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Johannes Selle: Wir brauchen eine Initiative „Transparenz und Medienfreiheit“

Redebeitrag in der Haushaltsdebatte zum Einzelplan 23 des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor uns haben wir mit 12,4 Milliarden Euro den höchsten Haushalt des BMZ, den wir je hatten, 2,3 Milliarden Euro mehr als ohne Corona. Stolz und Freude fallen mir aber schwer. Auch die dazu passende ODA-Quote möchte ich nicht zitieren; denn wir erleben eine Ausnahmesituation. Die ganze Welt wird geplagt von einem Virus. Es ist richtig, dass wir das zum Anlass nehmen, für die Unterstützung unserer Partnerländer mehr Mittel zur Verfügung zu stellen – für Gesundheit, für Beschäftigung und für die Nahrungsmittelversorgung.

Für die Bewältigung der Krise in Deutschland sehen wir 2021 55 Milliarden Euro vor. Daran kann man am wirkungsvollsten sehen, welches Gefälle es zwischen hier und dort gibt und welche Wegstrecke vor uns liegt, wenn wir den jungen Menschen helfen wollen, Perspektiven in ihrer Heimat zu entwickeln.

Die Nachhaltigkeitswoche hier im Deutschen Bundestag hat es thematisieren sollen: Die Welt hat sich verpflichtet, Armut und Hunger bis 2030 zu eliminieren. Es war notwendig, das ins gesellschaftliche Bewusstsein zurückzuholen. Nun erhöhen wir die Mittel in diesem Haushalt signifikant, allerdings im Wesentlichen, um die Wirkungen der Pandemie abzufedern. Das darf nicht zulasten der international vereinbarten Zielstellung gehen. Das tut es auch nicht; denn wir erhöhen auch den Ansatz für die Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“ um 70 Millionen Euro.

Seit 2014 haben wir zur Förderung von Medien einen eigenen Titel. Die Mittel dafür konnten wir in den letzten Jahren mehr als verdoppeln. Im Entwurf für 2021 sind bereits 35 Millionen Euro veranschlagt. Ich hoffe, dass wir im parlamentarischen Verfahren die Mittel für diesen Titel noch auf 40 Millionen Euro erhöhen können.

(Beifall der Abg. Gabi Weber [SPD])

Das ist notwendig.

Wir brauchen eine Initiative „Transparenz und Medienfreiheit“ zur Eindämmung der Auswirkungen der Coronapandemie, zur Stärkung unabhängiger lokaler Medien und der Gesundheitsberichterstattung sowie zur Verbesserung der Faktenprüfung. Vor Kurzem hatte ich ein Gespräch mit Medienschaffenden – Journalisten, Filmemachern und Radiomoderatoren – aus den Regionen, die ihre Arbeit an die Pandemiebedingungen bereits angepasst haben. Es ist beeindruckend, wie die jungen Leute mit dem Motorrad über Land fahren, um Aufklärungsvideos zu zeigen. In Uganda werden beispielsweise vor allem Radiostationen im ländlichen Raum unterstützt, um die Bevölkerung über Corona und die entsprechenden Schutzmaßnahmen aufzuklären, und das in 40 lokalen Sprachen und Dialekten.

Für eine schnellere Entwicklung setzen wir auf mehr private Investitionen. Die Kanzlerin hat beim Afrika-Gipfel 2018 dafür bis zu 1 Milliarde Euro bis Ende der Legislaturperiode angekündigt. In diesen Tagen wurde ein erfolgreiches Beispiel öffentlich. Das Korbwarenunternehmen Hansen aus Heinsberg in Nordrhein-Westfalen hat sich aufgrund dieses Angebots als Investor werben lassen und mit Unterstützung der GIZ im Senegal bereits 150 Arbeitsplätze geschaffen. Das Unternehmen produziert nun Korbwaren für deutsche Supermärkte. Ohne den Compact with Africa wäre dieses Unternehmen nicht auf die Idee gekommen, in Afrika zu produzieren. Es gibt noch weitere Beispiele. Die Gelder, die zur Verfügung stehen, müssen allerdings schneller an ihr Ziel kommen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir neue Wege gehen können und müssen; denn die Einhaltung der Klimaschutzziele und die Schaffung von Arbeitsplätzen lassen sich kombinieren.

Der Sudan hat eine quasifriedliche Transformation von einer Diktatur hin zu Demokratie beschritten. Dort sind Signale der Hoffnung und der Unterstützung dieses Weges dringend notwendig. Warum nicht die Hauptstadt Khartum mit emissionsfreiem Sonnenstrom versorgen? Dort laufen teure umweltschädigende Dieselaggregate. Gleichzeitig können wir die vorhandenen Redox-Flow-Speicher einsetzen, die wir in Deutschland maßgeblich entwickelt haben. Allein in Mitteldeutschland gibt es die entsprechenden Produzenten und Ideen.

Deshalb brauchen wir neue, schnellere Ansätze. Die politischen Absprachen zu organisieren, ist die Sache der Politik. Die Unternehmen würden gerne solche großen Projekte umsetzen. So ist die Initiative für Afrika auch gedacht. Das könnte ein rein deutsches Projekt von internationaler Wirkung werden.

Wir debattieren am Ende dieser Woche „30 Jahre Deutsche Einheit“. Wir wissen, wie lange es dauerte, bis der Aufschwung gegriffen hat. In Afrika sagt man: Ihr in Deutschland habt das geschafft. Macht es für uns genauso. – Das könnte uns anspornen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der AfD)