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Dr. Andreas Lenz: "ein Konzept für eine nachhaltige Entwicklung"

Rede zur Klimapolitik

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen über eine Vielzahl von Anträgen: Anträge zur Kohle, zur Energiewende allgemein. Der Klimaschutz insgesamt ist Thema, aber auch der Klimanotstand soll beantragt werden, und sogar das Grundgesetz soll heute geändert werden.

Zunächst einmal möchte ich betonen, dass wir beim Ausbau der erneuerbaren Energien vorankommen. Über 40 Prozent der Nettostromerzeugung erfolgt mittlerweile durch die Erneuerbaren. Im ersten Halbjahr 2019 lag der Anteil des Stroms aus Sonne, Wind, Biomasse und anderen regenerativen Quellen sogar bei 44 Prozent des Strombedarfs. Und wir haben die Erneuerbaren wettbewerbsfähig gemacht: durch Wettbewerb, durch Ausschreibungen. Das waren wir, und es waren eben nicht Sie.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ebenso gilt es, zu betonen, dass der Ausstoß von Treibhausgasemissionen allein im letzten Jahr um 4,5 Prozent zurückging – und das bei steigender Wirtschaftsleistung. Das sind alles Erfolge, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Lenz, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Trittin?

Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU):

Ja.

Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Kollege Lenz, Sie haben ja die Zahl zitiert: 44 Prozent Strom aus Erneuerbaren. Ohne Zweifel ist das ein großer Erfolg. Ich erinnere mich auch noch ganz gut daran, wer für dieses Gesetz, das die Grundlage dafür war, gestimmt hat und wer nicht.

Ich wollte Sie in diesem Zusammenhang aber eigentlich etwas anderes fragen. Ist Ihnen bekannt – diese Zahlen wurden immerhin vom VDEW genannt –, was der Geschäftsführer vom VDEW bei der Vorstellung gesagt hat?

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft! – Karsten Hilse [AfD]: Er kennt nicht mal den Namen des Verbandes!)

Herr Kapferer – ich glaube, er ist Mitglied der FDP –, ein guter Mann, hat ausdrücklich betont, dass, wenn das Ausbautempo der Bundesregierung, was die erneuerbaren Energien angeht, so bleibt, wir im Jahre 2030 nicht bei den anvisierten 65 Prozent landen, sondern lediglich bei 54 Prozent. Er hat die Bundesregierung ausdrücklich aufgefordert, die Ausbaubremsen bei den erneuerbaren Energien endlich zu lockern und dafür zu sorgen, dass die eigenen Ziele an dieser Stelle eingehalten werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Karsten Hilse [AfD]: Reine Lobbyinteressen sind das!)

Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU):

Lieber Herr Trittin, zunächst einmal: Wenn man sich die Genese des EEG anschaut, dann, glaube ich, war es nicht so falsch, an Ihren Vorschlägen damals zu zweifeln. Wenn ich mir noch vor Augen halte, dass Sie es waren, der sagte: Es kostet jeden Bürger circa ein Eis. – Das ist in der Form nicht eingetreten. Deswegen ist es notwendig, das EEG entsprechend zu erneuern.

Zum zweiten Punkt. Es ist nicht der VDEW, sondern der BDEW, dessen Vorsitzender der Herr Kapferer ist.

(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der AfD)

Es ist klar, dass wir die Ziele des Koalitionsvertrages, nämlich bis 2030 65 Prozent des Strombedarfs durch Erneuerbare zu decken, umsetzen werden. Wir sind gerade dabei, jetzt auch die entsprechenden Jahresscheiben so scharf zu stellen, damit es funktioniert, auch im Sinne der Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger. Da brauchen Sie sich wirklich keine Gedanken zu machen. Das schaffen wir in der Koalition auch alleine.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war Ihre Antwort?)

