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Peter Altmaier: Wir etablieren eines der liberalsten Prüfregime weltweit

Redebeitrag zum Außenwirtschaftsrecht

Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Haben Sie herzlichen Dank für die freundlichen Glückwünsche. Ich hoffe, dass sie ihre Wirkung nicht verfehlen und die gute Laune erhalten bleibt, zumal wir heute ein wichtiges Gesetz beschließen.

Deutschland ist ein offenes Land für ausländische Investitionen. Wir freuen uns über jedes Unternehmen, das in Deutschland investiert, weil die deutsche Wirtschaft, weil die deutsche technologische Führung, die deutschen industriellen Kompetenzen, unsere Hidden Champions und viele andere attraktiv sind, weit über die Landesgrenzen hinaus. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Und wir wollen, dass Deutschland eines der liberalsten und offensten Länder bleibt, wenn es um ausländische Investitionen und Direktinvestitionen geht.

Aber nicht alle diejenigen, die investieren wollen, haben gleichermaßen lautere Absichten. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass unsere deutschen und europäischen Firmen dort, wo es ausnahmsweise notwendig sein sollte, vor unfairem Wettbewerb, vor unzulässigem Technologietransfer und vor Aufkauf durch staatlich subventionierte Konkurrenz, die vielfach nicht aus den Ländern der Europäischen Union stammt, geschützt werden. Gerade unsere exportstarken Hidden Champions, unsere Mittelständler, Unternehmen, die wegen der Coronapandemie vorübergehend angeschlagen sind, dürfen nicht zu wehrlosen Übernahmekandidaten werden, unabhängig davon, welche Zwecke und Ziele der Übernehmende verfolgt.

(Beifall der Abg. Astrid Grotelüschen [CDU/CSU] und Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Die Europäische Kommission hat dieses Thema aufgegriffen. Sie warnt nachdrücklich vor Aktivitäten unionsfremder Investoren, die krisenbedingt gesteuert sind. Sie fordert uns auf, die nationalen Prüfregime so auszugestalten, dass Unternehmen in einer kritischen Lage, Technologien und Assets, gerade im Gesundheitsbereich, nicht verloren gehen. Deshalb sind wir dieses Problem angegangen. Wir etablieren eines der modernsten, aber immer auch noch liberalsten Prüfregime weltweit. Wir wollen wissen, was los ist. Wir wollen wissen, wer hinter potenziellen Investoren steht. Wir wollen in den wenigen Fällen, wo dies problematisch ist, handeln können, bevor es zu spät ist.

Wir haben vor zwei Monaten Vorschläge zur Stärkung der Investitionsprüfung vorgestellt, die sich in einer Änderung der Außenwirtschaftsverordnung niedergeschlagen haben. Jetzt können wir die Übernahmen inländischer Hersteller von Medikamenten, Impfstoffen und Beatmungsgeräten gründlicher prüfen. Wir haben klargestellt: Nicht nur die Produkte eines Zielunternehmens sind von Interesse, sondern auch die Mittelherkunft der Investoren.

Heute machen wir mit der Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes einen weiteren maßvollen, aber notwendigen Schritt, um unsere wesentlichen Sicherheitsinteressen zu wahren; wir orientieren uns auch hier eins zu eins an der EU-Screening-Verordnung. Erstens. Die Prüfung kann künftig auch absehbare Entwicklungen nach einer erfolgten Übernahme umfassen. Zweitens. Vor Abschluss der Prüfung gilt: Kein Vollzug des Erwerbs und kein Abfluss sensibler Informationen ins Ausland. Drittens. Die Prüffristen werden künftig unmittelbar im Gesetz verankert.

Ich bedanke mich beim Deutschen Bundestag, bei den Fraktionen der Koalition, für ein konstruktives Zusammenwirken, das dieses Gesetz verbessert hat. Es bedeutet konkret, dass die Dauer der Prüfung für Unternehmen künftig erstmals eindeutig berechenbar wird,

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

dass die Prüfverfahren möglichst rasch abgeschlossen werden und nur in komplexen Fällen eine Verlängerung der Hauptprüffrist möglich ist. Die klare Botschaft ist: Wir wollen die Bedürfnisse der Unternehmen und die Freiheit des Kapitalverkehrs ernst nehmen und bewahren. Aber richtig ist auch: Das, was wir heute hier gemeinsam beschließen, geht auch auf Bitten und Wünsche aus dem Bereich der Wirtschaft selbst zurück.

Wir müssen mit Augenmaß handeln. Wir werden in einigen Wochen über eine abschließende Anpassung der Außenwirtschaftsverordnung beraten. Ich bin zuversichtlich, dass wir in der Pandemie die Weichen so stellen können, dass die Globalisierung weitergehen kann, dass die Verflechtung unseres Landes in der Weltwirtschaft nicht rückabgewickelt wird und dass unsere Lieferketten trotzdem widerstandsfähiger und diverser werden.

Vor einigen Tagen hat ein Thema Aufmerksamkeit bekommen, nämlich die Beteiligung der KfW an dem Unternehmen CureVac, das im Bereich der Biotechnologie und der Entwicklung von Impfstoffen eine international führende Rolle spielt. Ich sage Ihnen: Wir sind dann, wenn es notwendig ist, dann, wenn wir glauben, dass wir es den Menschen in Deutschland schuldig sind, bereit, zu handeln.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist keine theoretische Frage, sondern eine ganz konkrete Herausforderung.

Ich bin gemeinsam mit meinem französischen Kollegen Bruno Le Maire dabei, über notwendige maßvolle Anpassungen im europäischen Wettbewerbsrecht zu diskutieren. Wir wollen ein Regelwerk, das fairen Wettbewerb garantiert. Die EU-Kommissarin Frau Vestager hat erste und gute Vorschläge vorgelegt. Auf dieser Grundlage werden wir während der deutschen Präsidentschaft dafür sorgen, dass die wirtschaftlichen, die industriellen Interessen einer globalen Wirtschaft auch von der Europäischen Union, von allen Mitgliedstaaten gemeinsam und ganz besonders natürlich von Deutschland die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdient haben. Denn es geht um nicht mehr und nicht weniger als um zukunftsfähige Arbeitsplätze in unserem Land. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um unseren Lebensstandard und die Entwicklungschancen künftiger Generationen. Für sie wollen wir sicherstellen, dass wettbewerbsfähige und leistungsfähige Unternehmen auch künftig in Deutschland ihren Sitz und ihren Mittelpunkt haben.

Ich danke Ihnen für Ihre Mitarbeit an diesem Gesetzentwurf, mit dem wir einen weiteren Schritt in die richtige Richtung gehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)