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Antje Tillmann: Ab 2019 müssen die Banken eine Quote von mindestens 10,5 Prozent aufweisen

Rede zu "Zehn Jahre nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers"

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist gut, dass wir zehn Jahre nach Lehman einmal innehalten und uns vergewissern, wo wir stehen. Wir haben in den letzten zehn Jahren über 40 Gesetze international und national auf den Weg gebracht, um Institute und Märkte sicher zu machen und die Anleger zu schützen.

Seit 2014 setzen wir schrittweise höhere Eigenkapitalanforderungen an die Banken durch. Sie müssen ab 2019 eine Quote von mindestens 10,5 Prozent aufweisen. Der aktuelle Bericht des Ausschusses für Finanzstabilität kommt zu dem Schluss, dass die Banken im Euro-Raum besser aufgestellt sind. Die harte Kernkapitalquote stieg 2017 auf über 14 Prozent.

Aber auch innerhalb der Bankbilanzen müssen wir Risiken reduzieren. So ist es uns gelungen, die ausfallgefährdeten Kredite europaweit zu reduzieren. Es ist aber tatsächlich noch viel zu tun; denn die Unterschiede innerhalb der europäischen Länder sind noch sehr groß. Während in Deutschland 2,5 Prozent der Kredite ausfallgefährdet sind, sind es in Italien 15 Prozent und in Griechenland 46 Prozent. Um die Zahl dieser Kredite und damit die Risiken in den Finanzmärkten weiter zu reduzieren, müssen wir das europäische Insolvenzrecht harmonisieren. Es muss uns gelingen, auch Staatsanleihen realitätsgerecht abzubilden und mit Eigenkapital zu unterlegen. Ein gutes Stück haben wir also schon geschafft; aber wir wissen auch, wo unsere Probleme noch sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Frank Schäffler [FDP]: Aber Sie regieren doch schon so lange! Wann kommt denn das endlich?)

Mit dem Einlagensicherungssystem ist es uns gelungen, auch hier auf europäischer Ebene eine Harmonisierung herbeizuführen. Anleger können sicher sein, dass bis 2024 in allen europäischen Staaten 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen zu ihrem Schutz zurückgelegt werden. Wir haben sichergestellt, dass pro Anleger bis zu 100 000 Euro, egal bei welcher europäischen Bank sie angelegt sind, sicher sind.

Wir haben die europäische Bankenunion und damit die EZB-Aufsicht geschaffen. Alle 120 größten europäischen Banken unterliegen jetzt der EZB-Aufsicht; auch das trägt zur Sicherheit bei.

2016 ist dem ein Abwicklungsmechanismus hinzugefügt worden. Wir wollen nicht mehr, dass Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für in Not geratene Banken haften müssen, sondern wir wollen, dass dies Eigentümer und Gläubiger machen, die nämlich vorher auch davon profitiert haben. Für diesen Abwicklungsmechanismus müssen Banken 8 Prozent ihres Haftungskapitals vorhalten. Allerdings müssen wir sicherstellen, dass diese Maßnahmen in Europa auch tatsächlich durchgesetzt werden; die Diskussion darüber ist in vollem Gange. Wir bestehen darauf, dass Regeln, die wir uns einmal gegeben haben, tatsächlich mit Leben gefüllt werden.

Der Abwicklungsfonds wird die Sicherheit mit zusätzlichen 60 Milliarden Euro garantieren. 2023 soll dieses Geld vorhanden sein, sodass auch hier mehr Geld für Krisen zur Verfügung steht, das die Banken vorher selbst angespart haben. Die Abwicklungsbehörde – europäisch, im Rahmen der Bankenunion – stellt sicher, dass Banken einheitlich abgewickelt werden können. Auch hier ist uns der Schutz der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sehr wichtig.

(Frank Schäffler [FDP]: Na, da ist ja auch noch nicht so viel passiert!)

Solange eine Bank in Europa aber nicht systemrelevant ist, kann sie immer noch nach nationalen Regeln abgewickelt werden. Hier gibt es noch eine Lücke im europäischen Beihilferecht, die wir zu schließen gedenken. Denn auch hier wollen wir Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vor der Haftung für insolvent gehende Banken schützen.

Den ESM haben wir für Staatenrettungen installiert. Mit 500 Milliarden Euro an Krediten können wir Staaten kurzfristig helfen, um auf den Pfad der Solidität zurückzukommen. Das hat bei Irland, Spanien, Portugal und Zypern funktioniert; auch Griechenland ist auf einem besseren Weg. Aber wir wissen auch, dass bei größeren Krisen dieses Volumen nicht ausreicht. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass dieser ESM auch eine Letztsicherung bekommt. Deutsche Position und damit Position der CDU/CSU-Fraktion ist: Wir sind solidarisch; aber Vorleistung ist, dass die Staaten ihre Hausaufgaben machen. Das gilt sowohl für die Haushalte innerhalb der Staaten – Italien und Frankreich nenne ich an dieser Stelle –, aber das gilt natürlich auch für die Banken. Wir brauchen eine Risikominimierung. Wir wollen, dass die Hausaufgaben gemacht werden, bevor es weitere Vergemeinschaftungen gibt. Das wird bei der Letztsicherung Ende des Jahres einer der Punkte sein, auf die wir besonderen Wert legen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Frank Schäffler [FDP]: Das kann ja noch dauern!)

