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Ingo Gädechens

Ingo Gädechens: Wir haben keine Schrottarmee

Haushaltsgesetz 2018 - Rede zum Einzelplan 14 - Verteidigung

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man drei Rednerinnen und Redner der Opposition gehört hat, dann könnte man zu vielem etwas sagen, viele Argumente widerlegen.

(Beifall des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP] – Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat die Kollegin Keul einfach die beste Rede gehalten!)

Herr Neu, ich will wenigstens zu Ihrem Beitrag sagen, dass Sie die Statistik in Gänze vortragen müssen. In dem von Ihnen genannten Zeitraum, in dem die NATO nach Ihrer Einschätzung Vorteile hat, hat Russland seinen Verteidigungshaushalt um 108 Prozent erhöht, bei einem Anteil am BIP von 4,1 Prozent. Im gleichen Zeitraum haben die USA ihren Verteidigungshaushalt um lediglich 2 Prozent erhöht. Deutschland liegt bei 5,8 Prozent. Das ist dann die ganze Wahrheit. Das ist die Bedrohung, der wir uns letztendlich stellen müssen.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: 50 Milliarden!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Verteidigungshaushalt war in den letzten Wochen häufig Thema in der öffentlichen Berichterstattung, und das ist trotz unterschiedlicher Betrachtungsweisen, wie wir sie eben wahrgenommen haben, auch gut so. Die Bundeskanzlerin hat in ihrer heutigen Rede ebenfalls deutliche Aussagen zur notwendigen besseren Ausstattung der Bundeswehr gemacht.

Meine Fraktion hat öffentlich bereits klar den Wunsch nach einem höheren Verteidigungsetat geäußert. Die im Eckwertebeschluss für den 52. Finanzplan vorgesehene Steigerung von 2,7 Milliarden Euro über die nächsten vier Jahre reicht definitiv nicht aus. Sie reicht nicht aus, um den notwendigen Mehrbedarf für die Bundeswehr abzudecken. Im Schreiben des BMVg vom 2. Mai 2018 wurde dies deutlich benannt.

Mit der aktuell vorgeschlagenen Erhöhung über den Finanzplanungszeitraum wird nicht einmal ein Viertel des bestehenden Bedarfs abgedeckt. Damit – Frau Dr. Strack-Zimmermann, Sie haben es gesagt – wird weder die VJTF-Brigade bis 2023 voll auszustatten sein, noch können die zahlreichen anderen Projekte angeschoben werden, die dringend notwendig sind. Ich nenne hier beispielhaft das Mehrzweckkampfschiff 180, die deutsch-französische Kooperation mit der geplanten Beschaffung der Hercules C-130J oder die sehr sinnvolle deutsch-norwegische U-Boot-Kooperation. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch unsere Leuchtturmprojekte, das taktische Luftverteidigungssystem und die Entwicklung eines gemeinsamen Kampfpanzers mit Frankreich sowie die Tornado-Nachfolgelösung stehen dann auf der Kippe.

(Abg. Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

– Lieber Herr Dr. Lindner, ich erlaube keine Zwischenfrage, weil ich drei Beiträge von Oppositionsrednern gehört habe. Nun langt das erst mal.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Wir haben zu viel Regierung gehört!)

Gleiches trifft auf die persönliche Grundausstattung der Soldatinnen und Soldaten zu. Ich kann daher nur an alle Beteiligten appellieren, in den folgenden Haushaltsberatungen alle Anstrengungen zu unternehmen, um diese Lücke zwischen den geplanten finanziellen Mitteln und dem tatsächlichen Mehrbedarf zu schließen.

Selbstkritisch sei angemerkt: Zum großen Bedauern der CDU/CSU-Verteidigungspolitiker hat der Verteidigungsetat in den Koalitionsverhandlungen nicht den Stellenwert eingenommen, den wir uns vonseiten der CDU gewünscht hätten und der angesichts der sicherheitspolitischen Lage erforderlich ist. Ich erinnere an das Versprechen, das mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages gegeben wurde, nämlich dass Mehreinnahmen im Bundeshaushalt vorrangig in den Verteidigungshaushalt fließen sollen. Angesichts der positiven Steuerschätzung sollte dies auch möglich sein. Ich möchte an dieser Stelle an den Bundesminister der Finanzen, der jetzt durch die Parlamentarische Staatssekretärin vertreten wird, appellieren, den berechtigten Mehrbedarf für die Bundeswehr zu berücksichtigen.

Meine Damen und Herren, wer angesichts dieser notwendigen Forderungen und vor dem Hintergrund der aktuellen Ausrüstungsmängel von Aufrüstung spricht, so wie es die Linken teilweise tun, verdreht die Tatsachen und hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Ich möchte auch davor warnen, in der Debatte die Personalverstärkungsmittel, die aus dem Einzelplan 60 stammen und den Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst Rechnung tragen, mit erhöhten Verteidigungsausgaben zu vermengen; das ist unsachlich.

Darüber hinaus möchte ich kurz auf das fälschlich genannte Gegenargument der nicht abgeschöpften Mittel eingehen. Wenn wir den Einzelplan 14 nachhaltig gestalten – dazu gehört eine stetige, weit im Voraus und solide berechnete Finanzierung –, dann gibt es auch kein Ausgabeproblem. Problematisch wird es immer nur dann, wenn alljährlich und kurzfristig Mittel bereitgestellt werden, die dann bitte schön rechtzeitig und sinnvoll ausgegeben werden sollen. Aktuell haben wir kein Ausgabeproblem; die Ministerin ist darauf schon eingegangen. Mit der vereinbarten, ich sage mal, budgetierten Überjährigkeit und einer über 100-prozentigen Ausplanung des Einzelplans in allen Investitionsvorhaben wird es das Problem in Zukunft auch nicht mehr geben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht nur die Medien, sondern auch einige Rednerinnen und Redner hier haben ein Zerrbild der Bundeswehr an die Wand geworfen. Das hilft der Truppe in der Ausübung ihres Dienstes nicht. Wir haben keine Schrottarmee. Die Bundeswehr ist in vielen Bereichen leistungsfähig. Wir haben motivierte Soldatinnen und Soldaten, die sich alltäglich den Herausforderungen sowohl im eigenen Land als auch in den Einsatzgebieten stellen. Das sollten wir positiv anerkennen. Das ist das Rückgrat unserer Streitkräfte, und dafür danken wir den Soldatinnen und Soldaten unserer Bundeswehr.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)