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Elisabeth Motschmann: Kulturhaushalt erstmals über der 2-Milliarden-Euro-Grenze

Redebeitrag in der Haushaltswoche zum Einzelplan 04 - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kultur leidet, sie leidet extrem. Ich lege einen breiten Kulturbegriff an und denke an die Kreativen und in diesen Tagen auch an die Schausteller und an alle, die hinter der Bühne arbeiten, an diejenigen, die wir nicht sehen. Sie leiden nicht nur unter fehlendem Einkommen, sie leiden, weil sie nicht arbeiten können. Sie wollen singen, musizieren, ausstellen. Sie wollen auf die Bühne. Ich glaube, ich spreche im Namen aller, wenn ich sage: Wir freuen uns alle, wenn das wieder möglich sein wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Karsten Hilse [AfD]: Sagen Sie uns, wann! Sagen Sie uns einfach, wann es wieder losgeht! Und sagen Sie vor allem den Kulturschaffenden, wann es wieder losgeht!)

Ganz besonders denke ich an die Soloselbstständigen, an die privatwirtschaftlich organisierte Kultur, die Veranstaltungswirtschaft, Kinos, freie Orchester oder Festivals.

Von einem Tag auf den anderen mussten beim ersten Lockdown über 80 000 Veranstaltungen abgesagt werden. Umsatzverluste: 40 Milliarden Euro. Das sind keine Peanuts. Aber Künstlerinnen und Künstler in unserem Land haben sich nicht entmutigen lassen. Mit unglaublich viel Engagement, Kreativität und Zeitaufwand haben sie Hygienekonzepte erarbeitet, sich digital präsentiert, gestreamt. Was sie konnten, haben sie getan. Dafür sage ich an dieser Stelle: Herzlichen Dank!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wie haben wir reagiert? Was haben wir getan? 1 Milliarde Euro zusätzlich für den Kulturetat, Soforthilfeprogramme, eine Gutscheinlösung, Ausfallhonorare, Überbrückungshilfen, erleichterter Zugang zu Hartz IV.

(Beifall des Abg. Karsten Hilse [AfD] – Karsten Hilse [AfD]: Super! Große Klasse! „Erleichterter Zugang zu Hartz IV“, sehr schön! Da sind die Künstler sicher sehr, sehr dankbar!)

Dafür danke ich ausdrücklich allen, die das möglich gemacht haben. Die Regierung, die Bundeskanzlerin, die in ihren Reden und Podcasts immer wieder auch die Kultur benannt und erwähnt hat, unsere Kulturstaatsministerin, der Haushaltsausschuss, unsere Haushälterin Patricia Lips, aber auch alle Fraktionen – nein, nicht alle Fraktionen –, fast alle Fraktionen haben uns unterstützt.

(Beifall der Abg. Heike Brehmer [CDU/CSU] und Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD])

Am Anfang waren nicht alle Maßnahmen zielgenau, sodass viele im Kulturbereich durch den Rost gefallen sind. Künstlerinnen und Künstler haben in der Regel keine Betriebskosten, die sie hätten geltend machen können. Ohne Bühne keine Künstler, ohne Künstler keine Bühne. Wir müssen beides unterstützen, die kulturelle Infrastruktur und die Menschen, die diese bespielen. Mit der Novemberhilfe gibt es nun zumindest eine Art Einkommenserstattung.

(Karsten Hilse [AfD]: Das kommt Ihnen ganz schwer über die Lippen!)

Die Überbrückungshilfe III ist zugesagt; vielen Dank, Peter Altmaier – er ist jetzt gerade nicht anwesend – und Olaf Scholz. Auch das ist ein wichtiger Baustein.

In den Haushaltsberatungen ist es uns darüber hinaus gelungen, zusätzlich 170 Millionen Euro für die Kultur bereitzustellen. Damit liegt der Kulturhaushalt erstmals über der 2-Milliarden-Euro-Grenze. Ein Rekord! Das zusätzliche Geld fließt – es ist hier schon erwähnt worden – in große und kleine Einrichtungen, auch in den ländlichen Raum. Ins Denkmalschutzprogramm fließen 70 Millionen Euro; auch ein enorm erfolgreiches Programm.

Noch eines will ich sagen. Am Anfang der Pandemie habe ich eine sehr harte Ansage von einem Künstler erhalten. Die ist mir durch Mark und Bein gegangen. Natürlich enthält sie irgendwo einen Funken Wahrheit. Er hat mir gesagt: Wenn wir auf den Bühnen stehen, dann werden wir von euch beklatscht und bejubelt, und wenn wir in Not sind, dann verweist ihr uns an Hartz IV.

(Karsten Hilse [AfD]: Genau so!)

Das hat mich total betroffen gemacht.

(Karsten Hilse [AfD]: Und was haben Sie daraus gelernt?)

Deshalb freue ich mich, dass wir heute sagen können: Wir haben unglaublich viel in den Kulturbereich an Geld, an Mitteln gegeben. Vorneweg hat Monika Grütters dafür gekämpft, wir Kulturpolitiker haben es ihr gleichgetan. Deshalb richte ich am Ende einen Appell an die Kulturschaffenden: Wir sind hier Ihre politischen Anwälte.

(Lachen des Abg. Karsten Hilse [AfD] – Karsten Hilse [AfD]: Mit solchen Anwälten hat man verloren!)

Wir sehen die Not. Deshalb unterstützen wir die Kulturszene, die Künstlerinnen und Künstler, wir tun alles, was helfen kann, damit sie, ja, über die Runden kommen. Das ist nicht nur ein kulturpolitischer Auftrag, das ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)