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Marlene Mortler: Wir dürfen den Betrieben nicht ihre Zukunftsperspektiven nehmen

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Epl. 10)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleich, erstens, zu Friedrich Ostendorff: Wer hat denn im Bundesrat dafür gesorgt, dass es keine Lösung bei dem Thema betäubungslose Pferdekastration gibt? Die Grünen!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind an allem schuld! Jawohl!)

Zweitens: Klimawandel. Es ist einfach und billig, der Landwirtschaft allein die Schuld am Klimawandel in die Schuhe zu schieben.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer tut das denn? – Zuruf der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])

Aber selbst wenn die Landwirtschaft in Deutschland ihre Produktion zu 100 Prozent einstellen würde, würde das – das wissen wir – nichts daran ändern, dass Klimawandel einfach stattfindet.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Blödsinn!)

Drittens: zur FDP. Wir von der CSU haben nicht kopiert, wenn es um das Thema Risikomanagement geht, sondern wir haben schlichtweg kapiert, dass Ad-hoc-Hilfen das eine sind, aber dass wir in Zukunft ein tragfähiges Risikomanagement brauchen, damit die Betriebe endlich Planungssicherheit haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Ministerin, Respekt und Anerkennung allen, die diesen Regierungsentwurf für das Jahr 2019 auf den Weg gebracht haben! Besonderer Dank gilt Ihnen, liebe Frau Klöckner. Dieser Entwurf ist nachhaltig, er ist zukunftsorientiert, er setzt aus meiner Sicht wegweisende Signale. Er orientiert sich außerdem an den Vorgaben eines ausgeglichenen Haushalts, also seriöse Arbeit, und was mich besonders freut, ist die hohe Solidarität mit unseren Altenteilern in der Landwirtschaft und den aktiven Landwirten.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja wo denn?)

Als Berichterstatterin im Bereich Agrarsozialpolitik möchte ich deshalb den Bundeszuschuss für die LUV, die Landwirtschaftliche Unfallversicherung, ganz besonders erwähnen. Es ist nicht selbstverständlich, dass der Bundeszuschuss wieder auf 178 Millionen Euro angehoben worden ist. Das bedeutet in der Summe eine Entlastung für die Betriebe von im Schnitt 34 Prozent. Das ist deshalb wertvoll, weil dieses Geld zu 100 Prozent beim jeweiligen Betrieb ankommt.

Dass der Strukturwandel – das heißt, die Betriebsaufgaben – seit Jahrzehnten anhält, wissen wir, und das besorgt mich auch. Umso wichtiger ist es, dass der Bund die Defizithaftung, also den Differenzbetrag zwischen den Einnahmen und den Ausgaben, liebe Frau Schulte, in der Alterssicherung der Landwirte, auch in Zukunft – sprich: dauerhaft – übernimmt. Das gilt auch für die Leistungsaufwendungen für die Altenteile in der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung.

Weil unser Sozialstaat stark ist, erhalten unsere Bauern und Bäuerinnen von dieser Regierung auch ihren Anteil. Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, als Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft freue ich mich, dass künftig mehr Geld gezielt in die Verbraucherinformation fließt; denn wir leben in einer Zeit, in der jeder als Ernährungsexperte gilt, der den Mainstream verabscheut und verurteilt. Deshalb ist eine verlässliche und neutrale Verbraucheraufklärung umso wichtiger.

Dass es beim Ernährungsverhalten um weit mehr als um die bloße Nahrungsaufnahme und schlichtweg darum geht, satt zu werden, ist für mich essenziell. Machen wir uns doch ehrlich: Wie, wo und was kaufen wir ein? Wie bereite ich zu? Wie verzehre ich? Das Handy neben dem Teller ist inzwischen doch vielfach wichtiger als das Essen auf dem Teller geworden. Wie bereite ich nach?

Resteverwertung! Mal Hand aufs Herz: Wer hat auf seinem Handy die App „Beste Reste – Zu gut für die Tonne“? – Gitta Connemann, Peter Bleser und ich. Dann sind wir schon mal drei. Das ist ein hervorragendes In­strument.

(Johann Saathoff [SPD]: Das gibt es bei uns auch!)

Das heißt, wir reden nicht nur, wir handeln, wir setzen das zu Hause in der Praxis auch um.

Meine Damen, meine Herren, nicht nur bei der Kita- und Schulverpflegung – das möchte ich auch nochmal betonen –, sondern auch bei der Einrichtung von Vernetzungsstellen für die gesunde Ernährung von Senioren sollen die Bundesländer in Zukunft unterstützt werden. Das ist ein toller Ansatz und ein starkes Zeichen.

Ein genauso starkes Zeichen ist aus meiner Sicht, dass der Haushaltsansatz im Bereich GAK – Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ – im Zusammenhang mit dem Sonderrahmenplan und dem BULE, dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung, auf insgesamt 895 Millionen Euro aufgestockt wird. Ich darf an dieser Stelle im Namen aller Bürgerinnen und Bürger – besonders auch der Menschen im ländlichen Raum – ein dickes Dankeschön sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bauer sein ist nicht irgendein Job, Bauer sein ist für viele nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung.

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ja!)

Bauern hängen an ihrer Scholle und an ihren Tieren, und alle Bauern – schwarze Schafe lassen wir weg – haben ein hohes Interesse, dass es ihren Tieren gut geht.

Gerade in diesen Wochen treibt es aber die Sauenhalter, die Ferkelerzeuger um. Sie fragen sich: Lässt uns die Politik ins Messer laufen? Wenn die Politik keine Lösung beim Thema Ferkelkastration findet, dann werden und müssen viele Betriebe aufhören, vor allem die kleineren. Es herrscht teilweise wirklich Endzeitstimmung.

Ich will nicht, dass wir diesen Betrieben ihre Zukunftsperspektiven nehmen; denn wenn die Ferkelerzeugung aus unserem Land abwandert, dann kommen die Ferkel zu uns, die wir im Grunde genommen auch nicht haben wollen. Deshalb freut es mich, dass der Minister aus Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus, einen Brief an alle seine Ministerkollegen für den Bundesrat geschrieben und appelliert hat: Wollen wir mal nicht ideologisch, sondern in der Sache entscheiden! Wir sind es unseren Bauern und unseren Bäuerinnen schuldig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Marlene Mortler (CDU/CSU):

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Wollen wir dazu beitragen, dass diese momentane Verweigerungshaltung aufgelöst wird und der Strukturwandel in unserem Land nicht weiter angeheizt wird?

In einer Sache bin ich mir mit vielen Rednerinnen und Rednern einig: Wir müssen uns genau überlegen, welche Landwirtschaft wir in Zukunft wollen.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Frau Kollegin.

Marlene Mortler (CDU/CSU):

Anonyme Kapitalgesellschaften, die landwirtschaftlichen Grund und Boden als Geldanlage, als Handelsware, als Objekt betrachten? Oder auch in Zukunft den Bauern um die Ecke, der dafür sorgt, dass wir jeden Tag Essen von hoher Qualität auf dem Tisch haben?

In diesem Sinne: Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU – Johann Saathoff [SPD]: 50 Millionen Umsatz und 250 Mitarbeiter!)