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Jan Metzler: Bürokratieentlastung ist eine Daueraufgabe

Rede zum Bürokratieabbau

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber eine solche Debatte an einem Freitag ist immer auch eine Wundertüte. Man lernt permanent dazu. Ich habe, lieber Kollege Klaus Ernst, einiges über die medizinische und inhaltliche Wirkung von Detox und die Verhaltensregeln in Straußwirtschaften gelernt. Bei der Namensgebung von Anträgen hoffe ich, dass, wenn es um Strukturstraffung und Ähnliches mehr geht, nicht erneut entsprechende Analogien gesucht werden.

Jetzt ganz im Ernst. Herr Houben, Sie haben heute als erster Redner einen Antrag eingebracht, der zu Recht wichtig ist und über den es sich zu debattieren lohnt. Sie haben auch darauf aufmerksam gemacht, dass es sich hier um eine Daueraufgabe handelt. Ich glaube, da wir sind uns beide einig: Es ist eine Daueraufgabe, über Bürokratieentlastung zu reden. An der Stelle möchte ich auch bemerken: Wir sind da noch nicht am Ende der Fahnenstange angekommen. Sie gerieren sich oftmals, auch in der Eigenwahrnehmung, als Serviceopposition. Deswegen ist es gut, wenn man im Wechselspiel gemeinsam in die Diskussion kommt.

Dabei gilt eins: den Blick sowohl zurück als auch nach vorn zu richten. Der Blick zurück besagt – Kollege Willsch hat darauf aufmerksam gemacht –, dass bereits mit dem Bürokratieentlastungsgesetz III ein Volumen von 1,1 Milliarden Euro eingespart worden ist. Ohne Zweifel sind wir, auch wenn das im Endeffekt die Addition der Volumina von I und II in Summe darstellt, immer noch nicht am Ende der Fahnenstange angekommen. Es geht jetzt perspektivisch weiter.

Es geht perspektivisch weiter beispielsweise im Zusammenhang mit der jetzt übernommenen EU-Ratspräsidentschaft. Teil der Agenda ist auch, „One in, one out“ auf europäischer Ebene entsprechend zu etablieren. Ich weiß, dass im Wechselspiel von Opposition/Regierungskoalition bei der Opposition der eigene Garten immer ein bisschen vitaler ist. Dann heißt es natürlich „One in, two out“. Das Bessere ist immer der Feind des Guten. Die Etablierung der Regel „One in, one out“ auf europäischer Ebene verbunden mit der Maßgabe, dass sie von Ursula von der Leyen mit unterstützt wird, kann einen entsprechenden Effekt auslösen, der nicht zu gering zu schätzen ist. Das ist Teil unserer Agenda, die in den nächsten Monaten vor uns liegt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

An diesem Punkt sei noch mal eines gesagt: Zweifelsohne gibt es kommunizierende Röhren im Zusammenhang mit der Frage, mit welchen Belastungen sich letztlich unternehmerisch Handelnde auf kommunaler, auf Landes-, auf Bundes- und auf europäischer Ebene konfrontiert sehen. Wenn man Politikerinnen und Politiker fragt: „Stehen Sie zum Bürokratieabbau?“, dann werden, würde ich sagen, acht oder neun von zehn permanent Ja sagen, und das nicht nur in Sonntagsreden.

Am Ende dieser Debatte ist festzustellen: Wir sind uns nicht über die Zielrichtung uneins, sondern wir sind uns oftmals über das Wann und Wie, also über den Weg dahin, und den Zeitpunkt uneins. Ich habe da auch einen eigenen Anspruch. Ich will es ganz offen sagen: Meinen eigenen Anspruch muss ich immer auch abgleichen mit dem vieler anderer, die sich an einer Debatte beteiligen. Im Ergebnis bleibe ich dann oftmals hinter meinen eigenen Ansprüchen zurück und bin auch nicht vollends zufrieden. An der einen oder anderen Stelle bin ich dann einem Kompromiss sehr nahe. Kompromisse einzugehen, ist natürlich auch ein Wesensmerkmal einer demokratischen Gemeinschaft.

An der Stelle sei angemerkt: Ich glaube schon, dass wir uns gemeinschaftlich über Effizienzsteigerungen in Strukturen Gedanken machen müssen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass wir in sogenannten – aus meiner Sicht – Komplexitätsfallen landen, in denen Strukturen im Endeffekt für diejenigen, die Dokumentationspflichten und Ähnliches nachvollziehbarerweise zu erfüllen haben, überbordend werden.

Ich möchte noch eine grundsätzliche Bemerkung machen, weil das auch angesprochen wurde. Bürokratie im Abgleich zu Regeln: Ja, ohne Regeln kein Staats- und Gemeinwesen; keine Frage. Natürlich darf die Regelungswut bzw. der bürokratische Überbau dann aber nicht so groß bzw. so hoch sein, dass der eigentliche unternehmerische Zweck – unternehmerisches Handeln – gar nicht mehr erfüllt werden kann, weil man sich nebenbei mehrheitlich mit entsprechenden bürokratischen Maßnahmen auseinandersetzen muss.

Ich entstamme selbst einem unternehmerischen Haushalt. Zur Eigenreflexion: Mein Aufsichtsrat ist oftmals mein Papa. Er gibt mir in der Reflexion am Wochenende schon sehr genau mit, was in der Woche entsprechend entschieden worden ist.

Ich glaube, wir waren selten in einer Zeit, in der sich so vieles so schnell so intensiv verändert hat. Jetzt kann man auch diese Krise unterschiedlich reflektieren. Dazu noch eine Bemerkung an dieser Stelle: Die Effizienzsteigerungsgewinne gerade durch den aus dieser Krise resultierenden digitalen Schub gilt es wirklich anzupacken und in die Zukunft mitzunehmen. Auch Kollege Willsch hat „Once only“ angesprochen. Den Pfad zu einem Onlinezugangsgesetz müssen wir selbst legen, und wir müssen das Ganze entsprechend vorantreiben. Der digitale Pfad ist derjenige, der diese Steigerungen möglich macht, um nicht in die Komplexitätsfalle zu geraten.

Also: Es gibt noch einiges zu tun. Das ist eine inhaltlich weiterführende und wahrscheinlich spannende Debatte, nicht geprägt von der Infragestellung des Ziels, sondern von der Infragestellung des Wegs an sich und des Wie von der einen oder anderen Seite. Ich freue mich auf diese Debatte.

Eines sei noch zum Abschluss bemerkt: Diese Woche war sehr inhaltsreich und entsprach aus meiner Sicht auch inhaltlich wirklich dem, was diese Krise verlangt; denn große Krisen verlangen große Antworten. Und diese Regierungskoalition ist in dieser Woche genau diesem Anspruch gerecht geworden. Wir haben große Antworten gegeben. Wenn es darum geht, die Zukunft engagiert anzugehen, freue ich mich auf die weiteren Diskussionen über die Dauerbaustelle Bürokratieabbau. Und im Sinne von Effizienzsteigerungen schenke ich Ihnen noch 15 Sekunden Redezeit.

Herzlichen Dank. Alles Gute und schönes Wochenende!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)