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Dr. h. c. Hans Michelbach: Eine Indexierung des Kindergeldes scheitert bislang am EU-Recht

Kindergeld für im Ausland lebende Kinder indexieren

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon nach der Lektüre des Antrags habe ich mich gefragt, was eigentlich die Beweggründe und Ziele der AfD-Fraktion sind, und ich frage mich dies nach dem gehörten Debattenbeitrag der AfD noch mehr. Also, meine Damen und Herren von der AfD, worum geht es Ihnen wirklich?

(Leif-Erik Holm [AfD]: Wir wollen sparsam die Steuergelder ausgeben!)

Was Sie hier treibt, ist erkennbar nicht die Sorge um die Staatsfinanzen

(Leif-Erik Holm [AfD]: Doch!)

oder um die Gerechtigkeit.

(Leif-Erik Holm [AfD]: Doch!)

Was Sie von der AfD treibt, ist Ihre immer wieder hervortretende Polemik gegen Ausländer. Das ist hier wieder der Fall.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie vermischen in Ihrem Antrag Sozialleistungsmissbrauch und rechtlich nicht zu beanstandenden Kindergeldbezug von Menschen, die hier bei uns arbeiten, und Sie vermischen dies bewusst, um bei den Menschen Stimmung zu erzeugen. Ein solches Verhalten ist einfach nicht in Ordnung, und das muss man hier deutlich machen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN und des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, gewiss gibt es auch Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme.

(Zurufe von der AfD: Ach!)

Natürlich muss man diesen Missbrauch im Interesse aller hier lebenden und arbeitenden Menschen bekämpfen,

(Zuruf von der AfD: Wie denn?)

auch im Interesse derjenigen EU-Ausländer übrigens, die hier arbeiten und so zum wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes sowie zur Finanzierung des Staatswesens und der Sozialversicherungen ihren Beitrag leisten. Sie beurteilen diese Menschen willkürlich, indem Sie letzten Endes alle in einen Topf werfen und sagen: Alle haben Sozialmissbrauch begangen. – Das ist falsch, das ist willkürlich. Das kann man so nicht hinnehmen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Tatsache ist: Bei der Missbrauchsbekämpfung haben Bundesregierung und Koalition in der zurückliegenden Legislaturperiode bereits in mehrfacher Weise gehandelt. Dazu gehört die Verbesserung der Identifizierung von Antragsteller und Kind durch die Einführung der Steueridentifikationsnummer bei der Beantragung von Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz. Dazu gehören die Änderungen in der Sozialgesetzgebung zur Verbesserung des Datenabgleichs zwischen dem Ausländerzentralregister und den Familienkassen vom Dezember 2016. Und letzten Endes gehören dazu die Verkürzung der Frist für Kindergeldanträge sowie die Beschleunigung des Informationsaustausches zwischen den Meldebehörden und Familienkassen, die zu Jahresbeginn wirksam wurde. Das sind drei wesentliche Punkte, die genau das Gegenteil von dem beweisen, was Sie hier einfordern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege Michelbach, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion?

Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU):

Nein. Ihr Antrag sagt alles. Da brauche ich keine Frage.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

All diese Maßnahmen verfolgen das Ziel, ungerechtfertigte Kindergeldanträge insgesamt rascher zu erkennen und Überzahlungen effektiver zu vermeiden.

(Zuruf des Abg. Michael Schrodi [SPD])

Sie von der AfD könnten das alles wissen; es steht nämlich in der Antwort der Bundesregierung auf Ihre Anfrage vom Februar dieses Jahres.

(Cansel Kiziltepe [SPD]: Genau!)

Diese Antwort haben Sie jetzt einfach unter den Teppich gekehrt. Sie brauchen also keine Frage zu stellen, Sie müssen nur die Antwort der Bundesregierung lesen, meine Damen und Herren. Da steht alles drin.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Aber offenbar lesen Sie nicht gerne oder nicht richtig, oder Sie wollen sie nicht lesen, weil die Antwort nicht zu Ihren Vorurteilen passt.

Auch eine am Wohnort des Kindes ansetzende Indexierung gibt es bereits, allerdings nicht im Rahmen des Kindergeldes, sondern beim Kinderfreibetrag im Einkommensteuergesetz. Da gehört sie auch hin, meine Damen und Herren; denn das Kindergeld ist Teil der Einkommensteuergesetzgebung.

Eine Indexierung des Kindergeldes scheitert bislang leider am EU-Recht. Die Bundesregierung hat die EU-Kommission in der Vergangenheit mehrfach aufgefordert, eine Rechtsänderung auf die Tagesordnung zu setzen – bislang leider ohne Erfolg,

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt gar nicht! Es gibt Verhandlungen dazu, aber keine Mehrheit!)

auch weil es von etlichen Mitgliedstaaten Widerstand gibt. Ich sage es ganz offen: Ich halte diese Verweigerungshaltung der Kommission auf Dauer nicht für vermittelbar;

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das liegt nicht an der Kommission! Das liegt an der Mehrheit! Das wird im Rat behandelt! Reden Sie mal mit Ihren Sozialleuten!)

denn es gibt Ihnen Nahrung für Ihre Verhetzungspotenziale, für Ihre Verschwörungstheorien, meine Damen und Herren. Deswegen begrüße ich ausdrücklich, dass der Finanzminister Olaf Scholz gegenüber der Kommission die Initiative zur Indexierung des Kindergelds weiter betreiben will.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Da könnten Sie von der SPD mal klatschen, weil es ja Ihr Minister ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Schrodi, Sie haben sich in Ihrer Rede nicht sehr von der AfD unterschieden; das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen. Es war ein Skandal.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Michael Schrodi [SPD])

Sie haben den Mund zu voll genommen haben, was sich in den Umfragen niederschlägt, in denen die SPD in Bayern bei 12 Prozent liegt. Gehen Sie in sich, dann wissen Sie, wo Sie wirklich stehen: auf AfD-Niveau, meine Damen und Herren. Sie sollten hier den Mund nicht so voll nehmen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)