Diese Regulierung ist natürlich kein Selbstzweck. Ich glaube, es gibt keinen Grund, die Regulierung zurückzufahren. Aber wir müssen gucken, ob wir sie zielgenau ausgestaltet haben. Da stellen wir fest, dass wir bei kleinen Banken viel Regulierung auf ein geringes Risiko gesetzt haben. Wir haben schon lange den Grundsatz der doppelten Proportionalität gefordert. Das heißt: Kleine Banken, die ein nicht riskantes Geschäftsmodell fahren, müssen auch weniger reguliert werden. Ich danke den Vertretern des Finanzministeriums, dass sie es, auch auf unsere Anregung hin, geschafft haben, in Europa eine sogenannte Small Banking Box einzuführen. Die Sparkasse nebenan, die Volksbank oder die kleinere Privatbank, die kein riskantes Modell haben, sollen weniger Regulierung ertragen müssen. Das hilft diesen Kreditinstituten, in der Niedrigzinsphase lukrativer dazustehen.

(Frank Schäffler [FDP]: Das haben die aber noch nicht gemerkt!)

Auf diesem Weg sind wir auch. Das ist eine Forderung im Antrag der Grünen, die wir eigentlich schon erfüllt haben. Von daher ist der Antrag an dieser Stelle einfach nicht notwendig.

(Beifall der Abg. Sepp Müller [CDU/CSU] und Cansel Kiziltepe [SPD])

Lebensversicherungen, ein weiteres Thema aufgrund der Niedrigzinssituation. Wir haben mit dem Lebensversicherungsreformgesetz genau das getan, was im Antrag der Grünen gefordert wird: Wir haben die Risiken zwischen den Versicherungen, der Versichertengemeinschaft und denjenigen, die diese Versicherung vermitteln, verteilt. Mit Ausschüttungssperren und dem Halten von Bewertungsreserven stellen wir sicher, dass alle Versicherten dauerhaft sicher sein können, dass sie das Geld, das sie aus einer Lebensversicherung erwarten, tatsächlich bekommen. Auch hier sind wir auf einem guten Weg. Allerdings sage ich: Wir müssen beobachten – wir haben dieses Thema auch regelmäßig in unserer Arbeitsgruppe –, wie sich die Situation entwickelt. Natürlich wäre der beste Weg, wenn die Zinsen steigen würden. Wir hoffen, dass die EZB diese Entscheidung kurzfristig trifft.

Nicht zuletzt haben wir die Verbraucherinnen und Verbraucher bessergestellt. Wir haben nämlich im Rahmen des Verbraucherschutzes die Produktinformationsblätter vereinfacht. Wir haben die Banken verpflichtet, in Geeignetheitsprüfungen sicherzustellen, dass Verbraucher keine Produkte angedreht bekommen, die für sie und ihre Situation nicht geeignet sind. Wir wollen, dass Banken nachweisen, dass sie die Verbraucherinnen und Verbraucher nur mit Produkten bedienen, die tatsächlich in das Finanzsäckel des Kunden passen; das ist eine wesentliche Verbesserung. Für den Fall, dass es doch einmal Probleme gibt, haben wir den Finanzmarktwächter eingeführt, an den sich alle Verbraucherinnen und Verbraucher mit konkreten Problemen über die Verbraucherzentralen wenden können. Dieser Finanzmarktwächter ist konkreter Verbraucherschutz, so wie er im Antrag der Linken gefordert wird. Er ist schon in die Tat umgesetzt, sodass wir diesen Antrag im Hinblick auf dieses Thema nicht brauchen.

Letztes Thema: Immobilien. Auch da haben wir die kritische Situation überprüft. Wir haben der BaFin als Aufsichtsbehörde zusätzliche Möglichkeiten an die Hand gegeben, die Zahl der Kredite zu reduzieren. Was aber am besten gegen Probleme am Immobilienmarkt hilft, ist Wohnungsneubau. Dafür sorgen wir: mit dem Baukindergeld, mit der Sonderabschreibung und mit sozialem Wohnungsbau. Auch da haben wir die Probleme im Griff.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Kollegin?

Antje Tillmann (CDU/CSU):

Ich komme zum Schluss. Wir wissen: Wir haben noch viele Aufgaben vor uns. Aber heute ist auch ein Tag, um zu zeigen, dass wir viele Probleme erkannt haben und angegangen sind. Ich fordere Sie auf, uns dabei weiter zu unterstützen und diese Entwicklung in den nächsten Jahren im Auge zu behalten.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)