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Klaus-Peter Willsch: Jetzt kommt es darauf an, lagegerecht zu entscheiden

Rede zur wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Krise

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Liebe Zuschauer an den Fernsehgeräten oder Zuhörer am Radio! Es ist gut, dass wir heute hier diese Debatte führen; denn sie zeigt, wie wir mit diesem Thema und dem richtigen Weg, damit umzugehen, ringen. Es hat natürlich niemand ein Patentrezept in der Tasche gehabt. Hinterher wird sicher Zeit sein, zu vergleichen, wie verschiedene Länder – Sie lesen über Schweden und das Vorgehen dort und über andere Länder – mit dem Thema umgegangen sind. Wir werden uns in der Phase der Nachbetrachtung sicher anschauen, mit welchen Maßnahmen verschiedene Länder der Pandemie begegnet sind und was daran klug war und was wir daraus für das nächste Mal lernen. Aber jetzt, in einer sich täglich ändernden Lage, kommt es darauf an, lagegerecht zu entscheiden und Schritt für Schritt zu versuchen, richtig vorzugehen. Wir wissen alle nicht genau, ob wir uns richtig verhalten; aber der epidemiologische Befund gibt uns zumindest nicht grob Unrecht, möchte ich sagen.

Es geht Ihnen allen doch wahrscheinlich so wie mir. Wir haben am Montag in Hessen die allgemeine Coronaverordnung neu geregelt und die Regel für Kneipen, dass pro 5 Quadratmeter Fläche nur ein Gast erlaubt ist, aufgehoben. Der Mindestabstand von anderthalb Metern gilt natürlich immer noch. Da bekomme ich gleich viele Rückmeldungen. Die einen sagen: Endlich! – Die anderen sagen: Wie könnt ihr das riskieren? Jetzt ist es so gut gelaufen, und ihr riskiert alles! – Keiner weiß genau, was richtig ist; deshalb müssen wir uns herantasten. Das tun wir. Ich glaube, das macht unsere Regierung nicht schlecht. Wir als Parlamentarier tun unseren Teil dazu. Wir nehmen auf, was wir rückgemeldet bekommen; wir geben es weiter und versuchen, unsere Ideen in die nächste Phase der Hilfen für unsere Wirtschaft hineinzugeben.

Vielleicht ein Gedanke zu Europa, da die Kommission heute etwas vorgelegt hat. Ich sage mal: Da ist noch ein bisschen Luft nach oben. Zu sagen: „Es gibt zwei widerstreitende Konzepte; ich packe beide zusammen, lege sie aufeinander“, scheint mir noch nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein. Bei aller Notwendigkeit und Berechtigung des Rufs nach europäischer Solidarität: Wir sollten unser Licht nicht unter den Scheffel stellen. Wir leisten im Hinblick auf die Höhe der Zinsen sozusagen durch die Leihgabe unserer Bonität innerhalb des Euro-Systems einen riesigen Beitrag für viele der überschuldeten Staaten. Man darf sich nicht von falschen Argumenten oder der Vortäuschung falscher Tatsachen treiben lassen; denn – ich habe das schon an anderer Stelle gesagt – das Geschäftsmodell, zu sagen: „Ich gehe als Bauer durch die Straßen und verteile Geld, und dann sollen die Leute auf den Markt kommen und meine Kartoffeln kaufen“, ist kein nachhaltiges Geschäftsmodell. Das muss man in aller Bescheidenheit hier auch mal vortragen dürfen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Zur Rettung der Lufthansa. Herr Theurer, wir hatten ja breite Übereinstimmung in fast allen Punkten. Ich habe mich gefreut über das leidenschaftliche Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft; das schreit geradezu nach engerer Zusammenarbeit.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Aber in einem Punkt lagen Sie nicht richtig. Wenn ich die bisher vorliegenden Informationen richtig gedeutet habe, dann hat der Aufsichtsrat der Lufthansa darauf verzichtet, eine Aktionärsversammlung einzuberufen und sich positiv zu dem Vorschlag zu äußern; denn er sagt: Da drohen noch Auflagen der EU. – Das ist aber unabhängig von der Höhe der Beteiligung; das hat ja nichts mit 10 oder 20 Prozent zu tun.

(Michael Theurer [FDP]: Das stimmt nicht!)

Das ist eine Frage davon, wie die Kommission mit uns umgeht. Da will ich auch mal sagen, wenn ich hier als Deutscher über die Deutsche Lufthansa rede: Nach gefühlt zehn Rettungen der Alitalia, die überhaupt kein funktionierendes Geschäftsmodell mehr hat, jetzt auf einmal zu hören, man müsse irgendwelche Slots neu verteilen, irritiert mich sehr.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Da erwarte ich von der Kommission und unserer Kommissionspräsidentin, dass sie auch mal daran denkt, wo sie herkommt.

(Widerspruch bei der LINKEN und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also bitte! Was für ein Unfug!)

Herr Kollege Post, uns allen sind die Kommunen lieb und teuer. Wir wohnen ja schließlich alle in Kommunen. Aber das, was Sie hier vorschlagen, ist halt ein bisschen einfach. Es gibt Bundesländer, zufälligerweise nur Bundesländer mit Finanzministern aus der Union, die sich gekümmert haben: Das ist Hessen, Hessenkasse; das ist das Saarland, der Saarlandplan, und das ist Bayern; ich weiß gerade nicht, wie es dort heißt.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: CSU!)

Sie haben alle Kassenkredite bei den Kommunen abgelöst und haben sich um das gekümmert, was ihres Amtes ist. Nach unserer Kompetenzordnung in Deutschland gehören die Kommunen zu den Ländern. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, und jetzt sollen wir als Hessen für andere Länder mit bezahlen? Das werden wir so nicht erleben. Da erwarten wir gerechtere und richtigere Lösungen. Die Länder sind zuständig für ihre Kommunen und nicht der Bund. So weit meine kurzen Gedanken zu dem Ganzen.

Zum Schluss noch eins. Wir können noch nicht, wie ich es mir ersehne, wieder auf Weinfesten und Kirmessen mit den Menschen tanzen. Da müssen wir noch ein bisschen vorsichtig sein. Aber eins sollten wir beherzigen. Ich wandle das jetzt ab und zitiere es – mit Genehmigung des Präsidenten – als Schlusswort, weil ich mir keinen Ordnungsruf einhandeln will.

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Das wollte ich gerade sagen.

 

Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU):

Ja, als Schlusswort. – Der Religionsstifter der Protestanten, Martin Luther, hat gesagt: Einem verzagten Hintern kann kein fröhlicher Furz entfahren. – Das sollten wir jeden Tag beherzigen; wir sollten ein bisschen optimistisch sein und positiv auf die Menschen zugehen. Das ist das Wichtigste, das wir für unsere Konjunktur tun können.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)