Skip to main content

Antje Tillmann: Der Zeitpunkt ist noch nicht reif für eine europäische Einlagensicherung

Stellungnahme zum Vorhaben der EU-Kommission, eine gemeinsame Einlagensicherung (EDIS) für alle EU-Banken zu schaffen

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir haben schon im Januar das Thema „Bankenunion und Einlagensicherung“ im Rahmen einer Aktuellen Stunde hier im Bundestag debattiert, und ich hatte Ihnen damals sehr geraten, sich die Beschlüsse des Deutschen Bundestags von 2015 und 2016 anzusehen, als nämlich auf Initiative von CDU/CSU und SPD dieses Thema schon sehr intensiv diskutiert wurde und festgelegt worden ist.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Da waren die nicht da!)

Ich freue mich, dass Sie meinem Rat gefolgt sind; denn in allen drei Anträgen werden diese Beschlüsse zitiert. Deshalb sage ich auch ganz klar: Nicht alles, was in den drei Anträgen drinsteht, ist falsch. Vieles davon unterstützen wir, nämlich wenn es um die Passagen geht, die Sie aus unseren Anträgen abgeschrieben haben. Die sind immer noch richtig, und wir werden diese Linie nach wie vor beibehalten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich nenne dazu Beispiele. Sie schreiben, dass das Vertrauen der europäischen Anleger in die Einlagensicherung gestört werden könnte, wenn wir eine europäische Einlagensicherung einführen, bevor die Risiken reduziert werden. Genau das haben wir in unserem damaligen Antrag auch geschrieben. Wir haben gesagt: Der Zeitpunkt ist noch nicht reif für eine europäische Einlagensicherung. – Wir haben ausgeführt, dass die Rückführung von Risiken in den Bankbilanzen auf jeden Fall kommen muss. Auch das haben Sie in Ihren Anträgen übernommen. Das ist nach wie vor richtig, und wir sind auf dem Weg, diese Risiken zu reduzieren.

Sie pochen in Ihrem Antrag darauf, dass die Regelungen zur Abwicklung und zum Bail-in, also zur Gläubigerbeteiligung, eingehalten werden müssen. Auch das stand in unserem damaligen Antrag von 2016: Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass die Gläubigerhaftung durchgesetzt wird. – Auch das wird nach wie vor von uns so gesehen. Der Antrag ist also noch aktuell.

Sie haben außerdem die Bundesregierung aufgefordert, den Vorschlag der Kommission zur europäischen Einlagensicherung abzulehnen. Auch das ist O-Ton ein Satz unseres Antrags. Wir haben damals deutlich gesagt: Die Zeit ist nicht reif, die europäische Einlagensicherung kann noch nicht kommen, und die Bundesregierung soll sich dafür einsetzen, dass sie nicht kommt. – Ich sehe überhaupt nicht, dass nach Wolfgang Schäuble der heutige Finanzminister Scholz von diesem Weg abweicht. Er hat in mehreren Reden deutlich signalisiert, dass er die Risikoreduzierung in den Bankbilanzen für eine zwingende Voraussetzung einer europäischen Einlagensicherung hält. Da sind wir dicht beieinander. Auch dazu bedarf es nicht Ihrer Anträge.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ein bisschen anders ist das bei dem Antrag der FDP zum Thema Bankenunion, lieber Herr Toncar. In Ihrem Antrag stehen eine ganze Reihe Punkte, die wir teilen. Ich erwähne hier noch einmal die Gläubigerbeteiligung. Leider konnte auch die Diskussion im Finanzausschuss Sie nicht davon überzeugen, dass es eine Gläubigerbeteiligung von 8 Prozent gibt.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Doch! Unstrittig! Lesen Sie doch den Antrag!)

Bail-in mit mindestens 8 Prozent ist festgelegt. Wir haben diese Gläubigerbeteiligung im Finanzausschuss und übrigens auch gestern bei der Beratung des Gesetzentwurfs zur EU-Prospektverordnung noch einmal sichergestellt.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Aber wir wollen das verschärfen!)

Auch da geht Ihr Antrag über die Voraussetzungen hinaus. Wir haben diese Gläubigerbeteiligung, wir müssen sie durchsetzen, und wir werden darauf bestehen.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Da gibt es noch Schlupflöcher!)

Das ist ein Vorgang, der in den nächsten Wochen immer wieder diskutiert wird. Aber die gesetzlichen Grundlagen sind völlig klar. Auch deswegen brauchen wir Ihren Antrag nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben noch Probleme damit – das spreche ich ganz offen an –, dass das die beihilferechtliche Bankenmitteilung der Europäischen Union eingeführt wurde, bevor wir die Bankenunion hatten; denn diese Regelungen passen nicht immer mit der Bankenunion zusammen. Ich nenne als Beispiel die vorsorgliche Rekapitalisierung, die in Italien angewandt worden ist. Wir müssen uns dafür starkmachen, dass das Beihilferecht und die Haftungskaskade zusammenpassen. Auf dem Weg sind wir. Auch das haben wir schon im Finanzausschuss besprochen.

Sie sagen, die notleidenden Kredite müssen abgebaut werden. Das ist Beschlusslage seit 2015. Die Europäische Kommission legt regelmäßig Berichte vor, dass diese notleidenden Kredite abgebaut werden müssen. Wir setzen uns darüber hinaus dafür ein, dass es für notleidende Kredite in einer Bankbilanz Benchmarks, also feste Prozentsätze, gibt. Das ist auf dem Weg. Auch dazu brauchen wir Ihren Service nicht, den Sie als Opposition immer anbieten. Das haben wir schon auf den Weg gebracht und machen es auch.

Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsrecht – auch das ist wichtig, um die notleidenden Kredite zu verwerten. Das ist erkannt. Auch da gibt es in der Europäischen Union eine Diskussion. Die Kommission hat einen ersten Entwurf vorgelegt, der uns noch nicht weit genug geht. Aber auch hier sehe ich, dass wir Kompromisse finden werden.

Staatsanleihen mit Eigenkapital zu untersetzen, ist eine weitere Forderung. Dass der nationale Abwicklungsfonds und die nationalen Einlagensicherungssysteme bis 2024 mit 0,8 Prozent der Einlagen abgedeckt werden müssen, ist beschlossen. Wir müssen sicherstellen, dass das auch passiert. Das tun wir. Hier sind wir auf europäischer Seite immer im Gespräch, damit das, was wir beschlossen haben, auch tatsächlich durchgesetzt wird.

Das sind also neun Punkte, die wir für richtig halten, die teilweise in Ihrem Antrag erwähnt werden, die aber alle 2016 schon in diesem Haus beschlossen wurden. Die Beschlüsse des Deutschen Bundestages unterliegen nicht der Diskontinuität. Das heißt, der Antrag ist aktueller denn je. Ich sehe nicht, dass es eines zusätzlichen Antrages bedarf. Ich sehe auch nicht, dass Finanzminister Scholz von diesen Beschlüssen abweicht. Von daher bleiben wir bei den Beschlüssen von damals. Setzen wir sie richtig durch! Forcieren wir in der Europäischen Union, dass die Beschlüsse auch umgesetzt werden! Dann kann eine Europäische Bankenunion auf Dauer gelingen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)