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Hansjörg Durz: Deutschland hat gute Voraussetzungen, die großen Potenziale der künstlichen Intelligenz zu realisieren

Einsetzung einer Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz – Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Potenziale“

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Immer mehr Maschinen und Systeme werden durch Informatik intelligent und lernfähig gemacht. Künstliche Intelligenz findet immer mehr Anwendung.

In der Debatte ist schon mehrfach angeklungen, dass die Grundlagen dafür bereits in den 40er- und 50er-Jahren gelegt wurden. In jüngerer Zeit wurde das maschinelle Lernen, ein Verfahren, bei dem Computeralgorithmen aus Daten selbst lernen, also ein Werkzeug, um künstliche Intelligenz zu realisieren, stetig weiterentwickelt. Dazu kam die enorme Steigerung der verfügbaren Rechenleistung sowie Big Data, also die massenhafte Erhebung von Daten. All das führt dazu, dass künstliche Intelligenz mehr und mehr unseren Alltag erobert, auch wenn uns das oft nicht bewusst ist.

Viele Beispiele sind schon angeklungen. Ich möchte noch einmal Spamfilter, Sprachassistenten, Suchmaschinen und Übersetzungsprogramme nennen. Überall steckt künstliche Intelligenz drinnen, die über Mustererkennung Zusammenhänge zwischen einer großen Menge an Daten herstellt und so Informationen gewinnt. Der Google-Translator etwa übersetzt täglich maschinell circa 100 Milliarden Wörter und wird dadurch stetig trainiert und optimiert. Gerade im Gesundheitssektor, zum Beispiel bei der Tumorerkennung, bietet sich ein enorm großes Anwendungsfeld mit viel Entwicklungspotenzial. Der Gewinn für die Gesellschaft liegt auf der Hand, und die Anwendung wird auch auf Akzeptanz treffen.

Wenn KI immer tiefer in unseren Alltag eindringt und immer mehr Entscheidungen auf Basis künstlicher Intelligenz getroffen werden, stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage dies ethisch passiert. Vielfach zitiert werden hier Entscheidungen im Bereich des autonomen Fahrens oder – sie sind schon angeklungen – computergestützte Prognosen über die Resozialisierungsfähigkeit verurteilter Straftäter, wie sie in den USA bereits zu Rate gezogen werden.

Worüber dürfen Maschinen und Programme selbstständig entscheiden? Anhand welcher Wertmaßstäbe sollen diese Entscheidungen getroffen werden? Wie verändert maschinelles Lernen die Beziehung zwischen Mensch und Maschine? Es liegt in der Verantwortung der Menschen – es liegt also in unserer Verantwortung –, ethische Grenzen zu setzen und das maschinelle Lernen so zu programmieren, dass die Technologie dem Menschen dient.

Deutschland hat gute Voraussetzungen, die großen Potenziale der künstlichen Intelligenz zu realisieren. Im Bereich der Forschung sind wir sehr gut aufgestellt; die Kollegen haben schon darauf hingewiesen. Der Aufbau eines nationalen Forschungskonsortiums für künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen sowie die Einrichtung des deutsch-französischen KI-Zentrums sind weitere wichtige Schritte. Diese werden durch einen Masterplan konkretisiert und in eine nationale Gesamtstrategie eingebettet werden. Dabei wird die enge Kooperation innerhalb der EU von überragender Bedeutung sein, gerade vor dem Hintergrund, dass China und die USA dieses Thema massiv vorantreiben und enorme Summen investieren.

Die weltweit hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung im Bereich künstlicher Intelligenz verdeutlichen das Rennen um neue Marktchancen. Die Fähigkeit, künstliche Intelligenz einzusetzen, wird in Zukunft über den Erfolg ganzer Volkswirtschaften maßgeblich mitentscheiden. Auch deswegen müssen wir über dieses Thema mit Hochdruck, aber innovationsoffen und chancenbasiert diskutieren und es vorantreiben. In gleichem Maße müssen wir aber auch die Verantwortung für die Gesellschaft, für die Menschen in den Blick nehmen: Welche Auswirkungen hat KI auf die Arbeitswelt? Was bedeutet das für den Sozialstaat? Stellen sich neue Verteilungsfragen?

Herr Kollege, der ganze Satz von Stephen Hawking lautet:

Die künstliche Intelligenz könnte das Beste oder das Schlechteste sein, was der Menschheit je zugestoßen ist.

Er zeigt also eine gewisse Ambivalenz.

Fest steht: Künstliche Intelligenz hat eine Welle der Erwartungen ausgelöst, die viel Hoffnung, aber auch tiefe Befürchtungen weckt: einerseits die Hoffnung, dass bereits in naher Zukunft Lösungen für große Probleme der Menschheit gefunden werden könnten, andererseits Ängste, von denen ein möglicher Verlust des Arbeitsplatzes viele Menschen besonders umtreibt. Es ist eine richtige und gute Entscheidung, dass wir als Deutscher Bundestag uns die Zeit und die Kapazitäten nehmen, um uns gemeinsam mit Experten angemessen mit den Chancen und Herausforderungen der künstlichen Intelligenz auseinanderzusetzen. Ich freue mich sehr auf die gemeinsame Arbeit mit Ihnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)