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Florian Oßner: "Wir wollen eine klare Zweckbindung des Wiederaufbaufonds"

Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz – ERatG

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der heutigen Debatte werden Weichen gestellt für die zukünftige Ausrichtung der Europäischen Union. Uns stellen sich folgende Fragen: Wollen wir als größte Volkswirtschaft in Europa im weltweiten Konzert eine Stimme haben und im Wettbewerb bestehen? Und wollen wir die europäische Zusammenarbeit vertiefen und das gegenseitige Vertrauen stärken, ohne die Mitgliedstaaten aus der Verantwortung zu nehmen? Unsere Antwort, die Antwort der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, lautet dazu klar und unmissverständlich: Ja, das wollen wir. Deutschlands Zukunft liegt auch in der Stärke Europas.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])

Mit dem neuen EU-Eigenmittelbeschluss, dem zukünftigen Mehrjährigen Finanzrahmen sowie dem temporären Aufbauinstrument „Next Generation EU“ werden die finanziellen Grundlagen der nächsten sieben Jahre gelegt. Wir als Haushälter der CDU/CSU-Fraktion haben dabei die Mittelverwendung stark im Blick: Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Gelder am Ende nur verkonsumiert werden, sondern entscheidend bleibt, dass diese verinvestiert werden, um moderne Strukturen in Europa voranzutreiben.

Mit dem Eigenmittelbeschluss stellen wir aber nicht nur die Weichen in die Zukunft, sondern wir legen zugleich auch den Grundstein für eine rasche wirtschaftliche Erholung der von der Pandemie besonders betroffenen Mitgliedstaaten. Wir haben jetzt eine Krise, die nicht von den europäischen Staaten verschuldet worden ist. Aber mit der starken Exportorientierung Deutschlands haben wir ein besonders gesteigertes Interesse daran, dass auch der Rest Europas wieder schnell auf die Füße kommt. Das Fundament für unseren Wohlstand in Deutschland liegt auch in der Stabilität Europas.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Eigenmittelbeschluss bildet die Grundlage für die Berechnung der nationalen Beiträge für den EU-Haushalt und ermächtigt die EU-Kommission, einmalig und befristet bis zu 750 Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufzunehmen. Der EU-Haushalt wird zukünftig aus vier Einnahmequellen gespeist. Diese setzen sich aus der Plastikabgabe, Zolleinnahmen, dem Mehrwertsteueranteil und den Eigenmitteln auf Basis der Obergrenze von 1,4 Prozent des Bruttonationaleinkommens zusammen, die mit einem Dreiviertelanteil auch weiterhin die wichtigste Finanzierungsquelle sind.

Wir hetzen aber nicht gegen unsere Nachbarn, wie es der rechte Rand der Politik, wie es heute wieder die AfD macht. Wir schütten auch nicht wahllos das Füllhorn aus, wie es die Grünen und Linken machen. Lieber Herr Finanzminister Olaf Scholz, auch Ihren Irrtum, es sei heute der Einstieg in die Fiskalunion, können wir als Union mit der SPD nicht mitgehen. Wir als CDU/CSU machen vernünftige Finanzpolitik mit Augenmaß für Europa.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Erst nach der Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten kann der Mehrjährige Finanzrahmen rückwirkend zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Auch wenn ich ordnungspolitisch grundsätzlich gegen die Aufnahme weiterer Schulden bin, so halte ich in dieser absoluten Notsituation und angesichts der Schwere der Pandemie diese Vorgehensweise für vertretbar. Allerdings – und das muss klar sein – darf dies kein Dauerzustand werden. Diese Zusatzkredite sind auf die Zeit der Krisenbewältigung beschränkt, was aus meiner Sicht absolut richtig und wichtig ist.

Wir wollen eine klare Zweckbindung des Wiederaufbaufonds. Arbeitsplätze erhalten und Investitionen in die Zukunft – das muss das Credo sein. Ich nenne hier die Stichworte „Digitalisierung“, „Klimaschutz“, „Forschung und Entwicklung“ und „Investitionen in die Infrastruktur“. Wichtig ist mir dabei, zu betonen: Jede weiter gehende Verschuldung zur Finanzierung, was Kritiker oft bemängeln, braucht einen neuen Eigenmittelbeschluss. Dieser wiederum erfordert eine neue Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten und damit auch die Zustimmung dieses Hauses. Damit ist die enge Einbindung des deutschen Parlaments jederzeit gewährleistet – aus meiner Sicht ein entscheidender Punkt für die Kontrolle und das Vertrauen in diese Instrumente.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Erlauben Sie mir, abschließend anzumerken: Die vorliegenden Werkzeuge können dazu beitragen, dass wir in Deutschland gestärkt aus dieser Pandemie- und Umbruchphase, aus dieser Transformationsphase rauskommen – gut eingebettet in einer stabilen europäischen Nachbarschaft. Dies muss das Interesse eines jeden hier im Deutschen Bundestag sein und ist somit auch im starken Interesse unseres Landes.

Herzliches „Vergelt’s Gott!“ fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU)