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Dr. Andreas Lenz: "Der Kohleausstieg wir massiv zur Erreichung der Klimaschutzziele 2030 beitragen"

Rede zum Kohleausstieg

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten über das Kohleausstiegsgesetz, und ja, es hat etwas gedauert, bis der Entwurf jetzt vorgelegt wurde. Aber es ist auch keine ganz unkomplizierte Materie. Es geht um wichtige Themen: Es geht um Versorgungssicherheit. Es geht darum, dass wir die Betreiber nicht enteignen wollen. Es geht darum, dass wir so wenig wie möglich an Entschädigungen zahlen, aber gleichzeitig so viel wie nötig; das unterscheidet uns auch von anderen politischen Gruppierungen. Es geht darum, dass wir natürlich einen Pfad für den Ausstieg brauchen, aber gleichzeitig auch einen Pfad für die Ersatzkapazitäten entwickeln müssen. Es geht sowohl um erneuerbare Energien als auch um Gaskapazitäten.

Der Kohleausstieg wird massiv zur Erreichung der Klimaschutzziele 2030 beitragen. Der Minister hat es erwähnt: Wir leisten so auch einen Beitrag zum sogenannten Green Deal der Europäischen Union, sodass wir die festgesetzten Ziele bei gleichzeitiger Wahrung der Versorgungssicherheit und eben auch der Wettbewerbsfähigkeit erreichen werden. Wir bringen die Dinge zusammen.

Es ist schwierig, Deutschland mit den skandinavischen Ländern zu vergleichen; wir haben schon einige Entgegnungen gehört. Herr Beutin, allein BASF benötigt so viel elektrischen Strom wie das ganze Königreich Dänemark. Deswegen sollten die Vergleiche gerade an dieser Stelle eben auch sachgemäß sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sind sie!)

Die WSB-Kommission hat zwar den Ausstiegspfad vorgegeben, aber nicht diskutiert, wann welche Kraftwerke vom Netz genommen werden sollen. Auch deswegen ist eine Eins-zu-eins-Umsetzung schon schwierig. Wir haben als Parlament hier die Aufgabe, das Ganze mit Leben zu füllen.

Die Schwierigkeit liegt jetzt eben darin, zu bestimmen, wann welches Kraftwerk – gerade auch im Bereich der Steinkohle – vom Netz geht. Wir haben es hier zum einen mit stromwirtschaftlichen Gesichtspunkten, zum anderen aber natürlich auch mit strukturpolitischen Herausforderungen zu tun, die wir bewältigen werden. Das alles machen wir übrigens parallel mit dem Strukturstärkungsgesetz. Wir lassen die Regionen eben nicht im Stich. Dieses klare Signal müssen wir auch aussenden: Die Regionen werden von uns unterstützt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich bin Herrn Haseloff schon auch dankbar. In der Kommission war sichtbar, dass sich die Ministerpräsidenten aktiv in die Arbeit der Kommission eingebracht und für ihre Regionen gekämpft haben. Das ist nicht selbstverständlich. Natürlich muss Wirtschaftspolitik dann auch vor Ort geleistet werden, aber trotzdem war immer klar ersichtlich, dass sich die Vertreter der Regionen für ihre Region einsetzen.

Wir brauchen natürlich Ersatz – gerade für die vorhandenen Wärmenetze. Dieser wird weitestgehend mittels Kraft-Wärme-Kopplung, also mittels KWK, organisiert werden müssen. Die einzelnen Modalitäten müssen wir hier im parlamentarischen Verfahren natürlich noch intensiv diskutieren. Es gilt sicherzustellen, dass die Investitionen in den Ersatz tatsächlich geleistet werden.

Wenn übrigens gesagt wird, dass einzelne Kraftwerke oder Blöcke von Kraftwerken zukünftig auch mit Biomasse betrieben werden können, dann sollten wir das aus meiner Sicht noch mal intensiv prüfen. Natürlich müssen die Einsatzstoffe den Nachhaltigkeitskriterien entsprechen, aber in den Niederlanden und auch in Schweden werden ehemalige Kohlekraftwerke schon mit Holz oder Holzpellets befeuert. Wir haben hier die Möglichkeit, jetzt schon CO2-freie Brennstoffe einzusetzen, und diese sollten wir im Grundsatz eben auch nutzen.

Uns ist wichtig, dass der Strom bezahlbar bleibt. Deshalb kann ab 2023 ein Zuschuss auf die Netzentgelte für private, aber auch für gewerbliche Verbraucher bezahlt werden. Die WSB-Kommission, die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, hat hier eine Höhe von mindestens 2 Milliarden Euro vorgesehen. Zusätzlich wird eine weitere Maßnahme im Kohleausstiegsgesetz vorgesehen, um energieintensive Stromverbraucher weiter zu entlasten, und der Minister hat auch angesprochen, dass wir bei der EEG-Umlage die größte Entlastung seit Bestehen des EEGs umsetzen werden. Wir wollen damit eben auch und gerade den Industriestandort stärken.

Wir lassen die Versorgungssicherheit nicht aus dem Blick. 2023, 2026 und 2029 erfolgen sogenannte Checkpoints, die gerade das Thema Versorgungssicherheit adressieren. Darüber hinaus brauchen wir schon jetzt Investitionen in entsprechende Gaskraftwerke, und wir brauchen eine gesetzliche Definition von Versorgungssicherheit. Auch hier machen wir Fortschritte. Diese Definition kann aus meiner Sicht nicht nur europäisch gedacht werden.

(Dr. Martin Neumann [FDP]: Die muss europäisch gedacht werden! Nicht national!)

– Aber nicht nur.

Man kann übrigens trefflich darüber diskutieren, ob es besser wäre, den Ausstiegszeitpunkt dem Markt zu überlassen oder diesen festzulegen. Klar ist aber auch, dass bei einer rein marktlichen Regelung oder bei einem rein marktlichen Ausstieg die Strukturhilfe nicht Teil des Kompromisses wäre. Klar ist auch, dass durch den jetzt beschrittenen Weg Planungssicherheit auf allen Seiten hergestellt wird: bei den Kraftwerksbetreibern, bei den Menschen in den Regionen und eben auch bei der Industrie im Sinne einer langfristigen Planungsperspektive.

Einige Parameter haben sich seit Abschluss der WSB-Kommission geändert. Wir diskutieren jetzt weitestgehend über das Wie und nicht mehr über das Ob des Kohleausstiegs. Auch das ist eine Errungenschaft der Kommission, aber auch der gesellschaftlichen Debatte.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Lenz, ich habe Ihnen jetzt die Sekunden, die der Herr Ministerpräsident übrig gelassen hat, schon draufgeschlagen. Jetzt sprechen Sie dann auf Kosten Ihres Kollegen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 15 Minuten geredet!)

 

Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU):

Genau diese Diskussion gilt es jetzt im parlamentarischen Verfahren weiterzuführen. Dazu lade ich herzlich ein.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Martin Neumann [FDP])