Dass wir aber auf dem Weg zu einer vollständigen Dekarbonisierung unserer Gesellschaft, einer vollständigen Klimaneutralität, wie immer man das auch nennen will, noch erhebliche Anstrengungen leisten müssen, ist auch unstrittig. Was aber auch richtig ist: Diese Anstrengungen sollten möglichst global, wenn das nicht möglich ist, dann auf europäischer Ebene unternommen werden. Jetzt gibt es nicht das eine Instrument, das die Lösung ist. Ich habe mit Interesse die Vorschläge der Grünen, die heute in der Presse standen, gelesen. Wenn Sie glauben, dass Sie mit einer Bepreisung von 40 Euro pro Tonne CO 2 das Problem lösen werden, dann liegen Sie einfach falsch. Das ist unter Umständen für die Industrie zu viel. Das ist unter Umständen ein Preis, der bei der Mobilität überhaupt keine Lenkungswirkung entfalten wird. Ihre Vorschläge führen uns nicht weiter.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist im Gegenteil so, dass wir viele Instrumente brauchen. Wir müssen unterschiedliche Technologien anreizen. Wir müssen mit Blick auf eine weitere Einsparung von Energie Energieeffizienzen steigern und so den Ausstoß von CO 2 weiter reduzieren. Wir wollen hier möglichst viele Innovationen, wir wollen möglichst wenige zusätzliche Belastungen, wir wollen nicht Lust am Gängeln und an Verboten, sondern wir wollen Lust an Zukunft und Innovation.

Wir brauchen eine Abgaben- und Gebührenreform. Diese muss stärker auf CO 2 -Gesichtspunkten basieren und auch sektorübergreifend erfolgen. Wir müssen und wir werden die Erneuerbaren noch stärker in die Bereiche Wärme und Mobilität bringen. Wir müssen das Richtige auch richtig machen, damit es nicht zu sozialen Verwerfungen kommt. Es bringt uns nichts – auch dem Klima, auch dem globalen Klima überhaupt nichts –, wenn wir durch falsche Reformen in Deutschland unsere Industrien abschaffen, wenn wir den Stahl aus China importieren und damit ein Drittel mehr CO 2 ausgestoßen wird, wenn wir die Landwirtschaft abschaffen und gleichzeitig individuelle Mobilität einschränken und es so zu sozialen Verwerfungen kommt. Das hilft insgesamt nicht weiter.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Wer will denn die Landwirtschaft abschaffen?)

– Genügend Leute im Parlament wollen das.

Dass wir fähig sind, das Ziel zu erreichen, haben wir mit dem EDL gezeigt, mit dem Energiedienstleistungsgesetz, zusammen in der Koalition. Wir setzen auf Energieeffizienz, wir setzen auf KWK. Wir werden beim Mieterstrom etwas machen.

(Beifall des Abg. Klaus Mindrup [SPD])

Für Power-to‑X haben wir den Rahmen gesetzt, damit es tragfähig und in die Zukunft gerichtet ist. Wir haben die Schwarzlauge wieder ins Geschäft gebracht. Also: Die Koalition arbeitet auch an Lösungen, und wir erzielen auch Lösungen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schwarzlauge! Dann ist die Welt ja gerettet!)

Wir werden im Rahmen des Kohleausstiegs die Versorgungssicherheit ganz besonders im Blick behalten. Natürlich brauchen wir hier als Ersatz Gaskraftwerke; das ist überhaupt keine Frage. Dass der bayerische Ministerpräsident Söder auch bei Ihnen von SPD und AfD so ernst genommen wird, entspricht natürlich auch dem Selbstverständnis Bayerns und ist unser Anspruch.

(Karsten Hilse [AfD]: Herrn Söder können wir nicht ernst nehmen! – Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Seien Sie doch froh, dass es Optimisten gibt, gerade bei den Aufgaben, die uns bevorstehen.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Also wollen Sie jetzt doch bis 2030 aussteigen, oder was?)

Die Eckpunkte des Strukturstärkungsgesetzes liegen vor. Noch in diesem Jahr werden wir den energiewirtschaftlichen Pfad beschreiben. Es wird eben nicht in einer Lotterie ermittelt, welches Kraftwerk zuerst vom Netz geht. Wir haben immer versprochen, dass wir uns zuerst um die Menschen kümmern, durch ein Strukturstärkungsgesetz. Wir lassen die Menschen nicht allein. Wir schaffen Perspektiven. Wir wollen aktivieren und nicht langfristig alimentieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Unsere Antwort ist also ein Konzept für eine nachhaltige Entwicklung. Wir wollen den Klimaschutz genauso wie die Agenda 2030, die globalen Nachhaltigkeitsziele, umsetzen, und zwar in Deutschland – natürlich haben wir eine Verantwortung –, aber auch international durch internationale partnerschaftliche Hilfe. Deutschland ist keine Insel. Wir brauchen Konzepte, die übertragbar sind und auch übertragen werden. Wir wollen natürlich auch unserer globalen Verantwortung gerecht werden; denn da ist der Hebel oft viel größer. Wir brauchen außerdem Lust auf Zukunft, wir brauchen Lust auf Innovation und Technik. Nur so können wir die immensen Aufgaben der Zukunft lösen.

In dem Sinne herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)