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Klaus-Peter Willsch: Wir müssen mit den Betroffenen vereinbaren, was man in welcher Situation vertreten kann

Rede zur Öffnungsstrategie von der Corona-Pandemie

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Menschen, die uns an den Bildschirmen zuschauen! Herr Theurer, es ist heute viel Vernünftiges diskutiert worden; es gab viel Übereinstimmung. Wir werden den Antrag in den Ausschuss geben und dort weiter beraten.

Wir leiden alle miteinander darunter, dass das gesellschaftliche Leben, die wirtschaftliche Aktivität, die Initiativkraft lahmgelegt werden. Wir haben jetzt Ende April. In meinem Wahlkreis stünden jetzt viele Veranstaltungen an: Die Weinfeste im Rheingau, die ersten Kirmessen im Westerwald, die ersten Kerben im Taunus sind abgesagt worden, und es werden viele weitere noch abgesagt werden. Das fehlt mir. Ich möchte Menschen treffen und mit ihnen zusammen sein. Aber wir wissen: Das können wir zurzeit nicht. Ich möchte wieder die leuchtenden Kinderaugen auf dem Karussell sehen und das Jauchzen hören, wenn sie mit der Achterbahn fahren. Aber wir wissen: Das wird jetzt erst einmal nicht gehen.

Wir müssen aber gleichwohl darüber sprechen, wie wir Aktivitäten wieder hochfahren, was verantwortbar ist. Bei der Armee haben wir das „Leben in der Lage“ genannt: Jeden Tag neu bewerten, wo wir stehen. Was haben wir erreicht? Wo müssen wir hin? Was müssen wir tun? Für den Fall, dass wir es angesichts der Datenlage und des Seuchenverlaufs für vertretbar halten, zu sagen: „Jawohl, jetzt kann der gastronomische Betrieb in diesem oder jenem Umfang wieder aufgenommen werden“, müssen wir vorbereitet sein. Das ist wichtig jetzt zu tun. Wir müssen jetzt mit den Betroffenen, mit den Verbänden sprechen; denn wir als Gesetzgeber kennen gar nicht die ganze Vielfalt des wirtschaftlichen Lebens im Detail so wie die Branchenvertreter. Deshalb müssen wir mit ihnen jetzt über Szenarien, Möglichkeiten, Betriebsverfahren reden, die – wenn die Seuchenlage es zulässt – wieder Schritt für Schritt in ein normales Leben führen. Wir müssen mit den Betroffenen vereinbaren, was man in welcher Situation vertreten kann.

Natürlich sind die Einschränkung der Wirtschaft und der individuellen Freiheit, die in verschiedenen Bereichen geboten sind – das wurde von allen Fraktionen übereinstimmend festgestellt –, begründungsbedürftig. Wir haben eine solche Begründung. Aber wenn die Umstände es zulassen, dass wir Schritt für Schritt wieder öffnen können, dann ist es wichtig, dass die Menschen wieder in die Lage kommen, ihre Dienstleistung zu erbringen, ihre Arbeit zu tun und auch den Dienst am Nächsten zu leisten.

Ich glaube, es hat nichts mit Überbietungswettbewerb zu tun, wenn die Debatte hier stattfindet, sondern das ist verantwortliche Vorbereitung auf die Situation und die Möglichkeiten, die Wirtschaft geordnet wieder hochzufahren. Ich bin froh: Wir haben am Mittwoch in unserem Parlamentskreis Mittelstand der Fraktion beschlossen, dass wir uns gerade mit Blick auf das Gastgewerbe verschiedene Maßnahmen wünschen. Eine davon ist die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für die Gastronomie, um ihr die Chance zu geben, einen Teil des ausgefallenen Umsatzes aufzuholen. Denn wenn eine Kneipe wieder aufmacht, wird der Gast nicht sagen: Ich esse heute mal zwei Schnitzel, weil ich im letzten Monat eins verpasst habe. – Deshalb müssen wir diese Möglichkeit nutzen, und ich bin froh, dass das gestern Abend vereinbart worden ist.

Wann wir uns wieder singend und miteinander feiernd auf einem Weinfest oder auf der Kirmes in den Armen liegen werden, kann ich nicht vorhersagen. Auch ich bin kein Virologe. Ich bin jemand, der das Leben wach beobachtet und mit den Menschen darüber spricht, was geschieht. Wir tun das ja von morgens bis abends; bei mir ist das jedenfalls so: Telefonkonferenzen, Videokonferenzen, Gespräche mit Banken, mit ihren Kreditsachbearbeitern, und mit Unternehmern, die sich beklagen, dass dies oder jenes nicht funktioniert. Und in vielen Fällen können wir helfen. Das ist auch ein ermutigendes Zeichen. Es gibt da positive Rückmeldungen.

Lassen Sie uns deshalb gemeinsam daran arbeiten, dass wir diese Krise so menschenverträglich wie möglich bewältigen und den Menschen wieder Raum geben für das, was sie ausmacht: für das Miteinander, das soziale Miteinander und auch das geschäftliche Miteinander.

Zum Schluss will ich sagen: Mir fehlt es auch, sonntags in die Kirche zu gehen und mit der Gemeinschaft der Gläubigen Gottesdienst feiern zu können. Ich freue mich, dass die Sachsen schon mal gezeigt haben, wie man da vielleicht vorwärtsgehen kann. Lassen Sie uns, wenn wir das überwunden haben, gemeinsam in die Kirche gehen und „Großer Gott, wir loben dich“ singen! In diesem Sinne: Wir arbeiten für die Menschen und sollten das weiter tun.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Theurer [FDP]: Singen kann man auch mit Abstand und im Freien sogar!)