und technische Standards Arbeitsplätze sichern, neue Dynamik entfachen und global wettbewerbsfähig bleiben.

Zum Schluss. Der alte Hafen und damit die Werft, die bei Ausgrabungen in Rostock gefunden wurden, sind vor einigen Jahrhunderten untergangen. Das darf uns mit der heutigen Hafeninfrastruktur und den heutigen Werften nicht passieren. Nicht mit uns! Das wäre fatal.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. René Röspel [SPD])