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Hansjörg Durz: Wir brauchen mehr Transparenz auf digitalen Plattformen

Faire digitale Märkte – Wettbewerb und Datenschutz verbessern

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Digitale Plattformen können ein großer Gewinn für Verbraucherinnen und Verbraucher sein. So beginnt der Antrag der Grünen, den wir hier heute debattieren. Zweifellos sind sehr viele Menschen der Überzeugung, dass digitale Plattformen ein großer Gewinn für sie sind. Das zeigen schlichtweg die Zahlen. Wir haben es bereits mehrfach gehört: Facebook hat weltweit 2,1 Milliarden Nutzer, davon 30 Millionen in Deutschland. Über WhatsApp, das zu Facebook gehört, werden jeden Tag 60 Milliarden Nachrichten verschickt. Eine andere Plattform, Google, hat bei Suchmaschinen auf mobilen Endgeräten in Deutschland einen Marktanteil von 98 Prozent. Da kann man zweifelsohne von einer marktbeherrschenden Stellung sprechen. Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, der schon mehrfach erwähnt wurde, kommt zum gleichen Ergebnis – Zitat –: „Nach unserer bisherigen Einschätzung ist Facebook marktbeherrschend.“

In seiner ersten Rede als Bundeswirtschaftsminister hat Peter Altmaier ein flammendes Plädoyer für die soziale Marktwirtschaft von Ludwig Erhard gehalten. Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Dröge, fand ich, dass er genau die richtigen Worte gefunden hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und genau diese soziale Marktwirtschaft müssen wir auch auf die digitalen Märkte übertragen. Erhard sprach von Wohlstand für alle und von Wohlstand durch Wettbewerb. Beides gehört untrennbar zusammen. Das erste Postulat kennzeichnet das Ziel und das zweite den Weg. Wettbewerb ist in der sozialen Marktwirtschaft absolut zentral.

Der Schutz des Wettbewerbs ist eine wesentliche ordnungspolitische Aufgabe. Die Hüter des fairen Wettbewerbs haben auch die digitalen Plattformen im Blick; das wurde bereits mehrfach erwähnt. Beim Bundeskartellamt läuft aktuell ein Prüfverfahren gegen Facebook, und auf EU-Ebene wurde von der Wettbewerbskommissarin eine Rekordstrafe in Höhe von 2,4 Milliarden Euro gegen Google verhängt. Diese Verfahren wirken, aber diese Verfahren sind auch langwierig. Wettbewerbskontrolle ist eine Maßnahme, um für mehr Wettbewerb zu sorgen. Hier müssen wir – das ist übrigens auch im Koalitionsvertrag vereinbart – darüber reden, wo wir bei Missbrauchs- und Fusionskontrolle gesetzgeberisch nachschärfen müssen.

Bei den Maßnahmen zu digitalen Plattformen müssen wir aber berücksichtigen, dass einerseits mehr Wettbewerb geschaffen werden muss, der Kundennutzen aber andererseits nicht auf der Strecke bleiben darf. Das ist gerade das zentrale Versprechen des Wettbewerbs: ein Mehrwert für die Gesellschaft. Das macht aber Regulierung bei digitalen Plattformen schwierig; denn viele Plattformen – Facebook ist dafür ein gutes Beispiel – sind für Nutzer umso attraktiver, je mehr Nutzer auf der Plattform sind. Diese sogenannten Netzwerkeffekte unterscheiden digitale Plattformen ganz wesentlich von vielen traditionellen Monopolen.

Eine zentrale Herausforderung für die Regulierung besteht also darin, den Wettbewerb zu fördern, ohne den Kundennutzen einzuschränken oder gar zu zerstören. Zwei zentrale Ansatzpunkte werden dabei helfen.

Erstens brauchen wir mehr Transparenz auf digitalen Plattformen. Die Nutzerinnen und Nutzer müssen wissen, was mit ihren Daten passiert. Hierzu bietet die europäische Datenschutz-Grundverordnung, die am 25. Mai in Kraft tritt, die richtigen Mittel. Die Bundesregierung hat im Übrigen sehr aktiv daran mitgearbeitet. Mit Inkrafttreten werden die Datenschutzregeln in allen Staaten der EU vereinheitlicht. Plattformen müssen dann offenlegen, wie sie mit den Daten der User umgehen. Nutzer können Unternehmen fragen, was über sie gespeichert ist, die Herausgabe bestimmter Daten verlangen, auch um sie, wie die Handynummer, zu anderen Anbietern mitzunehmen. Das schafft Transparenz, erhöht den Kundennutzen und schafft gleiche Regeln für alle Wettbewerber.

Die EU-Kommission setzt in ihren heute veröffentlichten Vorschlägen zur Regulierung von Plattformen ebenfalls auf Transparenz. So sollen Plattformbetreiber wie Google oder Bing von Microsoft zukünftig offenlegen, nach welchen Kriterien sie Suchergebnisse priorisieren. Zugleich müssen sie transparent machen, wenn sie konzerneigene Dienste bevorzugen. Mit den neuen Regeln sollen jene oft kleinen Wettbewerber vor dem Missbrauch der Marktmacht der marktbeherrschenden Unternehmen geschützt werden. Ein weiterer Ansatz, um fairen Wettbewerb auf und zwischen Plattformen herzustellen.

Der zweite große zentrale Ansatzpunkt steht auch im Koalitionsvertrag und wurde damals von der Union favorisiert; es gab dazu keine großen Diskussionen. Das ist die Verpflichtung zur Interoperabilität. Eine Schnittstellenverpflichtung gibt es bereits in vielen anderen Bereichen. Die Telekommunikation ist beispielsweise erwähnt worden. Als Kunde der Telekom kann ich selbstverständlich auch mit Kunden von Vodafone telefonieren. Wenn ich allerdings WhatsApp nutze, kann ich mit keinem einzigen anderen Messengerdienst Nachrichten austauschen. Es liegt also auf der Hand: Gäbe es Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Messengerdiensten, gäbe es Wettbewerb ohne Einschränkung des Kundennutzens. Ganz im Gegenteil: Die Nutzer würden vom Wettbewerb der Anbieter profitieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der vorliegende Antrag der Grünen beschäftigt sich unter anderem mit diesem Thema. Leider enthält er auch Vorschläge – das ist bereits kritisch angemerkt worden –, insbesondere die Einführung von Gruppenverfahren und die Entflechtungsmöglichkeiten für Unternehmen, die wir so nicht mittragen können und die keinen Beitrag zu mehr Wettbewerb leisten. Unabhängig davon müssen wir uns bei all den Vorschlägen darüber klar werden, welche Themen sinnvollerweise national und welche zumindest auf europäischer Ebene angegangen werden müssen. Diese und weitere Punkte werden wir im Ausschuss debattieren. Für uns gilt aber immer das Ziel, die soziale Marktwirtschaft in der digitalen Welt zu gestalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)