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Karin Maag: Wir müssen bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen dranbleiben

Redebeitrag zum Einzelplan 15 - Bundesministerium für Gesundheit

Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mal so anfangen: Corona drängt ja wieder dramatisch in unseren Alltag zurück. Seit Ende Juli steigen die Infektionszahlen wieder, und neue Einschränkungen sind notwendig. Allerdings – und das ist jetzt etwas, was wir unter dem Stichwort „Lessons learned“ ablegen können – können wir heute auf bereits Erlerntes aus der Krisenzeit zurückgreifen und deswegen schneller, passgenauer und zielgerichteter reagieren. In diesem Spannungsbogen bewegt sich auch der Haushalt im Einzelplan 15.

Die Digitalisierung hat durch Corona einen Schub erfahren und hohe Akzeptanz in der Bevölkerung generiert. Es gibt zum Beispiel 25 000 Arztpraxen, die Videosprechstunden anbieten. 18 Millionen Menschen haben die Corona-Warn-App heruntergeladen. Wir haben ein DIVI-Register, das Auskunft über Intensivbetten in Deutschland gibt – wahrlich ein krisentaugliches Instrument. Die Krise hat aber genauso offengelegt, dass wir im gesamten Gesundheitswesen, gerade bei der Digitalisierung, dranbleiben und zügig weiter ausbauen müssen.

Jetzt bin ich bei den Krankenhäusern, die hier schon mehrfach Thema waren. Wir haben mit dem Krankenhauszukunftsgesetz eine moderne Dokumentation, Hightechmedizin, Robotik, Cybersicherheit und auch moderne Notfallstrukturen adressiert. 3 Milliarden Euro stellen wir den Ländern zur Verfügung. Weiteres Zuwarten, Frau Hajduk, Herr Klein, wäre absurd. Wir führen diese Diskussion, seit ich im Bundestag bin, also seit rund elf Jahren; andere führen sie noch länger. Wenn wir darauf warten, dass die Länder das Geld investieren, dann lassen wir unsere Patienten im Stich, und wir machen das nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Übrigens – auch das haben wir gelernt – sollte es künftig bei den Krankenhäusern eine klare Abgrenzung und Zuschreibung des unterschiedlichen Versorgungsniveaus geben. Wir brauchen ein gestuftes Versorgungssystem und darauf aufbauend ein Fallpauschalensystem, das unter den genannten Bedingungen dann auch Vorhaltekosten berücksichtigen kann.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das möchte ich sehen!)

– Wir werden es liefern.

Die Krise hat auch gezeigt, wie wichtig der Datenaustausch in der Forschung ist. Digitalisierung und Innovation sind deshalb auch zu Recht eigene Schwerpunkte im Haushalt des BMG. Sie bilden sich in Titeln ab, die die Finanzierung von Maßnahmen zur Erprobung von Anwendungen großer Datenmengen erlauben. Es geht um den Aufbau und Betrieb von Datenkompetenzzentren und um Modellprojekte zur telemedizinisch integrierten Versorgung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Freizeitgestaltung und private Feiern haben sich zuletzt als maßgebliche Ursachen für regionale Infektions-Hotspots erwiesen. Ich nenne Bielefeld: Nach einer einzigen Feier sind 950 Menschen, hauptsächlich Schüler und Lehrer, in Quarantäne. Das erfordert die Nachverfolgung der Ansteckungswege und die Überprüfung der Quarantäne. Das verursacht hohe Personal- und Sachkosten.

Mit dem Pakt für den ÖGD, der bis 2026 mit 4 Milliarden Euro unterlegt wird, ermöglichen wir es den Ländern erneut, in einem weiteren ihrer ureigensten Verantwortungsbereiche, nämlich den Gesundheitsämtern, moderne Strukturen und adäquat bezahlte Arbeitsplätze zu schaffen. Auch das kommt unserer Bevölkerung sofort und primär zugute.

Wie jedes Jahr, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das dominierende Element natürlich der Steuerzuschuss. Im nächsten Jahr werden nicht nur erhebliche konjunkturbedingte Mindereinnahmen, sondern vor allem auch pandemiebedingte Mehrausgaben unsere gesetzlichen Krankenversicherungen belasten. Um den durchschnittlichen Zusatzbeitrag für die Versicherten möglichst stabil zu halten – das ist der Grund –, bedarf es natürlich unterstützender Maßnahmen. Genau deswegen wird der Bundeszuschuss um 5 Milliarden Euro erhöht.

Das reicht noch nicht. Weitere 8 Milliarden Euro werden 2021 nach einem kassenübergreifenden Solidarausgleich zur Verfügung stehen. Dazu ist mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz geplant, die Finanzreserven der einzelnen Krankenkassen, die 0,4 Monatsausgaben übersteigen, wieder anteilig an den Gesundheitsfonds zurückzuführen, Herr Spangenberg. Damit stehen sie für die notwendige Versorgung der Patienten zur Verfügung.

Mit den Mehreinnahmen von 13 Milliarden Euro kann der durchschnittliche Zusatzbeitrag auf 1,3 Prozent stabilisiert werden. Damit halten wir die Sozialgarantie, also unser Versprechen an unsere Bürger, ein, dass die Sozialversicherungsbeiträge weiterhin unter 40 Prozent bleiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Robert-Koch-Institut, das Paul-Ehrlich-Institut und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte haben uns fachkundig durch die Krise begleitet. Wir werden sie personell verstärken, um nicht nur, aber auch weitere coronabedingte Aufgaben dort andocken zu können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für Projekte und Maßnahmen zur Verbesserung der Krisenreaktionsfähigkeit des deutschen Gesundheitswesens sind erstmals Programmmittel in Höhe von 10 Millionen Euro eingestellt. Mindestens genauso wichtig, lieber Herr Spangenberg, ist das internationale Gesundheitsmanagement, das wir verbessern müssen. Der Virus macht doch nicht an der Grenze halt; das wissen Sie.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Mittel im Kapitel „Internationales Gesundheitswesen“ wachsen um 14 Millionen Euro auf, und wir haben die Maßnahmen zur Pandemieprävention bei der WHO und anderen internationalen Einrichtungen finanziell verstärkt. Wir werden uns um die Bezahlung der Impfstoffe kümmern, wenn sie denn zur Verfügung stehen; dazu notwendige Mittel sind auch im Einzelplan 60 eingestellt.

Ich will zusammenfassen: Corona heißt für uns nicht Stillstand, Corona ist uns Ansporn. Deswegen freuen wir uns auf die weiteren Beratungen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)