Skip to main content

Eckhardt Rehberg: Auch die Bundesländer müssen ihre Verantwortung übernehmen

Redebeitrag zum Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Dürr, wir haben fünf Herzstücke in diesem Paket und nicht nur eines. Das erste Herzstück ist: Wir stärken die Kaufkraft, und zwar durch die befristete Absenkung der Mehrwertsteuer, den Kinderbonus und die Senkung der EEG-Umlage. Das macht 35 Milliarden Euro aus.

(Otto Fricke [FDP]: Dieses Jahr?)

In diesem Zusammenhang müssen Sie auch noch eines sehen: Es ist beschlossen worden, dass zum 1. Januar 2021 der Soli für über 90 Prozent der Bevölkerung wegfällt und das Kindergeld erhöht wird. Durch die kalte Progression ist das noch einmal eine Entlastung, und zwar um 16 Milliarden Euro. Das heißt, in den nächsten 18 Monaten

(Otto Fricke [FDP]: Aha!)

entlasten wir die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland um rund 50 Milliarden Euro. Das ist unsere Politik für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das zweite Herzstück – das richtet sich an die, die hier von Arm und Reich reden –: Wir stabilisieren die Sozialbeiträge bei unter 40 Prozent. Das ist ganz entscheidend, gerade für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen. Das wird in diesem Jahr und in den nächsten Jahren ein Kraftakt sein. Mit dem ersten Euro brutto zahlt jeder Sozialbeiträge. Wenn wir mit Steuereinnahmen aus dem Bundeshaushalt diese Beiträge stabil halten, ist das die beste Politik für Familien und für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Otto Fricke [FDP]: Ist das die Ankündigung von Steuererhöhungen?)

Wir stabilisieren die Unternehmen noch einmal mit 56 Milliarden Euro, 25 Milliarden Euro für die Überbrückung. Darunter sind auch gemeinnützige Organisationen wie Jugendherbergen und Schullandheime; ich glaube, da gab es einen Nachholbedarf. Das setzen wir um. Es gibt steuerliche Entlastungen in der Größenordnung von 25 Milliarden Euro. Wir stabilisieren mit 5 Milliarden Euro Eigenkapital die Deutsche Bahn. Liebe Kollegen und Kolleginnen, und wir entlasten Länder und Kommunen um 15 Milliarden Euro.

Mit einem Wort – wenn Sie sich das Paket angucken –: Ich hoffe, dass die Länder zu ihrer Zusage stehen – das kommt erst später –, die hälftige Übernahme der Gewerbesteuerausfälle wirklich selber zu realisieren und das Geld an die Kommunen weiterzugeben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Glaubst du doch selber nicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben jetzt eine Kreditfinanzierungsquote von fast 43 Prozent.

(Otto Fricke [FDP]: Ja!)

Manche Länder sind noch im einstelligen Bereich.

(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)

Nur ein Hinweis an die Bundesregierung. Wenn ich mir die Steuerschätzung ganz genau angucke, sehe ich: Länder und Kommunen sind im Jahr 2021 wieder auf dem Niveau bei den Steuereinnahmen des Jahres 2019, wir als Bund erst im Jahr 2023.

Lieber Herr Minister Scholz, ich teile Ihre Sorge, die Sie zum Schluss Ihrer Rede geäußert haben. Deutschland ist der Stabilitätsanker in Europa. Deutschland wird bei allen europäischen Programmen dafür sorgen, dass sie mit niedrigen Zinsen umgesetzt werden können. Aber wir müssen auch Maß und Mitte halten ab dem Jahr 2021. So wie in diesem Krisenjahr kann es nicht weitergehen. Deswegen glaube ich ganz einfach, auch die Bundesländer müssen ihre Verantwortung übernehmen. Nach Artikel 28 Grundgesetz haben die Länder die Finanzverantwortung für die Kommunen. Die Steuermindereinnahmen schlagen auf die Länder durch. Es gibt bei jedem FAG eine kommunale Verbundquote, einen Gleichmäßigkeitsgrundsatz. Ich möchte bitte keine Debatte darüber haben, dass der Bund auch noch die Steuerausfälle, die die Kommunen haben, übernehmen soll. Wenn man genauer hinschaut: Zum Beispiel bekommen die neuen Länder 350 Millionen Euro mehr im Rahmen des Rentenüberleitungsgesetzes. Diese Gelder sind bitte dafür einzusetzen, dass die finanziellen Ausfälle der Kommunen nicht überdimensioniert werden. Dafür sind die Länder verantwortlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Wir investieren in die Zukunft: 50 Milliarden Euro als Soforthilfen. Elektromobilität 6 Milliarden Euro, Ausbau des Mobilfunks 5 Milliarden Euro, Wasserstoffstrategie 9 Milliarden Euro, energetische Gebäudesanierung 2 Milliarden Euro usw. usf. Dazu muss ich noch die Mittel rechnen – zumeist Zuführungen zum Energie- und Klimafonds –, die wir im letzten Jahr in das Klimapaket gepackt haben. Wenn ich diese Summen der nächsten Jahre zusammenzähle, dann komme ich auf einen dreistelligen Milliardenbetrag, der in den Bereichen Klimaschutz, Mobilitätswende, Elektromobilität und Gebäudesanierung zur Verfügung steht. Kollege Hofreiter, das ist ein Akzent, den die Union gesetzt hat. Das sind Investitionen in die Zukunft, um aus der Krise herauszukommen und um Deutschland zukunftsfähig zu gestalten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Dürr, wenn Sie schon das „Politbarometer“ bemühen, dann rate ich Ihnen mal zu, auch die Umfragewerte der FDP zu sehen.

(Heiterkeit und Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD)

Entschuldigung, aber gerade heute liegen sie bei Allensbach bei 4,5 Prozent, bei der Forschungsgruppe Wahlen bei 4 Prozent. Man sollte Umfragen nicht selektiv wahrnehmen, sondern sie insgesamt sehen.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD] – Christian Dürr [FDP]: Dann stimmen die 85 Prozent auch!)

Das wäre mein Vorschlag an Sie. Diese Rosinenpickerei! Nein, Sie müssen sich doch mal fragen: Wie wirkt die Rede, die Sie hier gehalten haben, auf die Bürgerinnen und Bürger?

(Christian Dürr [FDP]: Funktioniert die Mehrwertsteuersenkung oder nicht? Sie reden sich doch gerade raus!)

Wenn man in der Gefahr ist, im nächsten Deutschen Bundestag nicht mehr vertreten zu sein, sollte man sich zuerst den erwähnten Umfragewerten zuwenden und nicht den anderen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine letzte Bemerkung. Jetzt war lange Zeit die Exekutive am Zuge. Wir werden am Montag, 29. Juni, eine Anhörung zum zweiten Nachtragshaushalt machen. Ich kündige heute schon an: Am 1. Juli werden – ähnlich wie in der Bereinigungssitzung – die Ministerinnen und Minister, die die größten Posten aus dem Nachtragshaushalt haben, im Haushaltsausschuss auflaufen und erklären müssen, was sie mit dem Geld, das wir ihnen zur Verfügung stellen sollen, in den nächsten sechs Monaten des Haushaltsjahres 2020 veranstalten. Denn wir legen als Haushälter sehr viel Wert darauf, dass nicht nur Geld ins Schaufenster gestellt wird, sondern dass es auf die Straße kommt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Rehberg, machen Sie den Landesvorsitz? – Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)